Am 21. Juni 2015[1] fanden in Albanien nach vier Jahren wieder Kommunalwahlen (albanischZgjedhje Vendore) statt. Es waren die ersten Kommunalwahlen nach der Zustimmung zur Reform der VerwaltungsgliederungAlbaniens im letzten Jahr. Diese sah vor, dass die Gemeindeart der Komuna abgeschafft wird und gleichzeitig die Gesamtzahl der Gemeinden von 373 auf 61 Bashkia reduziert wird.[2] Die Stimmberechtigten wählten die exekutiven und legislativen Vertreter ihrer Gemeinden, also zum einen die 61 Bürgermeister (alb. Kryetar Bashkie) und zum anderen die insgesamt 1595 Gemeinderäte (alb. Këshilli Bashkiak).
Eine Neuheit und ein historischer Meilenstein war die Regelung, dass in der Liste einer Partei für einen Gemeinderat 50 % der Kandidaten Frauen sein müssen. Die Allianz der Frauen des Parlamentes (Aleanca e Grave Parlamentare) setzte diese Richtlinie zuvor im Parlament durch.[3]
Letztmals haben Kommunalwahlen im Jahr 2011 stattgefunden. Damals traten zwei Großkoalitionen gegeneinander an, die von der Demokratischen Partei (PD) – der damaligen Regierungspartei – angeführte Allianz für den Bürger (Aleanca për Qytetarin) und die von der Sozialistischen Partei (PS) angeführte Allianz für die Zukunft (Aleanca për të Ardhmen). Während die PS als einzelne Partei 100.000 Stimmen mehr für sich gewinnen konnte als die PD, unterlag ihre Allianz jedoch mit rund 70.000 Stimmen derjenigen der Demokraten. Die Wahl in der Hauptstadt Tirana wurde ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem als Bürgermeister amtierenden Sozialistenführer Edi Rama und seinem Herausforderer aus dem PD-Lager, Lulzim Basha. Die „Odyssee um Tirana“, wie die mehrwöchige Stimmenauszählung in der Hauptstadt von den Medien genannt wurde, endete schließlich zugunsten der Demokraten, die mit nur 81 Stimmen Vorsprung die Wahl gewannen. Edi Rama musste nach elf Jahren das Bürgermeisteramt der Hauptstadt an Lulzim Basha abgeben. Auffallend war zudem, dass die Sozialisten in den meisten Städten des Landes siegen konnten, während die Demokraten vor allem auf dem Land erfolgreich waren.[5]
Nach zwei Jahren relativ erfolgreicher Oppositionspolitik und dank eines aufwändigen Wahlkampfes sah es für die Sozialisten dann bei der Parlamentswahl ganz anders aus. Ihre Allianz für das europäische Albanien (Aleanca për Shqipërinë Evropiane), der noch 36 andere Parteien angehörten, bekam knapp 320.000 Stimmen mehr als die von den Demokraten angeführte Allianz für Beschäftigung, Wohlfahrt und Integration (Aleanca për Punësim, Mirëqenie dhe Integrim), der noch 24 Parteien angehörten. Nach acht Jahren in der Opposition stellten die Sozialisten wieder eine Regierung, deren Chef Edi Rama wurde.[6]
Zu besetzende Ämter
Bei den Kommunalwahlen 2015 wurden die Behörden für die durch die im Sommer 2014 beschlossene Territorialreform auf Gemeindeebene besetzt. Das Land ist neu in 61 Bashkia unterteilt. Jede Bashkia wird von einem Bürgermeister und seinem Kabinett regiert. Der Bashkia-Rat (beziehungsweise Gemeinderat) hat legislative Funktionen und besteht aus mindestens 15 Mitgliedern. Tirana hat als größte Gemeinde 61 Ratssitze zu besetzen.[7]
63 politische Subjekte registrierte die Zentrale Wahlkommission (alb. Komisioni Qendror i Zgjedhjeve) für die diesjährigen Wahlen. 37 davon gehören der Koalition „Allianz für das europäische Albanien“ (alb. Aleanca për Shqipërinë Europiane) und 15 gehören der Koalition „Volksallianz für Arbeit und Würde“ (alb. Aleanca Popullore për Punë dhe Dinjitet) an. 11 Parteien treten eigenständig zur Wahl an. Nachfolgend die teilnehmenden Parteien:[8]
Der Urnengang am 21. Juni verlief ruhig und ohne größere Zwischenfälle. Die Wahlbeteiligung lag bei etwa 45 %, welche die tiefste der letzten 25 Jahren war. Bei der Parlamentswahl 2013 lag sie noch bei 53 %.[9]
Zwei Tage nach der Wahl kam es aber in Malësia e Madhe während der Auszählung zu einem gewalttätigen Zwischenfall, als Personen versuchten, ins Wahllokal einzudringen. Die Polizei musste einschreiten. Die Auszählung wurde danach in Tirana fortgesetzt.[10]
Die internationalen Beobachter beurteilten den Wahlverlauf insgesamt als ruhig und fair. Die Wähler hätten ihren Willen abgeben können. Kritisiert wurde jedoch, dass zahlreiche staatliche Institutionen politisch unterminiert gewesen waren. Es bestand zwar die rechtliche Basis für demokratische Wahlen. Jedoch fehlte es mancherorts am Willen, die Gesetze auch entsprechend umzusetzen.[11]
Ergebnisse der Bürgermeisterwahlen
Laut der Zentralen Wahlkommission (albanischKomisioni Qëndror i Zgjedhjeve, kurz KQZ) gewann die ASHE 45 Stadtgemeinden, darunter die größeren Städte vor allem im Süden des Landes wie Durrës, Elbasan, Vlora, Korça, Gjirokastra, Fier und Saranda. Die APPD konnte in 15 städtischen Gemeinden siegen, darunter Kukës, Lezha, Kamza, Tropoja und wie üblich Shkodra. Bei koalitionslosen Parteien gewann die Ethnisch-Griechische Minderheit für die Zukunft (MEGA) in Finiq die Wahl. Die ASHE wird als Siegerin der Kommunalwahlen gesehen.
In der folgenden Tabelle sind die 2015 siegende Partei aufgeführt:
Landesweit gingen 25,75 % der Stimmen an die Sozialisten, 20,32 % an die Demokraten und 16,60 % an die Sozialistische Bewegung für Integration. Die ASHE-Koalition vereinte 63 % der Stimmen, die APPD lediglich 32 %.
Mit Albina Ferko Nanaj von der Çamen-Partei PDIU wurde erstmals eine Hidschāb (islamisches Kopftuch) tragende Frau in den Stadtrat von Tirana gewählt, nachdem das Kopftuch während des Kommunismus verboten war.[12]
In der folgenden Tabelle sind die gewonnenen Sitze für die beiden Koalitionen und die wichtigsten Parteien aufgeführt nebst der siegenden Partei. Die siegende Koalition ist grün hervorgehoben.