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Die mittlerweile vorherrschende kritische Perspektive auf das Schaffen Wlislockis und sein unsauberes wissenschaftliches Arbeiten fehlt völlig. Siehe zum Beispiel: Wim Willems: In Search of the True Gypsy: From Enlightenment to Final Solution. Frank Cass, London 1997, S. 182–188 bzw. der dort erwähnte Martin Ruch und dessen Dissertation: Zur Wissenschaftsgeschichte der deutschsprachigen "Zigeunerforschung" von den Anfängen bis 1900 (1986). Als „Fallbeispiel“ kann das Thema Gina Ranjičić dienen.
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Der Sohn eines polnischen kaiserlichen Finanzbeamten und einer Siebenbürger Sächsin besuchte nach dem Honterus-Gymnasium in Kronstadt von 1875 bis 1879 die Universität Klausenburg. 1879 machte er seinen Doktor mit der Schrift Hapax legomena im Atlamál, die in der von seinen akademischen Lehrern Hugo Meltzl und Sámuel Brassai herausgegebenen Zeitschrift Acta comparationis litterarum universarum = Zeitschrift für vergleichende Litteratur veröffentlicht wurde. Nach dem Tod seines Vaters arbeitete er in ärmlichen Verhältnissen als Hauslehrer. Von 1883 bis 1890 lebte er in Mühlbach (Sebeș).
In seinem besonderen Interessengebiet, der Tsiganologie, betrieb er eine intensive literarische Sammeltätigkeit sowie Feldstudien bei siebenbürgischen Wanderzigeunern. Er wurde Mitglied eines Clans und war zeitweise mit einer Zigeunerin verheiratet. Als Forscher erarbeitete er sich einen hervorragenden Ruf, so dass z. B. Charles Godfrey Leland ihn 1889 als den wahrscheinlich am besten mit dem Leben und der Sprache der Zigeuner vertrauten Gelehrten bezeichnete.[1]
Von 1896 bis 1898 war er Mitarbeiter an Hans Ferdinand HelmoltsWeltgeschichte. In seinen letzten Jahren, ab 1899, litt er an einer Geisteskrankheit und lebte in Pflege bei seiner Frau, einer ungarischen Lehrerin in Klosdorf bei Kleinkopisch.[2]
Wlislocki veröffentlichte zahlreiche Aufsätze in Zeitschriften, unter anderem in der Ungarischen Revue, der Zeitschrift für vergleichende Literaturgeschichte, dem Journal of the Gypsy Lore Society, der Zeitschrift für deutsche Philologie und der Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. Er wirkte auch als Übersetzer, so übertrug er Petőfi ins Isländische, János Vajda und K. Szász ins Deutsche.
Schriften
Haideblüten. Volkslieder der transsilvanischen Zigeuner, Friedrich, Leipzig 1880
Die Sprache der transsilvanischen Zigeuner. Grammatik, Wörterbuch, Friedrich, Leipzig 1884
Märchen und Sagen der Transsilvanischen Zigeuner, Nicolai, Berlin 1886
Zauber- und Besprechungs-Formeln der transsilvanischen und südungarischen Zigeuner (= Publicationen der ethnologischen Mitteilungen aus Ungarn, 2), Selbstverlag, Budapest 1887
Zur Volkskunde der transsilvanischen Zigeuner (= Sammlung gemeinverständlicher wissenschaftlicher Vorträge, Neue Folge, 36 = Serie 2), Richter, Hamburg 1887
Sitte und Brauch der Siebenbürger Sachsen. Doktor Johannes Conrad Brunner (= Sammlung gemeinverständlicher wissenschaftlicher Vorträge, Neue Folge, 63), Hamburg 1888 Digitalisat.
Aus dem Leben der Siebenbürger Rumänen (= Sammlung gemeinverständlicher wissenschaftlicher Vorträge, Neue Folge, 87 = Serie 4), Hamburg 1889
Volksdichtungen der siebenbürgischen und südungarischen Zigeuner, Graeser, Wien 1890
Vom wandernden Zigeunervolke. Bilder aus dem Leben der Siebenbürger Zigeuner. Geschichtliches, Ethnologisches, Sprache und Poesie, Richter, Hamburg 1890
Die Szekler und Ungarn in Siebenbürgen (= Sammlung gemeinverständlicher wissenschaftlicher Vorträge, Neue Folge, 137 = Serie 6), Hamburg 1891
Märchen und Sagen der Bukowinaer und Siebenbürger Armenier, Hamburg 1891
Volksglaube und religiöser Brauch der Zigeuner (= Darstellungen aus dem Gebiete der nichtchristlichen Religionsgeschichte, 4), Aschendorff, Münster i. W. 1891 online
Aus dem inneren Leben der Zigeuner, Felber, Berlin 1892
Volksglaube und Volksbrauch der Siebenbürger Sachsen, Felber, Berlin 1893
Aus dem Volksleben der Magyaren. Ethnologische Mitteilungen, Huttler, München 1893
Volksglaube und religiöser Brauch der Magyaren (= Darstellungen aus dem Gebiete der nichtchristlichen Religionsgeschichte, 8), Aschendorff, Münster i. W. 1893 online
Zur Ethnographie der Zigeuner in Südosteuropa. Ttsiganologische Aufsätze und Briefe aus dem Zeitraum 1880–1905 (= Studien zur Tsiganologie und Folkloristik, 12), hrsg. von Joachim S. Hohmann, Lang, Frankfurt am Main u. a. 1994
Hans Ferdinand Helmolt: Ein Freund der Zigeuner, in: Das literarische Echo, 9. Jahrgang, 1. August 1907, Sp. 1632–1635 online.
Brigitte Stephani: Vom hohen Wert der Volkspoesie. Heinrich v. Wlislocki – ein vielseitiger Erforscher siebenbürgischer Folklore. In: Volk und Kultur (Bukarest), 33/9, Sept. 1981, S. 52 ff., 2 Abb.
Joachim S. Hohmann: Leben am Rande der Zeit. Der "Zigeunerforscher", Ethnologe und Sprachforscher Heinrich Adalbert von Wlislocki, in: Heinrich von Wlislocki: Zur Ethnographie der Zigeuner in Südosteuropa. Ttsiganologische Aufsätze und Briefe aus dem Zeitraum 1880–1905 (= Studien zur Tsiganologie und Folkloristik, 12), hrsg. von Joachim S. Hohmann, Lang, Frankfurt am Main u. a. 1994, S. 9–53.
Maria Sass: Heinrich von Wlislocki (1856–1907) – der siebenbürgische Forscher und Sammler von volksliterarischen Produktionen der Roma, in: Transilvania (Sibiu), Nr. 10, 2007, S. 35–40.