Hermann Möller wuchs auf Sylt und Oland auf, wo sein Vater Pastor war, und kam so mit dem Nordfriesischen in Berührung. Nach Abschluss der Latein- und Realschule in Flensburg studierte er 1867–68 an der Universität Kiel, dann bis 1872 in Leipzig, München und Berlin Geschichte, klassische und germanische Philologie. An der Universität Leipzig wurde er ein Anhänger „der neuen vergleichenden Richtung“ (der Junggrammatiker). Nach einem Studienaufenthalt in Breslau promovierte Möller 1875 in Leipzig zum Dr. phil.[2]
Er wurde 1878 Privatdozent für vergleichende Sprachwissenschaft und germanische Sprachen an der Universität Kiel. Hier war er der Erste, der im Wintersemester 1879/80 eine Lehrveranstaltung zum Friesischen angeboten hat.[3] 1883 wechselte Möller als Dozent für deutsche Sprache und Literatur an die Universität Kopenhagen. Dort hatte er von 1888 bis 1921 eine ordentliche Professur für germanische Philologie. 1892 wurde er zum Mitglied der dänischen Akademie der Wissenschaften gewählt.[2]
Möllers Theorie, Ergebnis langjähriger fachmännischer Arbeit, erhielt keine allgemeine Anerkennung von der linguistischen Fachwelt und wird im 21. Jahrhundert nur noch selten erwähnt. Sie wurde allerdings seinerzeit von einer Anzahl führender Linguisten als gültig akzeptiert, so etwa Holger Pedersen (1924) und Louis Hjelmslev. Nach Hjelmslev (1970) wurde „eine Urverwandtschaft zwischen Indogermanisch und Hamito-Semitisch im Detail von dem dänischen Linguisten Hermann Möller gezeigt, unter Benutzung der Methode der Elementfunktionen“.[5]
Möllers Arbeit wurde von Albert Cuny (1924[6], 1943[7], 1946[8]) in Frankreich und in jüngerer Zeit von dem amerikanischen Gelehrten Saul Levin (1971[9], 1995[10], 2002[11]) fortgeführt. Es ist zweifellos auf Möllers Arbeit zurückzuführen, dass Holger Pedersen Hamito-Semitisch in seine angenommene nostratische Sprachfamilie einschloss, eine Klassifikation, die bei folgenden Nostratizisten (z. B. Wladislaw Illitsch-Switytsch und Allan Bomhard) beibehalten wurde. Die hamitische Familie wurde von Joseph Greenberg (1963[12]) als ungültig verworfen, der folglich auch den Namen „Hamito-Semitisch“ ablehnte und durch das heute übliche „Afro-Asiatisch“ ersetzte.
Werke (Auswahl)
Semitisch und Indogermanisch. Teil l. Konsonanten. H. Hagerup, Kopenhagen 1906 (Reprint Georg Olms, Hildesheim/New York 1978, ISBN 3-487-06669-6)
Vergleichendes indogermanisch-semitisches Wörterbuch. Vandenhoeck and Ruprecht, Göttingen 1911 (Reprint 1970, Neuauflage 1997, ISBN 3-525-26115-2)
Die semitisch-vorindogermanischen laryngalen Konsonanten. Andr. Fred. Høst, København 1917.
Holger Pedersen: Linguistic Science in the Nineteenth Century: Methods and Results, translated from the Danish by John Webster Spargo. Harvard University Press, Cambridge MA 1931.
Einzelnachweise
↑Vilhelm Thomsen: Møller, Martin Thomas Hermann. In: Salmonsens Konversationslexikon. Band XVII. J.H. Schultz, Kopenhagen 1924, S. 576.
↑ abVilhelm Thomsen: Møller, Martin Thomas Hermann. In: Carl Frederik Bricka (Hrsg.): Dansk biografisk Lexikon. Band XII. Gyldendalske Boghandels Forlag, Kopenhagen 1898, S. 78.
↑Jarich Hoekstra: Theodor Heinrich Fürchtegott Hansen (1837–1923), ein schreibender Semi-Sprecher des Halligfriesischen. In: Elmar Eggert, Jörg Kilian (Hrsg.): Historische Mündlichkeit. Beiträge zur Geschichte der gesprochenen Sprache. (= Kieler Forschungen zur Sprachwissenschaft) Peter Lang, ISBN 978-3-653-95948-2, S. 227–246
↑Saul Levin: The Indo-European and Semitic Languages: An Exploration of Structural Similarities Related to Accent, Chiefly in Greek, Sanskrit, and Hebrew. State University of New York Press, 1971, ISBN 978-0-87395-055-8.
↑Saul Levin: Semitic and Indo-European, Volume 1: The Principal Etymologies, With Observations on Afro-Asiatic. John Benjamins Publishing Company, 1995, ISBN 1-55619-583-4.
↑Saul Levin: Semitic and Indo-European, Volume 2: Comparative Morphology, Syntax and Phonetics. John Benjamins Publishing Company, 2002, ISBN 1-58811-222-5.
↑Joseph H. Greenberg: The Languages of Africa. Indiana University Press, Bloomington 1963.