La Fontaine absolvierte nach dem Besuch des Gymnasiums von 1910 bis 1915 ein Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Straßburg und der Universität München. Danach war La Fontaine während des Ersten Weltkrieges im Sanitätsdienst eingesetzt. Ab 1922 trat La Fontaine in die höhere Beamtenlaufbahn bei der Innenverwaltung in Baden ein und wurde im August 1922 am BezirksamtMannheim Amtmann. La Fontaine trat 1928 im Rang eines Regierungsrates in den Vorstand der PolizeischuleKarlsruhe ein.[1] Von diesem Vorstandsposten wurde La Fontaine nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 entfernt.[2] Danach war La Fontaine am Bezirksamt Karlsruhe tätig.[1] Der der SPD nahestehende La Fontaine unterlag einem Beförderungsstopp. Er beantragte am 24. Mai 1937 die Aufnahme in die NSDAP und wurde rückwirkend zum 1. Mai desselben Jahres aufgenommen (Mitgliedsnummer 4.354.326).[3][4]
Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde La Fontaine im deutsch besetzten Polen vom 15. September 1939 bis 16. Oktober 1939 Landrat im Kreis Błonie, westlich von Warschau. La Fontaine wurde in dieser Funktion Zeuge von Massentötungen durch die Einsatzgruppen. Danach erlitt La Fontaine einen Nervenzusammenbruch und kehrte krankheitsbedingt ins Deutsche Reich zurück, wo er ab 1940 als Regierungsrat am Bezirksamt Heidelberg tätig wurde. An seinem Wohnort Mannheim kam er in Kontakt mit einer Widerstandsgruppe, die aus jungen Lehrern bestand. Diese frankophile Widerstandsgruppe lehnte das NS-Regime ab. Die Widerstandsgruppe, der neben La Fontaine und seiner Frau etwa sechs junge Lehrer beiderlei Geschlechts angehörten, traf sich ab 1941 regelmäßig in dessen Wohnung. Als „Abhörgemeinschaft“ hörte sie illegal „Feindsender“ ab, diskutierte und dokumentierte die dort gebrachten Meldungen. La Fontaine berichtete auch von den Massenerschießungen im Osten, deren Zeuge er wurde. Die Gruppe unterstützte konspirativ französische Kriegsgefangene und half auch einem Kriegsgefangenen bei seiner Flucht. Die Gruppe wurde denunziert und deren Angehörige durch die Gestapo festgenommen.[4] La Fontaine selbst wurde am 27. Januar 1943 verhaftet.[1] Am 25. Oktober 1943 wurde La Fontaine durch den 1. Senat des Volksgerichtshofes unter Vorsitz von Roland Freisler wegen Rundfunkverbrechen und der Durchführung „staatsfeindlicher Gemeinschaftsabende“ zu zehn Jahren Zuchthaus und zehn Jahren Ehrverlust verurteilt. La Fontaine wurde eine „im Grunde nicht reichsfeindliche Gesinnung“ attestiert und ihm sein schlechter Gesundheitszustand zugutegehalten. Eine mitangeklagte Junglehrerin erhielt ein Todesurteil. Seine „defaitistischen Reden“ sowie La Fontaines Gründung eines „hochverräterischen Kreises“ waren dem Oberreichsanwalt zwar bekannt, flossen aber nicht in die Anklage ein. Die Gründe dafür sind unbekannt – möglicherweise hatte der gut beleumundete Verwaltungsjurist La Fontaine einen versierten Verteidiger oder wurde durch Fürsprecher geschützt.[4] Nach dem Urteil war La Fontaine bis April 1945 zunächst im Zuchthaus Bruchsal und danach im ArbeitshausVaihingen inhaftiert.[1]
Markus Roth: Herrenmenschen. Die deutschen Kreishauptleute im besetzten Polen – Karrierewege, Herrschaftspraxis und Nachgeschichte. Wallstein Verlag, Göttingen 2009. ISBN 978-3-8353-0477-2.
Cornelia Rauh-Kühne, Michael Ruck (Hrsg.): Regionale Eliten zwischen Diktatur und Demokratie: Baden und Württemberg 1930–1952, Oldenbourg Verlag, München 1993, ISBN 3-486-55950-8.
Eberhard Stegerer: Julius La Fontaine. Jurist in der badischen Polizei, Demokrat und im Widerstand zum NS-Regime, Göttingen: Cuvillier 2018, ISBN 978-3-7369-9876-6.
Einzelnachweise
↑ abcdeKurzbiografie bei Markus Roth: Herrenmenschen, Göttingen 2009, S. 487.
↑Michael Ruck: Administrative Eliten in Demokratie und Diktatur. Beamtenkarrieren in Baden und Württemberg von den zwanziger Jahren bis zur Nachkriegszeit in: Regionale Eliten zwischen Diktatur und Demokratie: Baden und Württemberg 1930–1952, Oldenbourg Verlag, Hrsg.: Cornelia Rauh-Kühne, Michael Ruck, München 1993, S. 58f.
↑ abcdJürgen Sikinger / Michael Ruck: Vorbild treuer Pflichterfüllung? Badische Beamte vor dem Sondergericht Mannheim 1933–1945 in: Regionale Eliten zwischen Diktatur und Demokratie: Baden und Württemberg 1930–1952, Oldenbourg Verlag, Hrsg.: Cornelia Rauh-Kühne, Michael Ruck, München 1993, S. 116ff.