Tur verliebte sich in Nikolai Nadeschdin, was großes Aufsehen erregte. Da ihre Eltern eine nichtstandesgemäße Heirat verweigerten, wollten Tur und Nadeschdin heimlich heiraten, was nicht gelang.[5] Wegen eines in der Zeitschrift Teleskop veröffentlichten Briefs Pjotr Tschaadajews wurde Nadeschdin bald verhaftet und nach Ust-Syssolsk verbannt, wohin Tur ihm Briefe schickte. Die Eltern reisten mit Tur bald ins Ausland.
Im Februar 1838 heiratete Tur in Stuttgart den verarmten Dichter und erfolglosen Graf Henri Salias de Tournemire (1811–1894),[3][6] worauf sie sich bald in Moskau niederließen. Mit dem Geld seiner Frau gründete er eine Schaumweinproduktion, mit der er in Konkurs ging. Als er 1844 nach der Beteiligung an einem Duell aus Russland verbannt wurde, ging er allein. Seine Frau mit den Kindern blieb ohne Mittel zurück.[7]
Unter dem Pseudonym Jewgenija Tur erschien 1849 in der Zeitschrift Sowremennik Turs erste NovelleOschibka (Der Fehler), die von Alexander Ostrowski und von Iwan Turgenew sehr positiv rezensiert wurde.[1][3] Ebenso lobte Iwan Turgenew Turs RomanPlemjaniza (Die Nichte), der im nächsten Jahr im Sowremennik gedruckt und vom Publikum begeistert aufgenommen wurde.[8] In den folgenden Jahren entstanden weitere Romane.
Ab 1856 leitete Tur die Belletristik-Abteilung der Zeitschrift Russki westnik. Dort schrieb sie über das Leben George Sands sowie kritische Artikel über Leben und Werk ausländischer Schriftsteller.[2] Nach einem Streit mit dem Redakteur wegen der Schriftstellerin Sofja Swetschina verließ Tur 1860 den Russki westnik. Dmitri Pissarews Hinweis auf die mangelnde Unabhängigkeit der Mitarbeiter des Russki westnik löste eine heftige Diskussion in der Presse aus, in der Nikolai Tschernyschewski, Konstantin Leontjew und Michail Saltykow-Schtschedrin Tur unterstützten.[9]
Turs Sohn Jewgeni Salias-de-Tournemire (1840–1908) hatte 1859 das Studium an der Universität Moskau in der JuristischenFakultät begonnen. Er beteiligte sich an der revolutionären Studentenbewegung und am Druck und der Verbreitung verbotener Schriften Alexander Herzens, Nikolai Ogarjows, Ludwig Feuerbachs und anderer Autoren.[11] Er nahm an den Studentenunruhen infolge der zu hohen Vorlesungsgebühren, des Versammlungsverbots und Einschränkung der Studentenrechte teil. Die Universität wurde geschlossen, Studenten wurden verhaftet, und Tur und ihr Sohn wurden polizeilich heimlich überwacht.[12] Anfang 1862 ging Tur gezwungenermaßen nach Frankreich, wo sie polnischeAristokraten traf und sich für den Katholizismus interessierte.
Tur konnte ihre bisherige Tätigkeit nicht fortsetzen. Sie litt unter ihrer Vereinsamung und wandte sich ab 1862 der Belletristik für Kinder zu.[2] Sie kehrte 1870 nach Russland zurück, obwohl ihre polizeiliche Überwachung erst 1882 aufgehoben wurde.[12] Sie schrieb weiter Novellen und Romane für Kinder und Jugendliche.[3] Ihre Bücher wurden gern gelesen und wurden wiederholt nachgedruckt. Auch schrieb sie Essays über Asketen und Heilige. In ihrem bedeutendsten Roman des Lebens der Fürstin Dubrowina für die fromme Jugend stellte sie auch die Geschichte des Alten und des Neuen Testaments dar.
In den 1880er Jahren lebte Tur in Kaluga, woran eine Gedenktafel an dem Haus erinnert.[13] Ihre letzten Jahre verbrachte Tur bei ihrer ältesten Tochter Marija Andrejewna Salias-de-Tournemire (1838–1906) in Warschau, die 1861 Oberst Josef Gurko geheiratet hatte.[3][14] Die jüngste Tochter Olga Andrejewna Salias-de-Tournemire (1842–1917) hatte den Juristen Konstantin Schukow geheiratet, der später Generalgouverneur des Gouvernements Kaluga wurde.
↑CII. [-CVI. Fortsetzung des Kirchen-Registers der herzoglich wirtembergischen Haupt- und Residenz-Stadt Stuttgard, worin die im Jahrgang 1795 [-1799]. die daselbst geschehene Proclamationen, Copulationen, Taufen, Gevatterschaften, Confirmationen und Sterbefälle richtig angezeigt worden. Stuttgart. Tiedemann, Johann Heinrich: Fortsetzung des Kirchen-Registers der königlich Württemberg’schen Haupt- und Residenz-Stadt Stuttgart, 1838, F. In der katholischen Stadt-Pfarr-Kirche.] (abgerufen am 19. Januar 2024).
↑Салиас Е. А.: Письма к матери. In: Лица : биографический альманах. 8. Auflage. Studia Biographica, St. Petersburg 2001, ISBN 5-86007-246-5, S.195–233.
↑Тургенев И. С.: Собр. соч. в 12 т. Moskau 1956, S.С. С. 121, 134.
↑Достоевский Ф.М.: ПСС. Nauka, Leningrad 1979, S.С. С. 146, 311–312.