Der ehemalige Textilarbeiter war ab 1894 Redakteur der Teplitzer Volksstimme (ab 1896: Freiheit). Auf dem historischen Parteitag der österreichischen Sozialdemokratie im Jahre 1899 in Brünn erläuterte Seliger als Referent des Parteivorstands das auf dem Parteitag verabschiedete Brünner Nationalitätenprogramm. In den Jahren 1907 und 1911 wurde er in das Abgeordnetenhaus des österreichischen Reichsrats gewählt.
Nach vergeblichem Bemühen, seine Teile Böhmens an Deutschösterreich anzuschließen, das sich als Teil der neuen deutschen Republik etablieren wollte, übernahm er 1919 den Vorsitz der deutschen Sozialdemokraten in der Tschechoslowakei. Josef Seliger verfügte über eine Ausstrahlung, die ihn zum unbestrittenen Vorsitzenden der DSAP werden ließ. Sein Tod im Alter von 50 Jahren nur wenige Tage nach dem zweiten Parteitag, der 1920 in Karlsbad stattfand, bedeutete für die Partei einen schweren Verlust.
Sein Grab befindet sich auf dem Alten Schönauer Friedhof in Bystřany (Wisterschan) und wird durch einen großen Sandsteinblock markiert (Entwurf: Johannes Watzal).
Ehrungen
In der Gemeinde Ottobrunn bei München gibt es eine „Josef-Seliger-Siedlung“. Ihr Bau wurde 1952 von der Gemeinnützigen Flüchtlings-Bau- und Siedlungsgenossenschaft e. GmbH Ottobrunn begonnen, die von überwiegend deutschböhmischeHeimatvertriebenen gegründet worden war.[3]
Aus Anlass des 130. Geburtstages des Politikers wurde am 16. März 2000 in der Siedlung der Heimatvertriebenen (Seliger-Siedlung) in Wien, 10. Bezirk, Sapphogasse 20, durch die Seliger-Gemeinde eine Gedenktafel enthüllt. Hier heißt es u. a.:
„er war einer der bedeutendsten sudetendeutschen Sozialdemokraten, der gemeinsam mit den anderen sudetendeutschen Parteien am 4. März 1919 zu einem Generalstreik aufrief, um für das Selbstbestimmungsrecht und den Verbleib bei Österreich einzutreten.“
Das Archiv der sudetendeutschen Sozialdemokratie, seit 1989 als ein gesonderter Teil-Bestand bei der Friedrich-Ebert-Stiftung gelagert, ist ihm zu Ehren „Seliger-Archiv“ benannt;[4] bis in die 1970er Jahre gab es einen gleichnamigen Verlag in Stuttgart.
Leopold Grünwald (Hrsg.): Sudetendeutsche. Opfer und Täter; Verletzungen des Selbstbestimmungsrechtes und ihre Folgen 1918–1982. Junius, Wien 1983, ISBN 3-900370-05-2.