Isländisch (isländisch íslenska) ist eine Sprache aus dem germanischen Zweig der indogermanischen Sprachfamilie. Sie ist die Amtssprache in Island. Derzeit wird Isländisch von etwas mehr als 300.000 Menschen im täglichen Sprachgebrauch verwendet.[2] In Abgrenzung vom Altisländischen wird die Sprache vor allem im linguistischen Kontext auch als Neuisländisch bezeichnet.
Das heutige Isländisch geht auf das Altisländische zurück, das im Hoch- und Spätmittelalter gesprochen und geschrieben wurde. Die Siedler Islands stammten zu einem großen Teil von der Südwestküste Norwegens,[3] weshalb Altisländisch und Altnorwegisch sich nur marginal unterschieden und noch heute zwischen den südwestnorwegischen Dialekten, dem Isländischen sowie dem Färöischen die verhältnismäßig größte Nähe besteht.[4] Die Isolation Islands hat allerdings dazu geführt, dass es sich (zusammen mit dem Färöischen) in den letzten tausend Jahren im Bereich der Formenlehre (Morphologie) kaum verändert hat und somit noch heute dem Altnordischen ähnelt.[5]Grammatikalische Eigenheiten, die in anderen Sprachen im Laufe ihrer Entwicklung reduziert oder ganz aufgegeben wurden, blieben im Isländischen weitestgehend erhalten, wogegen das Lautsystem – besonders der Vokalismus – sich erheblich geändert hat.[6]
Im Laufe der frühen Neuzeit war das Isländische allerdings vielen Einflüssen aus dem Dänischen beziehungsweise dem Niederdeutschen unterworfen.[7] So war die Übersetzung des Neuen Testaments von Oddur Gottskálksson 1540 stark dänisch-deutsch beeinflusst (zahlreiche mit for- präfigierte Verben wie forheyra, forganga, forlíkja, fornema, forblinda, forlíta usw., dann auch etwa blífa, skikka, bítala, dára, slekti usw.). Die Übersetzung von Corvinus Postilla (1546) führte weitere Teutonismen wie bíkenna, innplantaður, fortapaður ein. Auch die Korrespondenz von Bischof Gissur Einarsson von Skálholt (16. Jahrhundert) weist zahlreiche niederdeutsche Einflüsse auf wie hast, forskulda, fornægilse, bilæti, hýra und befalning auf. Erst die Bibelübersetzung von Bischof Guðbrandur Þorláksson von 1584 zeigt weniger ausländischen Einfluss. Das 17. Jahrhundert wird von Halldór Hermannsson als Epoche des „stetigen Niedergangs der Sprache“ bezeichnet. Gleichzeitig wurde allerdings mit dem Sammeln alter Schriften begonnen, und drei Wörterbücher (1650, 1654/83, 1691) sowie die Grammatik von Runólfur Jónsson (1651) zeigen erste Gegenbewegungen an. Berichte von Eggert Ólafsson und Björn Pálsson, die im 18. Jahrhundert mit Unterstützung der Dänischen Akademie der Wissenschaften Island bereisten, sowie von Árni Magnússon und Páll Vídalín besagten, dass „bestes, reinstes“ Isländisch im Osten der Insel gesprochen werde, gutes auch im Norden, wogegen der Süden unter dem Einfluss der Händler, der Lateinschule in Skálholt und der Reformation „völlig korrumpiert“ sei. Im Norden hingegen stütze die Presse in Hólar sowie die Sitte, die alte Sagaliteratur laut vorzulesen, die alte Sprache. Eggert Ólafsson zeigte großes Engagement für die isländische Sprache, musste allerdings für seine Werke ein Glossar zur Erklärung seines archaischen Wortschatzes und seiner Rechtschreibung veröffentlichen. Auf der andern Seite plädierte in dieser Zeit der Rektor von Skálholt für die vollständige Einführung des Dänischen. Vonseiten Dänemarks gab es jedoch nie Versuche, Island zu danisieren; vielmehr hatten mehrere königliche Reskripte (1743 betreffend die Schule, 1751 betreffend die Zweisprachigkeit der Gesetze, 1753 betreffend den Gebrauch des Isländischen in Petitionen) zum Ziel, die Rechte des Isländischen festzuhalten – Absichten, die freilich in der Praxis oft nur ungenügend umgesetzt wurden.
Die Wende kam um 1800:[7] 1779 wurde die Isländische Literaturgesellschaft (Hið íslenzka Lærdómslistafélag) gegründet; 1811 veröffentlichte Rasmus Christian Rask – der sich bei seinem vorangehenden Besuch der Insel über die isländisch-dänische Mischsprache in Reykjavík gewundert hatte[8] – seine altisländische Grammatik (Vejledning til det islandske eller gamle nordiske Sprog), 1814 Björn Halldórsson sein dreisprachiges Lexicon Islandico-Latino-Danicum, und 1814/18 gewann Rask die Preisfrage der Königlich Dänischen Akademie zum Thema Altnordisch mit seiner Schrift Undersøgelse om det gamle nordiske eller islanske Sprogs Oprindelse („Untersuchung zum Ursprung der alten nordischen oder isländischen Sprache“). Bei einem Besuch auf Island war er entsetzt über den Zustand der Sprache im Süden der Insel, worauf er 1816 die Isländische Literarische Gesellschaft gründete. Im gleichen Jahr gab die isländische Bibelgesellschaft eine neue, sprachlich sorgfältige Übersetzung der Heiligen Schrift heraus, der in kurzen Abständen weitere Revisionen folgten. 1835 wurde die sprachpflegerische Publikation Fjölnir gegründet. Ab 1844 mussten dänische Beamte auf Island die Landessprache beherrschen, und 1848 wurde an der Universität Kopenhagen eine Professur für Isländisch eingerichtet. Gestritten wurde hingegen noch lange um die Orthographie: Nachdem im Zusammenhang mit der Übersetzung der Bibel nach dänischem Vorbild beispielsweise die Großschreibung der Substantive und die Buchstabenkombination aa für altes á um sich gegriffen hatten, kam es im frühen 19. Jahrhundert zur Rückbesinnung auf die altisländische Schreibweise: So führte beispielsweise 1827 das Íslenzka Bókmentafélag den Buchstaben ð wieder ein. Andere Versuche, etwa von Konráð Gíslason und von journalistischer Seite, die Schreibweise der realen Aussprache anzupassen, konnten sich dagegen nicht durchsetzen, und aussprachenahe Schreibungen wie je wurden im 19. Jahrhundert wieder durch das etymologisierende altisländische é ersetzt. Überhaupt kamen im Rahmen zunehmender Loslösungsbestrebungen auch sprachpflegerische Ideen auf: Um die eigene Sprache von Einflüssen der dänischen Herrscher zu reinigen, wurde das Isländische anhand alter Schriftquellen rekonstruiert.[9] 1918 schließlich wurde die Rechtschreibung mittels eines offiziellen Wörterbuchs der Regierung, das für Verwaltung und Schule Geltung hatte, amtlich festgelegt.
Das Isländische weist nur eine geringe dialektale Vielfalt auf, ganz im Gegensatz zum benachbarten Färöischen, das aufgrund der geographischen Struktur des Archipels eine große Anzahl unterschiedlicher Dialekte kennt. Während sich im Färöischen innersprachliche Unterschiede in allen linguistischen Subsystemen (Lautbildung, Formenbildung, Satzbildung und Wortschatz) bemerkbar machen, beschränken sie sich im Isländischen nahezu ausschließlich auf die phonetisch-phonologische Ebene und betreffen die anderen Bereiche lediglich in geringfügigem Ausmaß.[10]
Das älteste im Original erhaltene Dokument in isländischer Sprache ist der Reykjaholtsmáldagi. Schon vor der Niederschrift der Edda und anderer dichterischer Werke (vermutlich ab dem 12. Jahrhundert) gab es in Island und anderen Teilen der nordischen Welt eine besondere Dichtersprache, in der nach bestimmten Regeln oft hochformalisierte Gedichte verfasst wurden. Die Dichter, die diese Gedichte in altwestnordischer (altisländischer) Sprache verfassten und vortrugen, nannte man „Skalden“. Sie benutzten poetische Umschreibungen (Kenninge und Heiti), die auf Figuren und deren Taten aus (nord-)germanischen Heldensagen und der (nord-)germanischen Mythologie anspielten.
Wortschatz
Reiche Differenzierungen
Das Isländische bietet in vielen Bereichen reiche Differenzierungen. So lautet etwa die Übersetzung des Wortes „gefleckt“ – je nachdem, auf welches Tier sich das Wort bezieht – skjöldóttur (Kuh), flekkóttur (Schaf) oder skjóttur (Pferd). Das Isländische unterscheidet des Weiteren zwischen Seehundmännchen (brimill) und -weibchen (urta), männlichem Lamm (gimbill) und weiblichem Lamm (gimbur) usw.
Fremdwörter
Man achtet konsequent darauf, die Übernahme von Fremdwörtern so gering wie möglich zu halten. Neue Bezeichnungen erschafft man in der Regel aus dem vorhandenen Wortschatz. So entstand das Wort für „Computer“, tölva, aus den Worten tala, „Zahl“, und völva, „Wahrsagerin, Seherin“. Der Begriff für „Aids“, alnæmi, wurde aus al-, „all-“, und næmi, „Empfindlichkeit“, gebildet. Ein ähnliches Wort ist skrifstofa („Schreibstube“) für Büro.
Dennoch gibt es eine beträchtliche Anzahl älterer Lehnwörter wie hótel („Hotel“) oder prestur („Priester“). Ein Anschwellen von Anglizismen ist ähnlich wie im Deutschen seit den 1950er Jahren zu bemerken. Seit 1964 besteht darum in Island ein eigenes Komitee, das für neue Begriffe rein isländische Ausdrücke findet.
Alphabet
Das isländische Alphabet (erste Tabelle) umfasst 32 Buchstaben, die größtenteils den lateinischen entsprechen. Die regulären Vokalzeichen (einschließlich y, aber außer æ und ö) gibt es in einer zweiten Form mit Akzent. Die Buchstaben C, W, Q und Z kommen in isländischen Wörtern nicht vor. Im Fall des Buchstabens Z ist dies Folge einer nicht von jedem Schreiber befolgten Rechtschreibreform im 20. Jahrhundert. Zusätzlich zu den lateinischen gibt es die Buchstaben Ð/ð (stimmhaft, wie „weiches“ englisches th, wie z. B. in Englisch „this“ – aber mit heruntergebogener Zungenspitze, desgleichen der folgende), Þ/þ (dieser Buchstabe stammt aus dem Runen-Alphabet und wird stimmlos wie ein „hartes“ englisches th ausgesprochen wie in thing [θ]), Æ/æ (wie deutsches ei [ai̯]) und Ö/ö (wie deutsches ö [ø]). Zu beachten ist, dass die Buchstaben þ, æ und ö erst am Ende des Alphabets nach dem ý eingereiht sind. Die zweite Tabelle zeigt die Unicode-Nummern und die Tastenkombinationen unter Windows und X11 für die spezifisch isländischen Buchstaben.
Bei den Plosiven hat das isländische Lautsystem eher einen Aspirations-Kontrast als einen Kontrast der Stimmhaftigkeit. Präaspirierte stimmlose Plosive sind ebenfalls anzutreffen. Die isländischen Frikative und Sonoranten zeigen regelmäßige Kontraste in der Stimmhaftigkeit. Das gilt auch für die Nasale, was in den Sprachen der Welt ein seltenes Phänomen ist. Darüber hinaus ist Länge kontrastiv für alle Phoneme mit Ausnahme der stimmlosen Sonoranten. Die Tabelle der Konsonantenphoneme und ihrer Allophone folgt der Darstellung bei Scholten (2000, S. 22).
Die stimmhaften Frikative [v], [ð], [j] und [ɣ] erscheinen meistens weiter geöffnet als Approximanten (beispielsweise wird [v] zu [ʋ] und [ɣ] zu [ɰ]).
Der Status von [c] und [cʰ] als Phoneme oder als Allophone von /k/ und /kʰ/ ist Gegenstand der Diskussion. Auf der einen Seite impliziert das Vorhandensein von Minimalpaaren wie gjóla[couːla] „leichter Wind“ versus góla[kouːla] „Schrei“ und kjóla[cʰouːla] „Kleider“ versus kóla[kʰouːla] „Cola“, dass die palatalen Plosive Phonemstatus besitzen.
Nur die palatalen, nicht die velaren Plosive, können aber vor vorderen Vokalen erscheinen, und einige Linguisten (vgl. Rögnvaldsson 1993) plädieren daher für die zugrundeliegenden Formen [couːla] und [cʰouːla] für /kjoula/ und /kʰjoula/ sowie für einen phonologischen Prozess, der /k(ʰ)j/ in [c(ʰ)] überführt. Ob dieser Ansatz, der mit der Orthographie und Sprachgeschichte konformgeht, eine synchrone Realität darstellt, ist umstritten, da die zugrundeliegenden Formen in der Linguistik spekulativ und nicht messbar sind.
Die dentalen Frikative [θ] und [ð] sind Allophone eines Phonems. [θ] erscheint wortinitial, wie in þak[θaːk] „Dach“, und vor stimmlosem Konsonanten, wie in maðkur[maθkʏr] „Wurm“. [ð] steht intervokalisch, wie in iða[ɪːða] „Strudel“, und final wie in bað[paːð] „Bad“, kann aber am Phrasenende auch zu [θ] entstimmt werden.
Von den stimmlosen Nasalen erscheint nur [n̥] in wortinitialer Position, wie in hné[n̥jɛː] „Knie“. In letzter Zeit gibt es eine Tendenz, vor allem unter jungen Leuten, die Stimmlosigkeit hier aufzuheben (Beispiel hnífur[nivʏr] „Messer“ statt [n̥ivʏr]). Der palatale Nasal steht vor palatalem Plosiv, die velaren vor velaren Plosiven. [ŋ] steht auch vor [l] und [s], wegen des Ausfalls von [k] in den Konsonantenverbindungen [ŋkl] und [ŋks].
Die präaspirierten [hp ht hc hk] (zum Beispiel löpp[lœhp] „Fuß“) erscheinen nicht wortinitial. Die Doppelbuchstaben ⟨pp tt kk⟩ werden in der Regel nicht länger als die einfachen Konsonanten ⟨p t k⟩ gesprochen; sie bewirken aber eine Verkürzung des vorangehenden Vokals. Sie können aber situativ lang gesprochen werden, so unter anderem beim Sprechen mit kleinen Kindern.
Vokale
Das Isländische hat 13 Vokalphoneme: 8 Monophthonge und 5 Diphthonge. Alle Vokale, auch die Diphthonge, können sowohl lang als auch kurz auftreten. Die Vokallänge ist aber kontextabhängig und damit nicht distinktiv.
Vokallänge ist im Isländischen vorhersagbar (Orešnik und Pétursson 1977). Betonte Vokale oder Diphthonge sind generell länger als unbetonte. Nur betonte Vokale können aber auch phonologisch lang sein. Langvokale treten auf:
Im Deutschen sind alle langen i gespannt, alle kurzen i nicht; im Isländischen existieren dagegen alle vier Möglichkeiten. Die Schrift unterscheidet das gespannte i durch das Akzentzeichen.
Morphologie (Formenlehre)
Das Isländische verfügt über eine reichhaltige Vielfalt an Formen bei den flektierbaren Wortarten Pronomen, Substantiv, Verb, Adjektiv und Zahlwort, die eine ziemliche Schwierigkeit beim Erlernen der Sprache darstellen. Im Folgenden sind Flexionsbeispiele für alle relevanten Wortklassen aufgeführt.
Personalpronomen
Im Isländischen werden Personalpronomina wie im Deutschen durch vier Fälle gebeugt. In der 3. Person werden drei Geschlechter (Genera) unterschieden, die zusätzlich durch ein geschlechtsneutrales Pronomen ergänzt werden. Dieses geschlechtsneutrale hán wurde dem schwedischenhen und dem finnischenhän nachgeahmt.[11][12] Es ist noch nicht klar, in welchem Ausmaß sich das Wort durchsetzt. Eine Übersicht über die Flexion der Personalpronomina:
Singular
1. Person
2. Person
3. Person (m)
3. Person (f)
3. Person (n)
3. Person (geschlechtsneutral)
nom:
ég (ich)
þú (du)
hann (er)
hún (sie)
það (es)
hán
akk:
mig (mich)
þig (dich)
hann (ihn)
hana (sie)
það (es)
hán
dat:
mér (mir)
þér (dir)
honum (ihm)
henni (ihr)
því (ihm)
háni
gen:
mín (meiner)
þín (deiner)
hans (seiner)
hennar (ihrer)
þess (seiner)
háns
Anders als im Deutschen findet eine Unterscheidung nach Geschlechtern auch im Plural der 3. Person statt. Dabei wird die Neutrumform þau für gemischte Personengruppen und damit am häufigsten verwendet; die maskuline und feminine Form passen nur für Gruppen mit identischem Geschlecht.
Plural
1. Person
2. Person
3. Person (m)
3. Person (f)
3. Person (n)
3. Person (geschlechtsneutral)
nom:
við (wir)
þið (ihr)
þeir (sie)
þær
þau
akk:
okkur (uns)
ykkur (euch)
þá (sie)
þær
þau
dat:
okkur (uns)
ykkur (euch)
þeim (ihnen)
gen:
okkar (unser)
ykkar (euer)
þeirra (ihrer)
Zur Anrede einer Person dient im Isländischen stets das Pronomen þú, es wird also – wie heute in skandinavischen Ländern üblich – grundsätzlich geduzt (und jeder mit dem Vornamen angesprochen). Nur den Präsidenten oder Bischof des Landes spricht man bei festlichen Anlässen mit dem ansonsten veralteten Höflichkeitspronomen þér (gen.: yðar, dat. und akk.: yður) an. Des Weiteren existiert in Gedichten oder auch in der Nationalhymne noch die Form vér „wir“ (gen.: vor, dat. und akk.: oss) statt við (die im Altnordischen noch die Bedeutung „wir beide“ hatte).
Reflexivpronomen
Anders als das Deutsche unterscheidet das Isländische beim Reflexivpronomen (Dt.: sich) verschiedene Kasusformen:
Kasus
Reflexiv
akk.
sig
dat.
sér
gen.
sín
Eine weitere Besonderheit des isländischen Reflexivums, die es im Deutschen nicht gibt, ist der logophorische Gebrauch dieses Pronomens (Details siehe im verlinkten Artikel).
Fragepronomina und -adverbien
Fragepronomina unterscheiden nach den drei Genera:
Singular
Plural
maskulin
feminin
neutrum
maskulin
feminin
neutrum
Wer?
Wer?
Wer?
Was?
Wer?
Wer?
Wer?/Was?
nom:
hver
hver
hvert
hvað
hverjir
hverjar
hver
akk:
hvern
hverja
hvert
hvað
hverja
hverjar
hver
dat:
hverjum
hverri
hverju
hverju
hverjum
gen:
hvers
hverrar
hvers
hvers
hverra
Weitere wichtige Frageadverbien sind überdies: hvar „wo“, hvenær „wann“, hve „wie“, hvernig „wie, auf welche Weise“, af hverju „warum“, hvert „wohin“, hvaðan „woher“.
Zahlwörter
Die Zahlwörter für 1 bis 4 werden im Isländischen flektiert und müssen mit dem jeweils betreffenden Substantiv in Genus und Kasus kongruieren:
„eins“
„zwei“
„drei“
„vier“
maskulin
feminin
neutrum
maskulin
feminin
neutrum
maskulin
feminin
neutrum
maskulin
feminin
neutrum
nom:
einn
ein
eitt
tveir
tvær
tvö
þrír
þrjár
þrjú
fjórir
fjórar
fjögur
akk:
einn
eina
eitt
tvo
tvær
tvö
þrjá
þrjár
þrjú
fjóra
fjórar
fjögur
dat:
einum
einni
einu
tveim(ur)
þrem(ur)
fjórum
gen:
eins
einnar
eins
tveggja
þriggja
fjög(ur)ra
Beim Abzählen usw. verwenden Isländer üblicherweise die maskulinen Formen der Numeralia. Hausnummern werden jedoch im Neutrum angegeben.
Ein Überblick über die wichtigsten unflektierbaren Kardinalzahlen:
5 bis 12
13 bis 20
30 bis 100
200 +
5
fimm
13
þrettán
30
þrjátíu
200
tvö hundruð
6
sex
14
fjórtán
40
fjörutíu
300
þrjú hundruð
7
sjö
15
fimmtán
50
fimmtíu
etc.
8
átta
16
sextán
60
sextíu
1000
(eitt/ein) þúsund (n/f)
9
níu
17
sautján
70
sjötíu
2000
tvö þúsund (n)/ tvær þúsundir (f)
10
tíu
18
átján
80
áttatíu
11
ellefu
19
nítján
90
níutíu
etc.
12
tólf
20
tuttugu
100
(eitt) hundrað (n)
1.000.000
(ein) milljón (f)
Eine vertiefende Übersicht der Zahlen ist im Wikiwörterbuch einzusehen (isländisch, deutsch).
Substantive
Isländische Substantive werden ebenso wie deutsche in drei Genera unterteilt, nämlich Maskulina, Feminina und Neutra. Diese drei Genera werden im Unterschied zum Deutschen auch im Plural unterschieden. Dabei wird jedes Wort seinem Genus entsprechend flektiert; außerdem gibt es innerhalb der Genera verschiedene Flexionsklassen.
Innerhalb des Paradigmas eines Substantivs gibt es jeweils vier Fälle (Kasus), die den vier deutschen Fällen Nominativ, Genitiv, Dativ und Akkusativ entsprechen; diese werden durch Anfügen einer Flexionsendung an den Wortstamm gebildet. Im Plural gibt es für Dativ (-um) (fast immer) und Genitiv (-a) (ausnahmslos) einheitliche Flexionsendungen, gleich welchem Genus sie angehören.
Als Beispiel für ein Maskulinum der starken Flexionsklasse M1 dient das Wort hestur „Pferd“:
M1
Singular
Plural
Singular
Plural
nom:
hestur
hestar
hesturinn
hestarnir
akk:
hest
hesta
hestinn
hestana
dat:
hesti
hestum
hestinum
hestunum
gen:
hests
hesta
hestsins
hestanna
In der linken Hälfte der Tabelle wird das Wort ohne Artikel flektiert, in der rechten dagegen mit bestimmtem Artikel, der dem deutschen „das Pferd, des Pferdes etc.“ entspricht.
Einen unbestimmten Artikel gibt es im Isländischen nicht.
Ähnlich flektiert dalur „Tal“ aus M2, der sogenannten i-Klasse:
M2
Singular
Plural
Singular
Plural
nom:
dalur
dalir
dalurinn
dalirnir
akk:
dal
dali
dalinn
dalina
dat:
dal
dölum
dalnum
dölunum
gen:
dals
dala
dalsins
dalanna
Ein Beispiel für die Deklination starker Feminina ist borg „Stadt“:
F1
Singular
Plural
Singular
Plural
nom:
borg
borgir
borgin
borgirnar
akk:
borg
borgir
borgina
borgirnar
dat:
borg
borgum
borginni
borgunum
gen:
borgar
borga
borgarinnar
borganna
Folgende Regelmäßigkeiten treffen auf die meisten Deklinationen zu:
der Akkusativ Singular eines Maskulinums entspricht seinem Stamm
Nominativ und Akkusativ Singular sind – wie in allen indogermanischen Sprachen – bei Neutra aller Wortklassen identisch
Nominativ und Akkusativ Plural sind bei Feminina und Neutra miteinander identisch, bei Maskulina nicht
der Dativ Plural endet immer auf -um; mit dem bestimmten Artikel verschmilzt diese Endung zu -unum. Ausnahmen gibt es doch, wenn der Vokal „breit“ ist. Beispiele sind kýr (Kuh) mit Dativ Plural kúm, á (Fluss) mit Dativ Plural ám oder kló (Kralle) mit Dativ Plural klóm.
der Genitiv Plural endet immer auf -a, mit bestimmtem Artikel auf -anna
die Artikelflexion ist innerhalb eines Genus immer identisch (bis auf i-Einschübe, wenn zu viele Konsonanten aufeinandertreffen würden)
Ein weiteres Beispiel aus der Klasse der starken Neutra ist borð „Tisch“:
N1
Singular
Plural
Singular
Plural
nom:
borð
borð
borðið
borðin
akk:
borð
borð
borðið
borðin
dat:
borði
borðum
borðinu
borðunum
gen:
borðs
borða
borðsins
borðanna
Es zeigen sich Übereinstimmungen bei der Flexion von starken Maskulina und Neutra:
die Endung für den Genitiv bzw. Dativ Singular ist -s bzw. -i. (Die Maskulina können jedoch die Genitivendung -ar haben, und mit dem -i im Dativ kann man bei Maskulina auch nicht rechnen).
Sowohl im Singular als auch im Plural sind bei einem Neutrum Nominativ und Akkusativ identisch (wie in allen indogermanischen Sprachen).
u-Umlaut
Bei der Nominalflexion tritt im Isländischen der u-Umlaut auf. Dieser betrifft Substantive mit Stammvokal -a- unabhängig von ihrem Geschlecht; der Stammvokal wird dabei zu -ö- umgelautet, wenn ihm in der unbetonten Silbe (also in der Kasusendung) ein -u- nachfolgt; da dieses -u- jedoch im Laufe der isländischen Sprachgeschichte bereits geschwunden sein kann, merke man sich folgende Regel:
Der Umlaut a > ö tritt ein
im gesamten Singular der starken Feminina außer im Genitiv
im Nominativ und Akkusativ Plural der Neutra
im Dativ Plural bei allen Genera
Beispiele für ein starkes Femininum der zuvor bereits gezeigten Klasse F1, vör „Lippe“, sowie ein starkes Neutrum der Klasse N1, land „Land“ sehen folgendermaßen aus (Umlaute sind fett hervorgehoben):
Singular
Plural
Singular
Plural
nom:
vör
varir
land
lönd
akk:
vör
varir
land
lönd
dat:
vör
vörum
landi
löndum
gen:
varar
vara
lands
landa
Da u-Umlaut bei Feminina im Nominativ Singular auftritt und diese Form auch im Wörterbuch das Lemma bildet, ist dies bei der Flexion besonders zu beachten.
Verben
Wie im Deutschen teilt sich das System der isländischen Verben in eine Gruppe starker Verben und eine Gruppe schwacher Verben. Es existieren dennoch einige Verben, die zwischen beiden Gruppen schwanken. Innerhalb der schwachen Verben gibt es vier Gruppen, von denen die größte W4, die sog. a-Klasse, ist. Als Beispiel sei das Paradigma von hjálpa „helfen“ aufgeführt: dabei ist dessen Themavokal -a-, die Endungen dahinter erscheinen kursiv:
W4
Präs. Sg.
Präs. Pl.
Prät. Sg.
Prät. Pl.
1)
ég hjálpa
við hjálpum
ég hjálpaði
við hjálpuðum
2)
þú hjálpar
þið hjálpið
þú hjálpaðir
þið hjálpuðuð
3)
hann hjálpar
þeir hjálpa
hann hjálpaði
þeir hjálpuðu
Hjálpa (Altisländisch hjalpa) war übrigens ursprünglich ein starkes Verb wie im Deutschen. Ein Rest davon befindet sich in dem Adjektiv (ursprünglich das Präteritum Perfekt) hólpinn, gerettet, geborgen.
In der linken Hälfte der Spalte finden sich die Indikativformen des Präsens, in der rechten die des Präteritums, welches bei Verben der Klasse W4 mit dem Suffix -að- (Singular) bzw. -uð- (Plural) gebildet wird.
Weiters ein Beispielverb der i-Klasse mit Themavokal -i- im Präsens Singular: reyna „versuchen“. Das Präteritalsuffix zeigt hier die Form -d-:
W3
Präs. Sg.
Präs. Pl.
Prät. Sg.
Prät. Pl.
1)
ég reyni
við reynum
ég reyndi
við reyndum
2)
þú reynir
þið reynið
þú reyndir
þið reynduð
3)
hann reynir
þeir reyna
hann reyndi
þeir reyndu
Zur sog. Nullklasse der schwachen Verben gehört telja „zählen“, welches im Präteritum Rückumlaut e > a/ö zeigt. Diese Verben haben keinen Themavokal, zeigen jedoch j-Suffix im Präsens Plural:
W1
Präs. Sg.
Präs. Pl.
Prät. Sg. (Rückumlaut)
Prät. Pl. (Rückumlaut)
1)
ég tel
við teljum
ég taldi
við töldum
2)
þú telur
þið teljið
þú taldir
þið tölduð
3)
hann telur
þeir telja
hann taldi
þeir töldu
Starke Verben flektieren wie die Klasse W1 im Präsens, zeigen jedoch, falls möglich Umlaut im Singular (a > e, o > e, ó > æ, ú > ý). Das Präteritum wird nicht mittels Dentalsuffix, sondern (wie im Deutschen) durch Ablautung des Stammvokals gebildet – als Beispiel taka „nehmen“ aus der 6. Gruppe (Ablautreihe) der starken Verben:
S6
Präs. Sg. (Umlaut)
Präs. Pl.
Prät. Sg. (Ablaut)
Prät. Pl. (Ablaut)
1)
ég tek
við tökum
ég tók
við tókum
2)
þú tekur
þið takið
þú tókst
þið tókuð
3)
hann tekur
þeir taka
hann tók
þeir tóku
Nicht aufgeführt sind die Konjunktivformen der einzelnen Verbklassen.
Eine detailliertere Übersicht der schwachen und starken Verben ist im isländischen Wiktionary zu finden.
Adjektive
Im Isländischen existieren starke und schwache Adjektivdeklinationen, deren Wahl von der Determination des Substantives resp. der prädikativen Stellung des Adjektivs abhängt. Kasus, Numerus und Genus des Adjektivs sind mit denen des Substantives kongruent.
Die starke Deklination kann am Beispiel des Adjektivs veik- „krank“ in allen drei Genera demonstriert werden:
Singular
maskulin
feminin
neutrum
nom:
veikur
veik
veikt
akk:
veikan
veika
veikt
dat:
veikum
veikri
veiku
gen:
veiks
veikrar
veiks
Wie bei den Personalpronomina wird auch bei den Adjektiven im Plural zwischen den Genera unterschieden; es gibt allerdings Einheitsendungen im Genitiv und Dativ:
Plural
maskulin
feminin
neutrum
nom:
veikir
veikar
veik
akk:
veika
veikar
veik
dat:
veikum
veikum
veikum
gen:
veikra
veikra
veikra
Die schwache Deklination entspricht im Singular den schwachen Substantivdeklinationen und kann am Beispiel des Adjektives rík- „reich“ gezeigt werden:
Singular
maskulin
feminin
neutrum
nom:
ríki
ríka
ríka
akk:
ríka
ríku
ríka
dat:
ríka
ríku
ríka
gen:
ríka
ríku
ríka
Die einheitliche Pluralendung aller Genera lautet in der schwachen Adjektivflexion u.
Vertiefend hierzu kann der Anhang zu Adjektiven im isländischen Wörterbuch genannt werden.
Syntax
Wortstellung
Isländisch ist wie alle skandinavischen Sprachen eine Verb-Zweit-Sprache auf der Basis einer Subjekt-Verb-Objekt-Abfolge. Im Unterschied zu den festlandskandinavischen Sprachen trifft man die Verbzweitform auch in den meisten Nebensätzen an (außer eingebetteten Fragesätzen).[13]
Im Vergleich mit dem Deutschen sieht man, dass in Hauptsätzen die Verbzweitregel wie im Deutschen vorliegt, nur dass im Satzinneren im Isländischen die nicht vorangestellten Reste eine Abfolge „S-Aux-V-O-Adv“ bilden („Aux“ steht für das Hilfsverb), wogegen das Deutsche im Satzinneren nach den ersten beiden Positionen eine Restabfolge „S-Adv/O-V-Aux“ zeigt. Man vergleiche die folgenden Beispiele, wo die V2-Stellung jeweils durch das Hilfsverb („Aux“) eingenommen wird, da dieses das finite Verb ist:[14]
Isländisch
Deutsch
Hauptsatz: V2 mit Subjekt eingeleitet
Nokkrir stúdentar höfðu séð þessa mynd í fyrra.
„Einige Studenten hatten letztes Jahr diesen Film gesehen.“
S – Aux – [ V – O – Adv]
S – Aux – [ Adv – O – V]
Hauptsatz: V2 mit Adverbial eingeleitet
Í fyrra höfðu nokkrir stúdentar séð þessa mynd
„Letztes Jahr hatten einige Studenten diesen Film gesehen“
Adv – Aux – [S – V – O]
Adv – Aux – [S – O – V]
Hauptsatz: V2 mit Objekt eingeleitet
Þessa mynd höfðu nokkrir stúdentar séð í fyrra
„Diesen Film hatten einige Studenten letztes Jahr gesehen“
O – Aux – [S – V – Adv]
O – Aux – [S – Adv – V]
Nebensatz mit Konjunktion + V2:
Jón efast um að [á morgun fari María snemma á fætur].
(i. S. v. „Hans bezweifelt, dass [morgen werde Maria früh aufstehen].“)
Als Besonderheit der isländischen Sprache gilt die Erscheinung, dass Sätze gebildet werden können, in denen kein Nominativ vorkommt, sondern nur Akkusativ- bzw. Dativergänzungen stehen, oder wo ein Nominativ als rangniedrigeres Argument nach dem Dativ bzw. Akkusativ folgt. In solchen Fällen können Dativ- bzw. Akkusativergänzungen im Isländischen teilweise dann Subjekteigenschaften aufweisen; in der Linguistik wird dies auch als „quirky case“ bezeichnet. Die isländische Bezeichnung für solche Sätze ohne Nominativsubjekt ist ópersónuleg sögn, das heißt „unpersönliches Verb“.
Höskuldur Thráinsson: Icelandic. In: The Germanic Languages. Hrsg. von Ekkehard König und Johan van der Auwera. Routledge, London / New York 1994, ISBN 0-415-05768-X, S. 142–189.
Grammatiken
Bruno Kress: Isländische Grammatik. Verlag Enzyklopädie, Leipzig 1982.
↑Andreas Heusler: Altisländisches Elementarbuch (= Germanistische Bibliothek. Erste Reihe: Sprachwissenschaftliche Lehr- und Elementarbücher). 5., unveränderte Auflage. Carl Winter, Heidelberg 1962, S. 7.
↑Vgl. Klaus-Christian Küspert: Vokalsysteme im Westnordischen: Isländisch, Färöisch, Westnorwegisch. Prinzipien der Differenzierung (= Linguistische Arbeiten. 198). Niemeyer, Tübingen 1988.
↑Kurt Braunmüller: Die skandinavischen Sprachen im Überblick. Francke, Tübingen/Basel 1991, ISBN 3-7720-1694-4. Abschnitte: Isländisch, Kurzcharakteristik und Färöisch, Kurzcharakteristik.
↑Magnús Pétursson: Drög að hljóðkerfisfræði. Iðunn, Reykjavík 1978, S. 35 f.
↑ abDas Folgende nach Halldór Hermannsson: Modern Icelandic (= Islandica. XII). Cornell, New York 1919, Nachdruck Kraus, New York 1966, passim.
↑Oskar Bandle: Skandinaviens verborgene Kulturen. In: unizürich. Mitteilungsblatt des Rektorates der Universität Zürich 3, 1988, S. 4.
↑Über die Entwicklung der Sprachpflege in Island und ihre gegenwärtigen Tendenzen informiert der Aufsatz von Betty Wahl: Kann man eine Sprache »reinhalten«? Das Beispiel des Isländischen. In: Der Sprachdienst, 54, Heft 2, 2010, S. 42–54.
↑Kurt Braunmüller: Die skandinavischen Sprachen im Überblick. Francke, Tübingen und Basel 1991, ISBN 3-7720-1694-4, S. 224.
↑Vikner, Sten (1995): Verb movement and expletive subjects in the Germanic languages. Oxford University Press.
↑Beispiele der isländischen V2-Hauptsätze hier aus Höskuldur Thráinsson (2007), S. 23, teils leicht vereinfacht; letztes Beispiel mit eingebettetem V2 aus Vikner 1995, S. 72
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