Heinrich Ferdinand Salvator von Österreich-Toskana (* 13. Februar1878 in Salzburg, Österreich-Ungarn; † 21. Mai1969 ebenda) aus dem Hause Habsburg-Lothringen (Linie Habsburg-Lothringen-Toskana) war Erzherzog von Österreich, Offizier, Maler und Fotograf. Vielfältig technisch und künstlerisch interessiert und ausgebildet, diente er bis zum Ende des Ersten Weltkriegs als Offizier und zog sich dann als Künstler ins Privatleben nach Salzburg zurück.
Der Erzherzog wurde auf den vollen Namen Heinrich Ferdinand Salvator Maria Joseph Leopold Karl Ludwig Pius Albert Rupert Katharina von Ricci von Österreich-Toscana getauft. Er war der vierte Sohn des vormaligen Großherzogs Ferdinands IV. von Toskana (1835–1908) aus dessen Ehe mit Alix (1849–1935), Tochter des Herzogs Karl III. von Parma. Nach dem Verlust der Herrschaft über das Großherzogtum Toskana, das im italienischen Nationalstaat aufging, hatte sich Ferdinand IV., der letzte nominelle Großherzog, ins Exil nach Österreich begeben.[1]Franz Joseph I., der eng verwandte österreichische Kaiser, überließ Ferdinand IV. und seiner Familie als Wohnsitz einen Trakt der Salzburger Residenz, der daraufhin Toskanatrakt genannt wurde.[2] Hier wurde Heinrich Ferdinand von Habsburg-Lothringen, Erzherzog von Österreich, als sechstes Kind im Jahr 1878 geboren.
Heinrich Ferdinand erhielt (bis 1891 im Elternhaus) „eine bemerkenswert moderne italienische Erziehung“ in vielen der Anliegen und Sprachen der Habsburgermonarchie, wie seine Enkelin Helvig Jordis von Lohhausen schildert: Er habe „mit unbändiger Neugier, Abenteuerlust und Wissensdurst, sowie einer ausgeprägten künstlerischen und technischen Begabung“ damals aufkommenden Entwicklungen nachgespürt. So habe er sich die Fotografie, Buchbinderei und Botanik autodidaktisch angeeignet, das Autofahren in den Alpen und die Ballonfahrt als Pionier betrieben.[3] Er entwickelte seine Fotografien selbst und konstruierte Sonnenuhren; er komponierte für die Zither und zeichnete Bücher für seine Kinder; seit 1890 hielt er alle wichtigen Lebensereignisse und ausgedehnte Reisen in Skizzenbüchern fest.[4]
Unterbrochen wurden diese Erkundungen durch den Offiziersdienst; seit 1891 besuchte er die Militär-Oberrealschule in Mährisch Weißkirchen und dann bis 1897 die Theresianische Militärakademie in Wiener Neustadt.[5] 1897 wurde Heinrich Ferdinand Mitglied des habsburgischen Hausordens vom Goldenen Vlies.[6] 1903 absolvierte er die Korpsschule in Innsbruck[5] und wurde daraufhin Oberleutnant im 6. Dragonerregiment.[7] Ab 1903 wohnte Heinrich Ferdinand in einem Appartement in der Innsbrucker Hofburg.[8] Zwischen 1906 und 1914 ließ er sich aus Gesundheitsgründen[9] vom Militärdienst beurlauben und widmete sich in München, Enns und Wien – begleitet von seiner späteren Frau – den weitgespannten anderen Interessen.[10] Er setzte seine künstlerische Ausbildung, die er schon während der Armeezeit begonnen hatte,[3] fort – im Radieren bei William Unger[11] und im Aquarell bei Eduard Zetsche.[5] Zu seinem Kammervorsteher hatte er am 7. Dezember 1907 Alexander Wassilko von Serecki ernannt.
Der Erste: Erzherzog Karl Stephan entfaltet eine rastlose Tätigkeit, Erzherzog Heinrich Ferdinand verrichtet ermüdende Melderitte, Erzherzog Maximilian ist eingerückt … und alle sind unerschrocken.
Der Zweite: Fürwahr ein reicher Lorbeerstrauß.[13]
In seiner Schrift über Die Wasserstraße Mitteleuropas[14] und in einem Zeitungsartikel[15] positionierte sich Heinrich Ferdinand 1917 politisch: Er setzte sich darin für den Kanalbau zwischen Nordsee und Donau ein und bezeichnete die Donau als „die Binnenwasserstraße der Zukunft“,[16] um auf die fehlende Anbindung an die Weltmeere hinzuweisen, was in die laufende Mitteleuropa-Debatte bis hin zur großdeutschen Vereinigung der beiden deutschsprachigen Kaiserreiche eingriff.[17]
Am 16. August 1917 wurde er zum Generalmajor ernannt, am 2. Februar 1918 beurlaubt sowie zum 1. Dezember 1918 außer Dienst gestellt.[18][9] Damit endete seine Militärlaufbahn.[10]
Er verzichtete 1919 in einer Erklärung, wie in § 2 des Habsburgergesetzes gefordert, auf alle politischen oder finanziellen Ansprüche gegen die Republik Österreich.[3] Seitdem führte Heinrich Ferdinand, dem „Öffentlichkeitsscheu und persönliche Zurückhaltung“[19] attestiert wird, „ein schlichtes und zurückgezogenes Leben im Kreis seiner Familie“[4] im 1912 erworbenen Flederbachschlössl in Parsch (Salzburg). Dort widmete er sich seinen künstlerischen Interessen: Er förderte den Salzburger Kunstverein, trat in der Landschaftsmalerei und Radierung hervor[20] und bestritt seitdem (neben der Offizierspension) einen Teil seines Lebensunterhalts mit Verkäufen seiner Werke.[4]
Er starb 1969 mit 91 Jahren in Salzburg. Seine Enkelin Helvig Jordis von Lohausen übergab dem Salzburg Museum 2009 den umfangreichen Nachlass, der aus etwa 500 Aquarellen, 1000 Zeichnungen, 50 technischen Geräten und 80 Fotoalben besteht.[4]
Ehe und Nachkommen
Habsburg-Lothringen hatte eine Beziehung zur Bürgerlichen Caecilie Obermayer, die im August 1907 durch Zahlung einer Abfindung von 100.000 Talern gelöst wurde.[23] Er heiratete am 29. November 1919 in München Maria Karoline Ludescher (1883–1981), Tochter von Johann-Georg Ludescher und Barbara Prantl – ebenfalls eine nicht standesgleicheVerbindung, die daher gemäß dem Hausgesetz der Habsburger nicht anerkannt wurde.[24] Mit Maria Karoline hatte er folgende Kinder:[25]
Veronika Gräfin von Habsburg-Lothringen (1912–2001)
Literatur
Heinrich Fuchs: Habsburg-Lothringen, Heinrich Ferdinand von. In: ders.: Die österreichischen Maler des 19. Jahrhunderts. Ergänzungsband 1. H. Fuchs, Wien 1978, S. 143.
Peter Laub (Red.): Erzherzog Heinrich Ferdinand von Habsburg-Lothringen (1878–1969). Offizier – Maler – Fotograf (= Monografische Reihe zur Salzburger Kunst. Band 33). Salzburg Museum, Salzburg 2009, ISBN 978-3-900088-30-9.
↑Zum Zusammenhang Bernd Braun: Das Ende der Regionalmonarchien in Italien. Abdankungen im Zuge des Risorgimento. In: Susan Richter, Dirk Dirbach (Hrsg.): Thronverzicht. Die Abdankung in Monarchien vom Mittelalter bis in die Neuzeit. Böhlau, Köln, Weimar, Wien 2010, S. 251–266, hier S. 254–257.
↑Toskanatrakt bei der Fakultätsbibliothek für Rechtswissenschaften, Universität Salzburg.
↑ abcHelvig Jordis von Lohausen: Erzherzog Heinrich Ferdinand von Habsburg-Lothringen. Offizier, Maler und Fotograf (1878–1969)(PDF; 463 kB). (Memento vom 7. April 2013 im Internet Archive) Vortragsankündigung. In: Haus der Fotografie Burghausen. 2. September 2012; abgerufen am 2. Nov. 2012.
↑ abcdEva von Schilgen: Ein fürstlicher Künstler und Entrepreneur.(PDF; 1,1 MB). In: Society. Heft 3/4, 2009, S. 138–140.
↑Alois Jahn: Das Haus Habsburg. Band 2: Anhang, die Ordens-Zugehörigkeiten. Teil 1–3, Selbstverlag, Wien 2001, S. 40.
↑Laut Peter Broucek (Hrsg.): Ein General im Zwielicht – Erinnerungen des Edmund Glaises von Horstenau. Böhlau, Graz 1980, ISBN 3-205-08740-2, S. 163, Fn. 83 war Heinrich Ferdinand schon ab 1897 Leutnant und ab 1903 Rittmeister dieses Regiments.
↑Lieselotte Hanzl-Wachter: Hofburg zu Innsbruck: Architektur, Möbel, Raumkunst. Repräsentatives Wohnen in den Kaiserappartements von Maria Theresia bis Kaiser Franz Joseph. Böhlau, Wien, Köln, Weimar 2004, ISBN 3-205-77202-4, S. 111.
↑ abcBiographie beim Webangebot des Salzburg Museum im Rahmen der Ausstellung Erzherzog Heinrich Ferdinand von Habsburg-Lothringen (1878–1969). Offizier – Fotograf – Maler vom 10. April 2009 bis zum 25. April 2010.
↑Rezension der Schrift, in: Montanistische Rundschau. Band 7, 1917, S. 259.
↑Jiří Janáč: European Coasts of Bohemia. Negotiating the Danube-Oder-Elbe Canal in a Troubled Twentieth Century. Amsterdam University Press, Amsterdam 2012, ISBN 978-90-8964-501-2, S. 43, Fn. 55. Heinrich Ferdinands Schrift wird u. a. erwähnt bei Herbert Gottwald: Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Mitteleuropapolitik der herrschenden Klasse in Deutschland von der Jahrhundertwende bis 1918. In: Jahrbuch für Geschichte.ISSN0448-1526, Band 15, 1977, S. 145–189, hier S. 163.
↑Antonio Schmidt-Brentano: Die k. k. bzw. k. u. k. Generalität 1816–1918. Österreichisches Staatsarchiv, 1907, S. 130; etwas andere Angaben bei Theodor von Zeynek: Ein Offizier im Generalstabskorps erinnert sich. Hrsg. von Peter Broucek. Böhlau, Wien, Köln, Weimar 2009, ISBN 978-3-205-78149-3, S. 198, Fn. 263.
↑Informationsseite Vielseitige Talente und Interessen zur Ausstellung Erzherzog Heinrich Ferdinand von Habsburg-Lothringen (1878–1969). Offizier – Fotograf – Maler im Salzburg Museum vom 10. April 2009 bis zum 25. April 2010.
↑Heinrich Fuchs: Habsburg-Lothringen, Heinrich Ferdinand von. In: ders.: Die österreichischen Maler des 19. Jahrhunderts. Ergänzungsband 1. H. Fuchs, Wien 1978, S. 143.
↑Brigitte Sokop: Jene Gräfin Larisch. Marie Louise Gräfin Larisch-Wallersee. Vertraute der Kaiserin – Verfemte nach Mayerling. 4. Auflage. Böhlau, Wien, Köln, Weimar 2006, ISBN 3-205-77484-1, S. 356.
↑Gabriele Praschl-Bichler: Dresden und Wien. Allianz der Dynastien. Amalthea, Wien 2001, S. 123 f.
↑Stammtafel (PDF; 100 kB) zur Ausstellung Erzherzog Heinrich Ferdinand von Habsburg-Lothringen (1878–1969). Offizier – Fotograf – Maler im Salzburg Museum vom 10. April 2009 bis zum 25. April 2010.