Zwischen 1963 und 1969 stand er an der Spitze des Zentralrates der Juden in Deutschland. Er war außerdem Mitglied der deutschen UNESCO-Kommission und des Bundesgesundheitsrats.
Im September 1949 wurde ein Widerruf der Wahl Lewins zum Direktor der Städtischen Frauenklinik in Offenbach durch den damaligen Oberbürgermeister der Stadt Offenbach Johannes Rebholz der erste antisemitische Skandal nach der Entlassung der Westzonen aus dem Besatzungsstatut.[3] Die Frankfurter Rundschau formulierte aus diesem Anlass eine Forderung zum Schutz der überlebenden Juden an die Bundesregierung. Von Ärzten im Offenbacher Gemeinderat, von Ärzten und Krankenschwestern des Offenbacher Krankenhauses und dem CDU-Bürgermeister Karl Kasperkowitz der Stadt abgelehnt, veranlasste erst ein weltweiter Protest und die Intervention von übergeordneten Behörden den Offenbacher Magistrat (Stadtrat), diesen Skandal zu bereinigen. Die Begründung für den Widerruf lautete, Lewin würde mit dem Rachegefühl eines ehemaligen KZ-Insassen seine Arbeit antreten, keine Frau könne sich ihm mit ruhigem Gewissen anvertrauen. Der französische Autor Romain Gary baute die Episode 1967 in seinen Roman La danse de Gengis Cohn unter Berufung auf einen US-amerikanischen Artikel von 1966 ein, um vor dem Wiederaufleben des Nationalsozialismus im Nachbarland zu warnen.[4]
Lewins Grab befindet sich auf dem Alten Friedhof in Offenbach am Main.[5]
Ehrungen
Im Mai 1986 wurde in Köln-Lindenthal zu seinen Ehren die Haedenkamp-Straße, damaliger Sitz der Bundesärztekammer, in Herbert-Lewin-Straße umbenannt.[6] Der Arzt Karl Haedenkamp (1889–1955) hatte schon vor 1933 eine rassistische und antisemitische Haltung gezeigt und war ab 1933 im Rahmen seiner Tätigkeit in der Reichsärztekammer federführend an der Ausschaltung jüdischer und politisch links stehender Ärzte beteiligt, setzte seine Karriere in der ärztlichen Selbstverwaltung jedoch auch nach 1945 ungehindert fort. Auch der Platz vor dem Sitz von Bundesärztekammer, Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem Gemeinsamen Bundesausschuss in Berlin wurde zu seinen Ehren Herbert-Lewin-Platz genannt.[7][8]
Eine Dermoidcyste im Wirbelkanal. Dissertation. Berlin 1924.
Die genetische Bedeutung der Muskelvariationen. In: Drei Vorlesungen aus der medizinischen Fakultät der Universität Köln. Universitätsverlag, Köln 1949.
Mit Werner Spiegelhoff: Die Cyclushormone des Weibes. Biologie – Chemie – Klinik. Enke, Stuttgart 1951.
Literatur
Thomas Irmer: Deportierte Ärzte/Ärzte im KZ: Herbert Lewin. In: Thomas Beddies, Susanne Doetz, Christoph Kopke (Hrsg.): Jüdische Ärztinnen und Ärzte im Nationalsozialismus. De Gruyter, München 2014, S. 256–264, DOI:10.1515/9783110306057.256 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Rebecca Schwoch, Walter Wuttke: Herbert Lewin und Käte Frankenthal: Zwei jüdische Ärzte aus Deutschland. In: Deutsches Ärzteblatt. 101. Jg., Nr. 19, 7. Mai 2004, A 1319–1321 (online).
Rebecca Schwoch: Herbert Lewin. Arzt – Überlebender – Zentralratspräsident (= Jüdische Miniaturen. Bd. 186). Hentrich & Hentrich, Berlin 2017, ISBN 978-3-95565-152-7.
Elke Steiner: Zwei jüdische Ärzte aus Deutschland: Herbert Lewin und Käte Frankenthal. Aktives Museum Spiegelgasse, Wiesbaden 2005 (Sonderdruck einer Comicserie im Deutschen Ärzteblatt. Serie über Herbert Lewin im Deutschen Ärzteblatt, 15 Folgen: Deutsches Ärzteblatt Heft 40, 42, 44, 46, 48, 50/2003 und 1-2, 4, 6, 8, 10, 12, 14, 16, 18/2004).
↑Nicht in der deutschen Übersetzung, die der Piper-Verlag und sein Verlagsleiter Hans Rößner hier wie an anderen Stellen „bereinigt“ haben. Die TB-Ausgabe bei dtv behauptet „ungekürzt“ zu sein.
↑Martin Kuhn: Die Erinnerung darf nicht enden. In: Offenbach-Post, 16. Januar 2018, S. 10.