Karim Aga Khan IV., mit bürgerlichem Namen Karim al-Husseini, (* 13. Dezember1936 in Creux-de-Genthod, Gemeinde Genthod, Kanton Genf, Schweiz) ist ein britischer Ismailit. Er ist als 49. Imam der ismailitischen Nizariten der religiöse Führer von 20 Millionen Menschen in 25 Ländern. Das von ihm geleitete Aga Khan Development Network mit der Aga-Khan-Stiftung ist eine der größten privaten Entwicklungshilfeorganisationen weltweit. Der Titel His Highness Prince Aga Khan IV. wurde ihm als Hoheitstitel von der britischen Königin am 26. Juli 1957 verliehen. Sein Vermögen wird auf mindestens zehn Milliarden Euro geschätzt.[1] Sein Hauptwohnsitz ist das ChâteauAiglemont in Gouvieux/Chantilly im Département Oise nördlich von Paris.
Im Alter von 20 Jahren wurde er am 11. Juli 1957 nach dem Tod seines Großvaters Sultan Mohamed Schah (Aga Khan III.) überraschend zum Aga Khan ernannt. Sein Großvater hatte in seinem Testament verfügt, dass nicht der Sohn, sondern der Enkel seine Nachfolge antreten solle, und so wurde er zum Oberhaupt eines Zweigs der Ismailiten, der Nizariten, ernannt; einer religiösen Richtung innerhalb des Islams, die wiederum ein Teil des schiitischen Glaubens ist. In den Augen seiner Anhänger gilt er als direkter Nachkomme Fatimas, der jüngsten Tochter des Propheten Mohammed, und dessen Nachfolger und daher als der neunundvierzigste Imam der Nizariten und ihr geistliches Oberhaupt.
Karim Aga Khan IV. gründete den Yacht Club Costa Smeralda (YCCS) am 12. Mai 1967 gemeinsam mit André Ardoin, Giuseppe Kerry Mentasti und Luigi Vietti als gemeinnützigen Sportverein in Porto Cervo an der Nordostküste Sardiniens. Er entwickelte den Ort als Urlaubsziel für exklusive Feriengäste.
Karim Aga Khan ist Großaktionär mehrerer internationaler Konzerne, darunter die Fiat-Gruppe sowie die Lufthansa. Er besitzt zudem Bankhäuser, Zeitungsverlage, Edelsteinbergwerke, Fluggesellschaften, Pferdezuchten und Hotelketten – mit seinen Unternehmen verdient der Aga Khan im Jahr eine Milliarde Euro. Darüber hinaus erhält der Aga Khan jährlich Spenden seiner Anhänger in Höhe von Hunderten Millionen Euro.
Im Oktober 2012 veröffentlichte die investigative Online-Zeitung Mediapart, dass Nicolas Sarkozy seit 2008 Aga Khan in Frankreich von sämtlichen Steuerzahlungen – insbesondere der Einkommensteuer – befreit hatte.[5] Zu dieser Zeit war Éric Woerth Haushaltsminister in Sarkozys Regierung, der später im Zuge der Parteispendenaffäre um die L’Oréal-Erbin Liliane Bettencourt (Bettencourt-Affäre) zurücktreten musste. Woerth war zuvor Bürgermeister von Chantilly, das für sein Schloss und seine Pferdezucht weltberühmt ist. Als Schloss und Pferderennbahn von der Schließung bedroht waren, weil die Mittel zu deren Renovierung fehlten, spendete der Aga Khan Millionen zu deren Erhalt.
Privatleben
1969 heiratete Aga Khan die geschiedene Lady Crichton-Stuart, das britische Model Sarah Frances Croker-Poole, später als Begum Salima tituliert. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor: Zahra (geb. 18. September 1970), Rahim (geb. 12. Oktober 1971), Hussein (geb. 10. April 1974). Kurz vor der Silbernen Hochzeit 1994 wurde die Ehe geschieden, Begum Salima erhielt eine Scheidungsabfindung von 45 Millionen Euro.[6]
Aga Khan heiratete 1998 die Deutsche Gabriele Prinzessin zu Leiningen, adoptierte Thyssen, die fortan den Namen Inaara Gabriele Aga Khan und den Titel Begum Inaara trug und zum Islamkonvertierte. Aus der Ehe ging ein Sohn hervor: Aly Muhammad (geb. 7. März 2000). Aga Khan trennte sich 2004 nach sechs Jahren Ehe, es dauerte jedoch sieben Jahre, bis die Details der Trennung juristisch geregelt wurden; Ausgangspunkt war ein Gericht in der Schweiz. Es folgte ein Gericht in England, bevor der Aga Khan das Verfahren schließlich vor die französische Justiz brachte. Überdies wurde der Begum eine Scheidungsabfindung in Höhe von 60 Millionen Euro zugesprochen, sie musste im Gegenzug Namen und Titel Begum („Fürstin“) ablegen. Die Entscheidung über die Scheidungsabfindung wurde im Januar 2013 vom Kassationshof aufgehoben, eine entscheidende Rolle dabei hatten Sarkozy und Woerth gespielt.[7]
Entwicklungsprogramme
Aga Khan unterstützt vor allem durch sein privates Entwicklungshilfenetzwerk Aga Khan Development Network (AKDN) eine Vielzahl von Entwicklungsprogrammen unter anderem in den Bereichen:
Gesundheit, Bildung und Architektur
ländliche Entwicklung und Förderung des privaten Unternehmertums
Projekte zur Sicherstellung des Nahrungsmittelbedarfs und der Wasserversorgung
Das AKDN stiftete beispielsweise 80 Millionen Dollar für den Wiederaufbau in Afghanistan.
1977 gründete er das Londoner Institute of Ismaili Studies, das sich nach eigener Darstellung der Lehre islamischer Kulturen und Gesellschaften in Gegenwart und Geschichte verschrieben hat. Außerdem sollen die Beziehungen zu anderen Kulturen und Religionen erforscht und vermittelt werden.
Gero von Boehm: Prinz Karim Aga Khan IV. – 31. Juli 2007. Interview in: Begegnungen. Menschenbilder aus drei Jahrzehnten. Collection Rolf Heyne, München 2012, ISBN 978-3-89910-443-1, S. 556–568.