Der Sohn eines Rettungsassistenten des französischen SAMU[1] absolvierte bereits Anfang der 1990er Jahre Gastauftritte in französischen Fernsehserien. Sein Spielfilmdebüt gab Quivrin 1993 im Alter von 13 Jahren in der Rolle des Duc d'Anjou in Roger Planchons Kostümdrama Die Kindheit des Sonnenkönigs, was ihm seinen ersten Agenten einbrachte.[2] Daraufhin war er regelmäßig in französischen Film- und Fernsehproduktionen zu sehen, häufig in Kostümdramen wie Planchons Toulouse-Lautrec (1998), Daniel Vignes Fernsehmehrteiler L'enfant des Lumières (2002) mit Nathalie Baye, Laurent BoutonnatsJacquou le croquant oder Jean de La Fontaine – Le défi (beide 2007), in der er den jungen Ludwig XIV. verkörperte. Der junge Schauspieler mit der hohen Stirn und den blauen Augen besuchte öffentliche und private Schulen in Paris[3] und nahm Filmkurse am Lycee Hector-Berlioz in Vincennes. Eine universitäre Filmausbildung nach dem Abitur in Nanterre gab Quivrin jedoch bald auf.[4][5] Er besuchte zudem einige Monate die Schule des Théâtre des Enfants Terribles[2] und nahm weitere Theaterkurse, sah sich aber trotz dessen als Autodidakt an.[3]
Einem breiten französischen Publikum wurde Quivrin 2001 durch Alain Tasmas Fernsehmehrteiler Rastignac ou les ambitieux bekannt, in dem er erfolgreich in die Rolle der gleichnamigen Figur Honoré de Balzacs schlüpfte. Die französische Tageszeitung Le Monde lobte den jungen Schauspieler daraufhin als „Offenbarung“,[6]Le Figaro als „sehr lebendig“[7] und Quivrins Leistung in der France-2-Produktion wurde mit dem Darstellerpreis des Fernsehfestivals von Luchon preisgekrönt. Ebenfalls war der Schauspieler mit Kleinstrollen in den Oscar-prämierten Filmen Elizabeth (1998) und Syriana (2005) auch im internationalen Kino vertreten. Den Durchbruch als Filmschauspieler ebnete ihm 2008 Jan Kounens39,90, in dem er als ausgeflippter Werbefachmann an der Seite von Jean Dujardin sein komödiantisches Talent ausspielen konnte. Die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Frédéric Beigbeder brachte ihm zahlreiche Nachwuchsdarstellerpreise in Frankreich ein, darunter der Prix Lumières, der Patrick-Dewaere-Preis und eine César-Nominierung. Daraufhin verlegte er zusehends seinen Schwerpunkt auf Rollen im Komödienfach wie Léa Fazers Spielfilm Notre univers impitoyable oder LOL (Laughing Out Loud) mit Sophie Marceau (beide 2008).
Jocelyn Quivrin war mit der Schauspielerin Alice Taglioni liiert, die er 2004 bei den Dreharbeiten zu Robert Salias Drama Grande Ecole kennengelernt hatte und neben der er auch in den Spielfilmen Notre univers impitoyable und Ca$h (beide 2008) agierte. Als Regisseur setzte er seine Lebensgefährtin – gemeinsam mit Nathalie Baye und Jean-Pierre Cassel – in dem Kurzfilm Acteur (2007) in Szene. Im März 2009 wurde ein gemeinsamer Sohn geboren. In seiner Freizeit begeisterte sich Quivrin schon von Kindheit an für Sportwagen und legte sich im Alter von 20 Jahren ein altes Porsche-Cabriolet zu, später einen Dodge Viper.[5][8] Im August 2009 kaufte er in Belgien einen Sportwagen vom Typ Ariel Atom.[9] „Es ist ein wunderbares Fahrzeug, um idiotisches mit seinen Kumpeln anzustellen“, so Quivrin in einem Interview mit der Paris Match.[8]
Fast drei Monate später kam Quivrin am Abend des 15. November 2009 im Alter von 30 Jahren bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Auf der Fahrt von seinem Haus in Dreux, in Richtung Paris, verlor er auf der A13 auf nasser Fahrbahn die Kontrolle über seinen Ariel Atom und verunglückte am Eingang des Tunnels von Saint-Cloud. Der Schauspieler starb sofort; die Geschwindigkeit wurde mit 97 km/h ermittelt, nachdem man diese weitaus höher eingeschätzt hatte.[10][11] Es handelte sich um den ersten tödlichen Unfall mit diesem Fahrzeugtyp. Zum Zeitpunkt seines Todes hatte Quivrin an einem Drehbuch für einen Spielfilm gearbeitet, den er 2010 hätte verwirklichen wollen. Dieser sollte von einem jungen Mann handeln, der sich für James Dean hält.[12]
Quivrins Beerdigung fand am 21. November 2009 in der Pariser L’Église Réformée de l’Etoile unter Teilnahme zahlreicher Filmschaffender statt. Der Schauspieler wurde vom französischen Kulturminister Frédéric Mitterrand als „eines der attraktivsten Gesichter des französischen Kinos“ gelobt.[5][13]
Filmografie
Schauspieler (Auswahl)
1993: Die Kindheit des Sonnenkönigs (Louis, enfant roi)
↑ abcvgl. Colinet, C.: Jocelyn Quivrin, fauché en pleine ascension. In: La Nouvelle République du Centre Ouest, 17. November 2009, S. 45
↑vgl. Francis, Cornu: Le cul, le pognon, le pouvoir. In: Le Monde, 26. Februar 2001 (aufgerufen am 16. Oktober 2009 via LexisNexis Wirtschaft)
↑vgl. Mallevoue, Delphine de: Chollet : 'Rastignac n'a rien à voir avec l'oeuvre de Balzac' . In: Le Figaro, 5. März 2001 (aufgerufen am 16. Oktober 2009 via LexisNexis Wirtschaft)
↑vgl. Juillet, Anne-Cécile; Mahaut, Valérie: La police expertise le bolide de Jocelyn Quivrin. In: Le Parisien, 18. November 2009 (aufgerufen am 29. Dezember 2009 via LexisNexis Wirtschaft)
↑vgl. Il roulait à moins de 100 km/h. In: Le Parisien, 22. November 2009 (aufgerufen am 29. Dezember 2009 via LexisNexis Wirtschaft)
↑vgl. AFP: Accident de Jocelyn Quivrin : l'autopsie révèle que l'acteur est mort sur le coup bei LePoint.fr, 18. November 2009 (aufgerufen am 29. Dezember 2009 via LexisNexis Wirtschaft)
↑vgl. Jocelyn Quivrin, fauché au seuil de la gloire. In: Édition Tribune de Genève, 17. November 2009. S. 39
↑vgl. L'émouvant adieu à Jocelyn Quivrin. In: Aujourd’hui en France, 21. November 2009 (aufgerufen am 29. Dezember 2009 via LexisNexis Wirtschaft)