Igor Kurtschatow kam in einem Dorf im Gouvernement Ufa, das heute zur Stadt Sim in der russischenOblast Tscheljabinsk gehört, zur Welt. Er studierte Physik an der staatlichen Universität in Simferopol sowie Schiffbau am polytechnischen Institut in Petrograd. 1925 wechselte er an das physio-technische Institut, wo er unter Abram Joffe an verschiedenen Problemen der Radioaktivität forschte. Dorthin kam auch sein jüngerer Bruder Boris Wassiljewitsch Kurtschatow (1905–1972), der später wesentlich an der Lösung chemischer Probleme im sowjetischen Kerntechnik-Programm beteiligt war. Ab 1932 erhielt er Geldmittel, mit denen er ein Team von Nuklearforschern finanzieren konnte.
Nach dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion 1941 war Kurtschatow in der Rüstungsindustrie tätig. Zuerst konstruierte er eine Schutzvorrichtung für Schiffe gegen Minen. Später arbeitet er an der Verbesserung des Panzerschutzes der sowjetischen Panzer.
1943 erhielt der sowjetische Geheimdienst NKWD eine Kopie eines britischen Geheimreports über die Möglichkeiten von Atomwaffen (den Bericht der MAUD-Kommission), was Stalin trotz der knappen Ressourcen während des Krieges dazu veranlasste, ein sowjetisches Atomwaffenprogramm zu initiieren. Stalin empfahl dem damaligen Außenminister Molotow daraufhin die Mitarbeit von Kurtschatow. Kurtschatow wurde schließlich zum Direktor des Programms ernannt. Sein Bruder Boris gehörte zu seinen Mitarbeitern. Das sowjetische Atombomben-Projekt erhielt zuerst nur eine relativ geringe Priorität, bis die Informationen des Spions Klaus Fuchs und die atomare Zerstörung von Hiroshima und Nagasaki die Aufmerksamkeit von Stalin auf die Atombombe lenkten. Stalin befahl Kurtschatow die Produktion einer Bombe bis 1948 und setzte den Geheimdienstchef Lawrenti Beria als direkten Leiter des Projekts ein. Das gesamte Projekt wurde dann in die Stadt Sarow in der Oblast Gorki (heute Oblast Nischni Nowgorod) verlegt, und in Arsamas-16 umbenannt. Die Arbeit des Teams (in dem auch andere prominente sowjetische Nuklearforscher wie Juli Borissowitsch Chariton, dem wissenschaftlichen Leiter von Arsamas, Jakow Seldowitsch und Andrei Sacharow arbeiteten) wurde durch wissenschaftliche Publikationen in den USA sowie die Informationen von Klaus Fuchs unterstützt. Kurtschatow und Beria (der die Informationen als gezielte Falschauskünfte bezweifelte) bestanden auf eigenen wissenschaftlichen Untersuchungen. Unter seiner Leitung wurden die ersten sowjetischen Kernreaktoren entwickelt (F1 im Labor 2 in Moskau und der Reaktor A auf dem Gelände der Kerntechnischen Anlage Majak bei Tscheljabinsk, der das Plutonium für die erste sowjetische Atombombe lieferte), wobei sein Doktorand Igor Semjonowitsch Panassjuk ein wichtiger Mitarbeiter war.
Am 29. August 1949 wurde die erste sowjetische Atombombe gezündet. Kurtschatow arbeitete anschließend am sowjetischen Wasserstoffbomben-Programm (1953). Später forderte er eine friedliche Nutzung der Nukleartechnologie und trat verstärkt gegen weitere Nuklearbomben-Tests ein. Er leistete viele wichtige Beiträge zur Theorie der Atomkerne, thermonuklearen Reaktionen und zur Plasmaphysik.
Kurtschatow starb 1960 in Moskau, während er sich mit seinem Freund Chariton auf einer Parkbank unterhielt. Seine Urne wurde an der Kremlmauer beigesetzt.
Ehrungen
1957 erhielt er den Leninpreis. Zudem wurde er viermal mit dem Stalinpreis bzw. dem Staatspreis der UdSSR (1942, 1949, 1951, 1954) ausgezeichnet. Dreimal war er Held der Sozialistischen Arbeit (1949, 1951, 1954).
Während des Atombomben-Programms schwor Kurtschatow, dass er seinen Bart nicht stutzen wolle, bis das Programm erfolgreich abgeschlossen sei. Er trug den Bart für den Rest seines Lebens, wodurch er den Spitznamen „Der Bart“ erhielt.
Literatur
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