Hermann Kaspar war Schüler von Edmund Steppes und studierte an der Akademie der Bildenden Künste München als Meisterschüler bei Becker-Gundahl. Durch die besondere Förderung seitens des Akademiepräsidenten German Bestelmeyer gewann Kaspar 1935 den Ersten Preis im Wettbewerb für den monumentalen Mosaikfries an den Emporenwänden im Kongresssaal des Deutschen Museums in München und erhielt so seinen ersten Großauftrag. Es folgten Aufträge zur Gestaltung des Fensterzyklus 1937 in der evangelischen Kirche St. Markus[2] und des Kuppelgemäldes im Gärtnerplatztheater in München.
Dem Geschmack der NS-Führung entsprechend, zählte Kaspar bald zur Kulturprominenz des Dritten Reiches[3] und war (zusammen mit dem Bildhauer Richard Knecht) für die Gesamtgestaltung der Aufmärsche und Festumzüge zum „Tag der Deutschen Kunst“ in München 1937 und 1938 mitverantwortlich. Beim Defilee seiner Festwagen durfte Kaspar direkt neben Hitler sitzen.[4] Er galt im Umkreis von Hitler und Albert Speer insbesondere als Zuständiger für Mosaike, vor allem für Hakenkreuz-Mäander, wie etwa an der Decke des Säulengangs am Haus der Deutschen Kunst, und am monumentalen Tribünenbau Speers auf dem Nürnberger Reichsparteitagsgelände sowie im Ehrensaal dieses Bauwerks.
1938 erhielt er an der Münchner Kunstakademie als Nachfolger für Julius Diez die Professur für monumentale Malerei[5] anstatt des als „entartet“ abgestempelten und zwangspensionierten Karl Caspar. Im gleichen Jahr wurde er von Albert Speer mit der Gestaltung der Mosaiken, Fresken, Fußböden, Friesen und Holzintarsien für die Neue Reichskanzlei in Berlin beauftragt, und war bis 1941 mit diesen Arbeiten beschäftigt. Dabei verwendete Kaspar eine Fülle an Lebens-, Kraft- und Hakenkreuzsymbolen, unter anderem im Fußbodenmosaik des Runden Saales, dessen Kuppelgliederung er ebenfalls entwarf. Für das übergroße „Arbeitszimmer des Führers“ (14 mal 27 Meter) lieferte Kaspar Intarsienentwürfe zu den von Speer entworfenen Monumentalmöbeln, welche den Gefallen Hitlers fanden. So erwähnte Speer in seinen „Erinnerungen“ von 1969, dass sich Hitler besonders über die zur Besucherseite gerichtete Intarsie des mittleren Feldes seines gigantischen Schreibtischs freute, weil hinter der Maske des Kriegsgottes Mars das mit einer Lanze gekreuzte Schwert ein Stück aus der Scheide herausgezogen war: „Gut, gut… Wenn das die Diplomaten sehen, die vor mir an diesem Tisch sitzen, werden sie das Fürchten lernen“.[6]
Werke von Kaspar wurden 1944 auch in der von Heinrich Himmler und dem Hauptamt der SS organisierten Kunstausstellung Deutsche Künstler und die SS in Breslau gezeigt. Kaspar stand 1944 auf der Gottbegnadeten-Liste.[7]
Nach 1945
Obwohl Kaspar von den Amerikanern, neben Adolf Ziegler, Josef Thorak und anderen NS-Künstlern, direkt nach Kriegsende aus der Akademie entlassen wurde, war er trotz Protesten seitens Karl Caspar ab 1947 wieder als Professor für Malerei eingestellt worden. Auch erhielt Kaspar wieder zahlreiche staatliche Aufträge, so etwa für den Entwurf des Staatswappen-Gobelins für den Plenarsaal des Bayerischen Landtags (heute im Haus der Bayerischen Geschichte)[8], für eine Sonnenuhr am Deutschen Museum und die Ausgestaltung von Kirchen. Seine Person blieb jedoch umstritten. So führte die Übergabe des Gobelins „Die Frau Musica“[9] von München in die Meistersingerhalle Nürnberg 1963 zu einigen Protesten in Zeitungen[10] und Publikationen, wie „Der Fall Hermann Kaspar“ von Reinhard Müller-Mehlis, worin schonungslos über die Tätigkeit Kaspars im Dritten Reich berichtet wurde. Unter dem gleichen Titel zeigte während der Studentenrevolte 1968 der Allgemeine Studentenausschuss (ASTA) in der Münchner Akademie auch eine Ausstellung[4], wobei Kaspar im Rahmen der damaligen Kritik am Nachkriegsumgang mit dem Nationalsozialismus als Paradebeispiel für das Motto „Die herrschende Ästhetik ist die Ästhetik der Herrschenden“ und die versäumte Entnazifizierung der Gesellschaft galt.
Maximilianeum (Plenarsaal) Gobelin mit dem Großen Bayerischen Staatswappen und den Wappen der Regierungsstädte Bayerns (seit 2017 dem Haus der bayerischen Geschichte in Regensburg zur Verfügung gestellt)
Fassadenmalerei Burgstraße 4, Sitz des Kulturreferats (1953)
Mosaikdecken („Goldener Saal“) in der Zeppelintribüne (1938)
Gobelin „Die Frau Musica“, entstanden in Kaspars Atelier in München in den Sechzigerjahren[9]
Worms: Städtisches Spiel- und Festhaus, Nibelungenteppich (Entwurf).
Literatur
Reinhard Müller-Mehlis: Der Fall Hermann Kaspar. Chris-Verlag, München (Christoph Dürr) Mitte der 60er Jahre
Moshe Zuckermann: Geschichte und bildende Kunst. Wallstein Verlag, 2006, ISBN 3-8353-0009-1, S. 220 ff. (Band 34, Tel Aviver Jahrbuch für deutsche Geschichte)
Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5.
Ambra Frank: Hermann Kaspar 1904–1986. In: Wolfgang Brauneis / Raphael Gross (Hrsg.): Die Liste der „Gottbegnadeten“. Künstler des Nationalsozialismus in der Bundesrepublik. Prestel, München u. a. 2021 ISBN 978-3-7913-7922-7, S. 70f.
Caroline Sternberg: Hermann Kaspar. In: Karin Althaus u. a. (Hrsg.): Kunst und Leben. 1918 bis 1955. Lenbachhaus, München / Deutscher Kunstverlag, Berlin 2022, ISBN 978-3-88645-210-1, S. 160–163.
↑ abPrivate Webseite mit Hinweis, basierend auf Erich Helmensdorfer: Eins, zwei, gsuffa... In München steht ein renoviertes Hofbräuhaus in ZEIT Nr. 48/1965 vom 26. November 1965 (Abgerufen am 16. September 2021)
↑Wolfgang Brauneis / Raphael Gross (Hrsg.): Die Liste der „Gottbegnadeten“. Künstler des Nationalsozialismus in der Bundesrepublik. Prestel, München u. a. ISBN 978-3-7913-7922-7, S. 155.
↑Hans Karl Pesch und Ali Elhadj-Tahar: Bettina. Kollektion Klaus Wiens. Hrsg.: Klaus Wiens. U-Form Verlag, Solingen 2000, ISBN 3-88234-106-8, S.16.
↑Söllner, Max. In: Manfred H. Grieb (Hrsg.): Nürnberger Künstlerlexikon. Bildende Künstler, Kunsthandwerker, Gelehrte, Sammler, Kulturschaffende und Mäzene vom 12. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Band3: Pf – Z. K. G. Saur, München 2007, ISBN 978-3-598-11763-3, S.1445.
↑Wolfgang Brauneis / Raphael Gross (Hrsg.): Die Liste der „Gottbegnadeten“. Künstler des Nationalsozialismus in der Bundesrepublik. Prestel, München u. a. ISBN 978-3-7913-7922-7, S. 160.
↑Wolfgang Brauneis / Raphael Gross (Hrsg.): Die Liste der „Gottbegnadeten“. Künstler des Nationalsozialismus in der Bundesrepublik. Prestel, München u. a. ISBN 978-3-7913-7922-7, S. 162f.
↑Lothar Altmann, Horst Th. Esterer, Christoph Kürzeder, Peter Linster: Bürgersaal München, 5., neubearbeitete Auflage, Regensburg 2009, S. 7–8.