Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem Volk der Huzulen; zur gleichnamigen Ponyrasse siehe Huzule.
Die Huzulen, manchmal auch Hutsul oder Hutzul genannt, sind ein Bergvolk in den Karpaten.[1] Viele Huzulen sehen sich heute als Ukrainer, seit der ukrainischen Unabhängigkeit sind im huzulischen Siedlungsgebiet zahlreiche Denkmäler für den Dichter Taras Schewtschenko errichtet worden. Das Identitätsangebot der russinischen Bewegung wird nur von einigen huzulischstämmigen Intellektuellen genutzt, russinischen Aktivisten gelten die Huzulen als „Abtrünnige“.[2]
In Nachbarschaft zu Bojken und Lemken leben sie im Karpatengebirge im Grenzgebiet zwischen der Ukraine, Polen und Rumänien. Die waldreichen Täler des Pruth und des Czeremosz sind ihre Heimat. Die inoffizielle Hauptstadt des Huzulenlandes (hutsulshchyna) ist Kossiw.
Geschichte
Durch ihr Siedlungsgebiet bewegte sich unter anderem der große Vorstoß der Mongolen unter Dschingis Khan nach Europa in die ungarische Tiefebene. Die Pferde der Huzulen sind offensichtlich Nachkommen von zurückgelassenen Tieren der sich nach der Schlacht bei Muhi 1241 zurückziehenden mongolischen Armee.[1]
Vom 14. bis ins 18. Jahrhundert siedelten sich die Huzulen in den nördlichen Karpaten an. Im 17. und 18. Jahrhundert begannen sie auch die südlichen Karpaten, das ukrainische Transkarpatien und die rumänische Region Maramuresch zu besiedeln.
Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts waren die Huzulen im unwegsamen Hochgebirge der Karpaten von allen Entwicklungen der Zeitgeschichte abgeschnitten und lebten nach ihren eigenen Gesetzen und Bräuchen. So gibt es auch nach über 100 Jahren moderner Zivilisation noch immer Huzulen, die nach alter Sitte irgendwo für sich alleine im Einklang mit sowie von der Natur leben. Während der Sommermonate begeben sich Teile der Bevölkerung auf die Hochebenen der Karpaten auf Viehweiden.[1]
Die Huzulen sind überwiegend Anhänger der Griechisch-katholischen Kirche und der Ukrainisch-orthodoxen Kirche. Daneben sind traditionelle magisch-religiöse Vorstellungen verbreitet, zu denen der molfar gehört, ein magischer Heiler und Spezialist für Heilpflanzen.
Ursprünglich beschäftigten sich die Huzulen mit Schafzucht und Forstwirtschaft. Im Theißtal westlich von Chust ist Weinbau (siehe:Weinbau in Rumänien) verbreitet. Im Nebenerwerb werden dort auch Weidenruten gesammelt und für den Export nach Rumänien vorbereitet. Bekannt sind die Huzulen für ihre kunsthandwerklichen Fähigkeiten wie Holzschnitzerei, Kupferarbeiten, Weberei, Töpferei und besonders das Verzieren von Ostereiern. So gibt es auch heutzutage in Kossiw jeden Samstag den Huzulen-Basar. Auf diesem Markt ist von Kühen über Kleidung bis zum Kühlschrank alles zu bekommen. Farbenfroh bestickte Lederkleider und dicke Felljacken sowie geschnitzte Gebrauchsgegenstände mit typischen Huzulenmotiven werden dort angeboten.
Das Nationalmuseum für Volkskunst von Huzulien und Pokutien[11] in Kolomyja zeigt die Kultur und Tradition der Huzulen. Die Sammlung wurde 1910 von Kurator Henryk Gąsiorowski zusammengestellt. Zu sehen sind huzulische Stoffe, Trachten, Haushaltsgegenstände, Musikinstrumente und die Einrichtung eines huzulischen Hauses.[12]
Die Huzulen pflegen den schnellen Kreistanz Kolomyjka, der nach der Stadt Kolomyja benannt ist. Zu ihren traditionellen Musikinstrumenten gehören neben der langen Holztrompete Trembita das Hackbrett Cymbaly, mehrere, Sopilka genannte Flöten und die Maultrommel Drymba.
International bekannt wurden die Huzulen 2004 durch den Sieg der sich huzulischer Kulturelemente bedienenden Sängerin Ruslana mit ihrem Song Wild Dances beim Eurovision Song Contest[13] sowie 2010 durch die Filmdokumentation Auf den Spuren der Nomaden des Australiers Tim Cope.[1]
Film
Schatten vergessener Ahnen ist ein sowjetischer Film, der sich mit den Huzulen beschäftigt. Er wurde auch in Deutschland gezeigt und rückte nach 1965 die Huzulen in ein allgemeineres Interesse.
Klaus Beitl u. a. (Hrsg.): Galizien. Ethnographische Erkundung bei den Bojken und Huzulen in den Karpaten. Begleitbuch zur Jahresausstellung '98 im Ethnographischen Museum Schloss Kittsee vom 6. Juni bis 2. November 1998 (= Kittseer Schriften zur Volkskunde, Band 9). Ethnographisches Museum Schloss Kittsee, Kittsee 1998, ISBN 3-900359-78-4.
Raimund Friedrich Kaindl: Die Huzulen. Ihr Leben, ihre Sitte und ihre Volksüberlieferung. Hölder, Wien 1894 (erste umfassende ethnologische Studie).
Raimund Friedrich Kaindl: Haus und Hof bei den Huzulen. Ein Beitrag zur Hausforschung in Österreich. Anthropologische Gesellschaft, Wien 1896.
Renata Makarska: Der Raum und seine Texte. Konzeptualisierungen der Hucul'ščyna in der mitteleuropäischen Literatur des 20. Jahrhunderts. Peter Lang, Frankfurt am Main 2010, ISBN 978-3-631-59302-8.
Martin Pollack: Nach Galizien. Von Chassiden, Huzulen, Polen und Ruthenen. Eine imaginäre Reise durch die verschwundene Welt Ostgaliziens und der Bukowina. Brandstätter, Wien 1984, ISBN 3-85447-075-4.
Ivan Senkiv: Die Hirtenkultur der Huzulen. Eine Volkskundliche Studie. J. G. Herder-Institut, Marburg/Lahn 1981 (= Marburger Ostforschungen, 39), ISBN 3-87969-167-3.
Claus Stephani: Gdy wzywa toaka (Wo die Toaka klingt. Über die Huzulen in der Südbukowina). In: Płaj. Almanach Karpacki, Band 32 (2006), S. 82–86 (polnisch)