Krauses Schwerpunkt ist die Genanalyse alter DNA mit Hilfe der DNA-Sequenzierung. Zu seinen Forschungsgebieten zählen unter anderem historische Krankheitserreger und Epidemien sowie die menschliche Geschichte und Evolution.
2010 gelang es Krause, anhand von 30 Milligramm pulverisierten Materials aus den Fingerknochen eines Denisova-Menschen die mitochondriale DNA zu rekonstruieren. Dadurch konnte er belegen, dass der Denisova-Mensch eine eigenständige Population der Gattung Homo darstellte, die sich vor 640.000 Jahren vom Zweig des Neandertalers abtrennte.[10][11][12] Er wirkte ebenfalls mit an der Entschlüsselung des Erbguts des Neandertalers. Unter anderem wies Krause mit seinen Forschungen nach, dass der Neandertaler und der moderne Mensch dasselbe „Sprachgen“ (FOXP2) teilen und daher davon auszugehen ist, dass der Neandertaler ebenfalls die Fähigkeit zum Sprechen besaß.[13][14]
Krauses Abteilung leitete ein internationales Forscherteam, das 2011 anhand von DNA-Proben aus dem East Smithfield Pestfriedhof in London eine Verbindung zwischen der mittelalterlichen Epidemie des Schwarzen Todes und dem Bakterium Yersinia pestis, dem Erreger der Beulenpest, nachweisen konnte.[15][16]
Im September 2012 erhielt Krause vom Europäischen Forschungsrat im Rahmen der Starting Grants eine Förderung für sein Projekt Ancient Pathogen Genomics of Re-emerging Infectious Disease, in dem anhand der DNA entsprechender Krankheitserreger die Evolution verschiedener historischer Infektionskrankheiten und Pandemien untersucht werden sollen.[17] In Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie wurde im Mai 2013 eine Arbeit veröffentlicht, wonach die Erreger, die die Große Hungersnot in Irland auslösten (HERB-1), nicht mit dem heute verbreiteten Stamm des Eipilzes Phytophthora infestans (US-1) identisch sind. Beide Erregerstämme gehen demnach auf einen gemeinsamen Vorfahren zurück, entwickelten sich jedoch getrennt voneinander. Mit dem Aufkommen resistenter Kartoffelsorten verschwanden die HERB-1-Stämme und wurden durch US-1 abgelöst.[18][19]
Im Juni 2013 veröffentlichte Krauses Arbeitsgruppe in Zusammenarbeit mit Forschern der Technischen Hochschule Lausanne Forschungsergebnisse, wonach sich das Lepra-Bakterium seit dem Mittelalter genetisch kaum verändert habe und alle Lepra-Bakterien weltweit auf einen gemeinsamen Stamm aus der Zeit 4000 v. Chr. zurückgeführt werden können.[20][21]
2015 war Krauses Team an Forschungen beteiligt, die die These unterstützten, wonach die indoeuropäische Sprachfamilie durch eine Masseneinwanderung vor ca. 5000 Jahren aus der zentralasiatische Steppe nach Europa gelangte und sich dort ausbreitete.[22] Den Ursprung der indoeuropäischen Sprache vermutet Krause aufgrund genetischer Analysen jedoch im Nordiran.[23] Dies würde Elemente der beiden bisherigen Haupttheorien über den Ursprung der indoeuropäischen Sprachfamilie, die Kurgan- und die Anatolien-Hypothese miteinander verbinden.
2021 war Krause mit seiner Arbeitsgruppe maßgeblich an der genetischen Analyse des Frauenschädels von Zlatý Kun aus Tschechien beteiligt. Es ergab sich, dass der Schädel älter als 45.000 Jahre ist. Damit konnte auch das bisher älteste Genom moderner Menschen rekonstruiert werden.[24]
2022 äußerte sich Krause in einem Gespräch mit dem Althistoriker Michael Sommer und dem Evolutionsbiologen Axel Meyer über den aktuellen Wissensstand von Genetik und Archäogenetik. Krause meinte, dass die neuen genetischen Analysetechniken sowie die daraus gewonnenen Erkenntnisse auch wesentlich die personalisierte Medizin in ihrer Entwicklung beschleunigen werden. Man wird beispielsweise das Krebsrisiko für einzelne Personen durch Gensequenzierung erheblich schneller und besser abschätzen können, als das bisher möglich ist.[25]
J. Krause et al. (2006): Multiplex amplification of the mammoth mitochondrial genome and the evolution of Elephantidae. In: Nature, Band 439 S. 724–727. doi:10.1038/nature04432
J. Krause et al. (2007): Neanderthals in central Asia and Siberia. In: Nature, Band 449, S. 902–904. doi:10.1038/nature06193
J. Krause et al. (2008): Mitochondrial genomes reveal an explosive radiation of extinct and extant bears near the Miocene-Pliocene boundary. In: BMC Evolutionary Biology 8:220. doi:10.1186/1471-2148-8-220.
J. Krause et al. (2010): The complete mitochondrial DNA genome of an unknown hominin from southern Siberia. In: Nature, Band 464, Nr. 7290, S. 894–897. doi:10.1038/nature08976Volltext (PDF; 298 kB).
mit R. E. Green (2010): A draft sequence and preliminary analysis of the Neandertal genome. In: Science. Band 328, S. 710–722. doi:10.1126/science.1188021
mit T. Trappe: Die Reise unserer Gene: Eine Geschichte über uns und unsere Vorfahren. Propyläen Verlag, 2019, ISBN 978-3-549-10002-8.
mit T. Trappe: Hybris: Die Reise der Menschheit zwischen Aufbruch und Scheitern. Propyläen Verlag, 2021, ISBN 978-3-8437-2593-4.
↑Angelika Bachmann: Auf dem Sprung nach Jena: Die Uni verliert mit dem Paläogenetiker Johannes Krause einen ihrer bekanntesten Forscher. In: Schwäbisches Tagblatt. Schwäbisches Tagblatt GmbH, 1. Juli 2014 (tagblatt.de).
↑Thorwald Ewe: In der Evolutionsgeschichte des [Homo sapiens]. In: Bild der Wissenschaft. Mai 2012, S.22 (wissenschaft.de [abgerufen am 21. Oktober 2013]).
↑Johannes Krause et al.: The complete mitochondrial DNA genome of an unknown hominin from southern Siberia. In: Nature, Band 464, Nr. 7290, 2010, S. 894–897. doi:10.1038/nature08976Volltext (PDF; 298 kB).
↑Johannes Krause et al.: The derived FOXP2 variant of modern humans was shared with Neandertals. In: Current Biology. Band 17, Nr. 21, 2007, S. 1908–1912. doi:10.1016/j.cub.2007.10.008
↑V. J. Schuenemann, K. Bos, S. DeWitte, S. Schmedes, J. Jamieson, A. Mittnik, S. Forrest, B. K. Coombes, J. W. Wood, D. J. D. Earn, W. White, J. Krause, H. N. Poinar: Targeted enrichment of ancient pathogens yielding the pPCP1 plasmid of Yersinia pestis from victims of the Black Death. In: Proceedings of the National Academy of Sciences, Band 108, Nr. 38, S. E746–E752. doi:10.1073/pnas.1105107108.
↑K. Yoshida, L. Cano, M. Pais, B. Mishra, R. Sharma, C. Lanz, F. Martin, S. Kamoun, J. Krause, M. Thines, D. Weigel & H. Burbano: The rise and fall of the Phytophthora infestans lineage that triggered the Irish potato famine. In: eLife, 28. Mai 2013. doi:10.7554/elife.00731
↑Verena J. Schuenemann, Pushpendra Singh, Thomas A. Mendum, Ben Krause-Kyora, Günter Jäger, Kirsten I. Bos, Alexander Herbig, Christos Economou, Andrej Benjak, Philippe Busso, Almut Nebel, Jesper L. Boldsen, Anna Kjellström, Huihai Wu, Graham R. Stewart, G. Michael Taylor, Peter Bauer, Oona Y.-C. Lee, Houdini H.T. Wu, David E. Minnikin, Gurdyal S. Besra, Katie Tucker, Simon Roffey, Samba O. Sow, Stewart T. Cole, Kay Nieselt, Johannes Krause: Genome-Wide Comparison of Medieval and Modern Mycobacterium leprae. In: Science, Band 341, S. 179–183. doi:10.1126/science.1238286