Das Kinderlied ist ein einfaches Lied mit kindgemäßem, leichtfasslichem Text und eingängiger Melodie. Kinderlieder gibt es für jede Altersstufe, sowohl in diatonischer als auch in pentatonischer Form.
Kriterien für ein Kinderlied sind ein kindgemäßer Text und eine dem Text angemessene Melodie, die in ihrem Tonumfang den Stimmumfang des Kindes nicht überfordert.[1] Außerdem sollte das Lied in einer der Stimmlage des Kindes entsprechenden Tonart gesetzt sein.
In der Volkskunde versteht man unter „Kinderliedern“ zuweilen auch Kinderreime.[2]
Von den sehr alten Kinderliedern sind noch einige in Carl OrffsMusik für Kinder (Orff-Schulwerk) und in alten Liederbüchern (Deutsches Volksliedarchiv oder Des Knaben Wunderhorn von Ludwig Achim von Arnim und Clemens Brentano) zu finden. In den 1950er und 1960er Jahren widmete der Komponist Hans Poser einen großen Teil seines Schaffens dem Kinderlied und komponierte zahlreiche bekannte Lieder wie beispielsweise Ein Ele-Zwele-Trelefant und Märchenlieder. Seit den 1970er-Jahren kamen neue Lieder, zum Beispiel von Margarete Jehn & Wolfgang Jehn, Rolf Zuckowski oder Detlev Jöcker, hinzu. Im Zuge der Globalisierung sind auch viele Kinderlieder aus aller Welt in Deutschland dazugekommen.
1970er bis 1990er
In der Zeit von 1968 bis 1984 etwa liefen mehrere Richtungen zum Thema Musik für Kinder nebeneinanderher:
Texter und Komponisten waren mit ihrer Musik für Kinder längst neue Wege gegangen; es entstanden viele neue Lieder für Kinder. Die neuen Kompositionen wurden oft im Rundfunk produziert und über Schul- und Kinderfunk verbreitet.
Den Begriff Kinderliedermacher kannte man noch nicht.
1968 erschien die Erprobungsfassung des „Curriculums Musikalischer Früherziehung“ beim Verband deutscher Musikschulen und wurde ab 1970 in großer Verbreitung an vielen Musikschulen eingeführt. 1974 etablierte sich die überarbeitete Fassung mit dem Titel „Musikalische Früherziehung“. Eine gleichnamige Kindergartenfassung hatte keinen dauerhaften Erfolg. Pentatonische Melodien standen im Mittelpunkt dieses Programms – Kinderlieder, die sich diesem Tonraum widersetzten, wurden ausgelassen.[3]
Viele Verlage in Westdeutschland publizierten nach 1968 Noten und Schallplatten, deren Zielgruppe Menschen der 68er-Bewegung waren. Der Pläne-Verlag zum Beispiel veröffentlichte 1973 realitätsbezogene (teils politische) Kinderlieder vom Sängerpaar Christiane und Fredrik; der Rowohlt-Verlag veröffentlichte in seiner Reihe rororotfuchs neue Lieder, Lyrik und Prosa für Kinder und Jugendliche.
Seit Beginn der 1990er-Jahre trennten sich viele Verlage von ihren teils langjährigen Autoren und stellten ihr Programm ein. Ganze Kindermusikreihen, wie zum Beispiel Der Kinderchor, hrsg. v. Günther Kretzschmar bei SCM Hänssler, wurden an andere Verlage verkauft und verschwanden. An ihre Stelle traten neue Kinderliedermacher mit ihren Produktionen.
Die Hörfunksender bauten nach und nach ihre Kinderprogramme um. Der Schulfunk verschwand bei einigen Sendern ganz aus dem Programm, der Kinderfunk wurde reduziert. Damit gingen auch die großen Kinderhörspiele zurück. Stattdessen verbreiten Radiosender ihre verbliebenen Bildungssendungen heute auch als Podcast.
Heute
Einige Rundfunkanstalten pflegen das Kinderlied ausdrücklich. Im Hörfunk und als Podcast werden Versionen mit Gesang sowie instrumental zum Mitsingen angeboten.[4]
Hans Günther Bastian (Hrsg.): Musik(erziehung) und ihre Wirkung. Eine Langzeitstudie an Berliner Grundschulen (Reihe Musikpädagogik). Verlag Schott, Mainz u. a. 2000, ISBN 3-7957-0426-X.
Barbara Boock: Kinderliederbücher 1770–2000. Eine annotierte, illustrierte Bibliografie der deutschsprachigen Kinderliederbücher (= Volksliedstudien; 8). Waxmann, Münster 2007, ISBN 978-3-8309-1819-6.
Thomas Freitag: Das Kinderlied. Ein alphabetisches Lesebuch. Lugert-Verlag, Oldershausen 2000, ISBN 3-89760-138-9 (zahlr. Abb. und Notenbeisp., Diskografie).
Thomas Freitag: Kinderlied. Von der Vielfalt einer musikalischen Liedgattung. Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main u. a. 2001, ISBN 3-631-37469-0 (zahlr. Abb., Notenbeisp.).
Thomas Freitag: Fällt ein Negerlein vom Dach herab. Das ganze Elend im Kinderlied. Regia Verlag, Cottbus 2008, ISBN 978-3-939656-84-5.
Christa Holtei, Tilman Michalski: Warum klappert die Mühle am rauschenden Bach? Die Geschichte der Kinderlieder. Mannheim 2010.
Andreas Mohr: Handbuch der Kinderstimmbildung (Reihe Studienbuch Musik). Verlag Schott, Mainz 1997, ISBN 3-7957-8704-1.
Peter Rühmkorf: Über das Volksvermögen. Exkurse in den literarischen Untergrund. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1967 (ausschließlich unter Kindern zirkulierende Lieder und Verse).
↑Andreas Mohr: Handbuch der Kinderstimmbildung, Verlag Schott, Mainz 1997, ISBN 3-7957-8704-1
↑Kinderlieder der Deutschen Schweiz. Nach mündlicher Überlieferung gesammelt und hrsg. von Gertrud Züricher (= Schriften der Schweizerischen Gesellschaft für Volkskunde. Band 17). Helbig & Lichtenhahn, Basel 1926, zur Terminologie S. X.
↑siehe auch Aufsatz: Musikalische Früherziehung – Didaktische Grundlagen