Jürgen Schumann

Jürgen Schumann (* 29. April 1940 in Colditz; † 16. Oktober 1977 in Aden, Südjemen) war ein deutscher Pilot. Er war 1977 Flugkapitän des entführten Lufthansa-Flugzeugs Landshut und wurde von den PFLP-Terroristen ermordet.

Leben

Schumann trat 1960 in die Luftwaffe der Bundeswehr ein. Nach der Grundausbildung im Fliegerhorst Goslar begann er seine fliegerische Laufbahn im Fliegerhorst Uetersen (heute Jürgen-Schumann-Kaserne[1]). Nach weiterer fliegerischer Ausbildung vor allem in den USA flog er ab 1965 beim JaboG 33 auf dem Fliegerhorst Büchel den F-104 Starfighter. Nach seinem Ausscheiden 1968 als Hauptmann wurde er ziviler Pilot bei der Deutschen Lufthansa und war als solcher Kapitän der am 13. Oktober 1977 entführten Lufthansa-Maschine „Landshut“.

Am 16. Oktober 1977 konnte er bei einer Zwischenlandung in Dubai den Behörden Informationen über die Anzahl der Entführer der „Landshut“ mitteilen. Aufgrund eines Interviews des Verteidigungsministers von Dubai (Muhammad ibn Raschid Al Maktum, seit 4. Januar 2006 Premierminister und Vizepräsident der Vereinigten Arabischen Emirate und Herrscher von Dubai) erfuhren auch die Entführer davon, woraufhin der Anführer der Geiselnehmer, Zohair Youssif Akache, den Flugkapitän im Gang niederknien ließ und drohte, ihn bei einem weiteren Vorfall zu erschießen.

Nach der Landung am 16. Oktober 1977 auf dem Flughafen Aden (damals Südjemen) auf einem Sandstreifen neben der Landebahn (da die dortige Regierung alle Landebahnen blockieren ließ und die Maschine wegen Treibstoffmangels keinen anderen Flugplatz mehr erreichen konnte) verließ Schumann mit Erlaubnis der Entführer das Flugzeug, um das Fahrwerk kontrollieren zu können. Er nutzte die Gelegenheit auch, um in einem Flughafengebäude über die Möglichkeit einer Freilassung der Geiseln zu sprechen. Anschließend kehrte er freiwillig in die entführte Maschine zurück. An Bord wurde er von Akache im Mittelgang des Flugzeuges niedergebrüllt und mit einem gezielten Kopfschuss ermordet. Akache gab Schumann nicht die Gelegenheit, die Gründe seiner Abwesenheit zu erklären.[2]

Schumann hinterließ seine Ehefrau Monika und zwei Söhne.

„Mein Mann war kein Held. Als Flugkapitän hatte er die alleinige Verantwortung für seine Passagiere. In dieser Verantwortung hat er gehandelt.“

– Monika Schumann am 3. Juni 2021[3]

Ehrungen

Gedenkstein in der Jürgen-Schumann-Straße in Babenhausen

Ihm zu Ehren trägt das Gebäude der Lufthansa-Verkehrsfliegerschule in Bremen seinen Namen. Beigesetzt wurde er in seinem letzten Wohnort Babenhausen in Hessen. Dort wurde auch eine Straße nach ihm benannt sowie ein Gedenkstein errichtet. In Arnoldshain (Hochtaunuskreis) wurde eine Grundschule nach dem Piloten benannt.

Auch in der Stadt Landshut,[4] deren Namen die Lufthansa-Maschine trug, am Flughafen Berlin Brandenburg[5] sowie in Sauensiek sind Straßen nach Jürgen Schumann benannt.

Posthum wurde Jürgen Schumann vom Bundespräsidenten Walter Scheel das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse[6] verliehen. Es wurde auf Schumanns Trauerfeier am 21. Oktober 1977 vom Kopiloten der „Landshut“, Jürgen Vietor, vor dem Sarg auf einem Kissen getragen. Bei dieser Bundesverdienstkreuz-Verleihung wurden drei Ausnahmen von der Regel zugleich gemacht: Erstens hatte der Geehrte das normalerweise geforderte Mindestalter von 40 Jahren noch nicht erreicht, zweitens war es eine Erstauszeichnung, bei der normalerweise keine Stufe höher als das Verdienstkreuz am Bande verliehen wird, und drittens war es der posthume Zeitpunkt der Verleihung selbst.

Jürgen Schumann wird von der Luftwaffe als eines von vier Vorbildern geführt – zusammen mit Ludger Hölker, Richard W. Higgins und Michael Giermeier.[7]

Die Jürgen-Schumann-Kaserne in Appen wurde am 24. November 2021, nach langer Diskussion,[8] nach ihm benannt.[9][3]

Einzelnachweise

  1. ↑ Jürgen-Schumann-Kaserne – Neuer Name für die Heimat der Unteroffizierschule der Luftwaffe. 24. November 2021, abgerufen am 24. November 2023.
  2. ↑ Michael Hanfeld: Der wahre Held der „Landshut“. In: Medien. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 1. Dezember 2007, archiviert vom Original am 24. November 2021; abgerufen am 24. November 2022.
  3. ↑ a b Feierliche Umbenennung. (PDF) Jürgen-Schumann-Kaserne. In: Broschüre des Festaktes. Unteroffizierschule der Luftwaffe, November 2021, archiviert vom Original am 24. November 2021; abgerufen am 24. November 2022 (Programmablauf, vertiefende Informationen zum Prozess der Namensfindung, sowie zu bedeutenden Ereignissen, die im Kontext dazu stehen.).
  4. ↑ Hans-Peter Bauer: Landshuter Straßennamen - Herkunft, Bedeutung und Geschichte. Landshut 2002
  5. ↑ Berliner Morgenpost: Lufthansa droht Berliner Flughäfen mit Schadenersatz
  6. ↑ Tagesschau vom 21. Oktober 1977
  7. ↑ Heiner Möllers: Jürgen Schumann. Starfighterpilot der Luftwaffe und Flugkapitän der Lufthansa. In: Vorbilder. Bundesministerium der Verteidigung, 25. November 2013, archiviert vom Original am 14. Juni 2015; abgerufen am 21. Juni 2021 (Website zur Geschichte der Luftwaffe): „Menschen, die mit ihrem Handeln Vorbild gebend sind.“
  8. ↑ Sven Felix Kellerhoff: Bundeswehr benennt Kaserne nach Terror-Opfer Jürgen Schumann. In: Geschichte – Deutscher Herbst. Welt Online, 8. Dezember 2020, abgerufen am 21. Juni 2021.
  9. ↑ Michael Schmidt und Henner Feddersen: Jürgen-Schumann-Kaserne. Neuer Name für die Heimat der Unteroffizierschule der Luftwaffe. In: Aktuelles. Bundesministerium der Verteidigung, 2021, archiviert vom Original am 24. November 2021; abgerufen am 24. November 2022.
Personendaten
NAME Schumann, Jürgen
KURZBESCHREIBUNG deutscher Pilot und Flugkapitän der Landshut, von PFLP-Terroristen ermordet
GEBURTSDATUM 29. April 1940
GEBURTSORT Colditz
STERBEDATUM 16. Oktober 1977
STERBEORT Aden, Jemen