Bereits ab Beginn des Studiums verwendete er seinen ursprünglichen Vornamen Samuel nicht weiter und vollzog den Namenswechsel zu Hermann, eine damals nicht unübliche Vorkehrung zur Verminderung antisemitischer Diskriminierung. Einen Übertritt vom jüdischen zum christlichen Glauben lehnte Staub jedoch ab und vergab damit die Chance auf eine Berufung zum Professor an der Berliner Universität.
Staub verstarb am 2. September 1904 im ehemaligen Westsanatorium in der Joachimsthaler Straße 20[1] an einem Krebsleiden. Sein Grab befindet sich auf dem Jüdischen Friedhof Berlin-Weißensee. Hier ließen seine Hinterbliebene im Jahr 1905 einen Grabstein mit einem Sinnspruch als kleines Denkmal für ihn aufstellen. Die Inschrift lautet: „Preist Ihr das Ringen nach Wahrheit, des Geistes erhab’ne Erleuchtung, denkt auch des sonnigen frohen Gemütes, des Adels der Seele! Goldener Kern in herrlicher Schale, ein Segen der Menschheit! Ach, wie groß dieses Herz, wissen die Seinen nur ganz.“[2]
Bedeutung
Staub veröffentlichte 1893 beim Verlag J. J. Heines Berlin einen Kommentar zum Handelsgesetzbuch, der rasch hohe Bedeutung in der Rechtspraxis erlangte. Er begründete darin die Methode, die einzelnen Paragraphen in systematisierter Form darzustellen, anstatt sie wie bis dahin üblich Wort für Wort zu annotieren. Staub selbst führte diese Technik nach der Überlieferung seines Schwagers Arthur Schindler auf die jüdische Darstellungsweise der talmudischen Lehre zurück, weshalb der Ansatz auch als „talmudische Methode“ bezeichnet wird. Zeitgenossen wie Paul Laband und Max Hachenburg bewerteten Staubs Kommentarstil als für spätere Werke wegweisend und in der Ausführung unübertroffen.[3]
Bis 1933 erreichte Staubs HGB-Kommentar – mittlerweile bei Guttentag bzw. de Gruyter verlegt – 14 Auflagen. Unter der nationalsozialistischen Herrschaft wurde der Einfluss jüdischer Rechtswissenschaftler bekämpft, weshalb sich der Verlag bemühte, den Kommentar als eine „Arbeit von deutschem Geiste“ darzustellen und nicht mehr mit dem Namen Staub in Verbindung zu bringen. Die Neuauflage erschien darum 1940–1943 in neuer Zählung und „herausgegeben von Mitgliedern des Reichsgerichts“.[4] Die 1950–1963 erschienene 2. Auflage knüpft im Vorwort an Staubs Leistungen an. Seit der 4. Auflage 1982 erscheint das Werk wieder unter seinem Namen als Großkommentar beim Verlag Walter de Gruyter.
Neben dem HGB-Kommentar begründete Staub auch eine Kommentierung zum GmbH-Gesetz, die 1903 erstmals erschien und nach seinem Tod von Max Hachenburg fortgeführt wurde.
Helmut Heinrichs: Hermann Staub (1856–1904). Kommentator des Handelsrechts und Entdecker der positiven Vertragsverletzung. In: Helmut Heinrichs, Harald Franzki, Klaus Schmalz, Michael Stolleis (Hrsg.): Deutsche Juristen jüdischer Herkunft. Beck, München 1993, ISBN 3-406-36960-X, S. 385–402 (biografisch teilweise überholt).
Thomas Henne, Rainer Schröder, Jan Thiessen (Hrsg.): Anwalt – Kommentator – „Entdecker“. Festschrift für Hermann Staub zum 150. Geburtstag am 21. März 2006. De Gruyter, Berlin 2006, ISBN 978-3-89949-343-6 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
↑David Kästle-Lamparter: Welt der Kommentare: Struktur, Funktion und Stellenwert juristischer Kommentare in Geschichte und Gegenwart. Mohr Siebeck, 2016, ISBN 978-3-16-154142-1, S.226–228 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
↑Angelika Königseder: Walter de Gruyter: Ein Wissenschaftsverlag im Nationalsozialismus. Mohr Siebeck, 2016, ISBN 978-3-16-154393-7, S.191–193 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
↑Staub: Kommentar zum Handelsgesetzbuch, Erster Band, 6. Aufl., Berlin 1900, Exkurs zu § 5, Anm. 1.