Das gemeinnützige Haus der Barmherzigkeit zählt zu den größten privaten Betreuungseinrichtungen von schwer pflegebedürftigen Menschen in Österreich. In den geriatrischen Pflegekrankenhäusern werden hochbetagte, chronisch kranke sowie jüngere Patienten mit fortgeschrittener Multiple Sklerose oder im Wachkoma intensiv betreut. Schwer mehrfachbehinderte Menschen (mit hohem basalen Unterstützungsbedarf) werden von HABIT-Haus der Barmherzigkeit Integrationsteam in Wohngemeinschaften, Tageszentren und durch ein mobiles Angebot begleitet und gefördert.
Als erstes Haus wurde am 23. Juli 1875 das Geriatrische Pflegekrankenhaus in Währing im heutigen 18. Wiener Gemeindebezirk in der Vinzenzgasse eröffnet. Das Haus der Barmherzigkeit in der Vinzenzgasse verfügte über 23 Betten. Gestiftet wurde das Spital von der „Bruderschaft von der Allerheiligsten Dreifaltigkeit zur Pflege armer Unheilbarer“, bei der sich katholische Privatmänner unter der Führung von Franz Eipeldauer sozial engagierten.[1]
Die Pflege übertrugen sie dem Orden der Barmherzigen Schwestern vom Hl. Vinzenz von Paul.
Von Anfang an wurden bisher als unheilbar geltende Kranke nicht nur pflegerisch, sondern auch medizinisch versorgt. Dieser Umstand machte das Haus der Barmherzigkeit später zum Vorbild für ähnliche Institutionen im In- und Ausland und zur „Geburtsstätte der Geriatrie“. So wurde 1904 das Versorgungsheim Lainz nach dem Vorbild des Hauses der Barmherzigkeit gegründet. Dieses besuchte 1908 der aus Wien stammende und am New Yorker Mount Sinai Hospital arbeitende Arzt Ignatz Leo Nascher. Er prägte anhand dieser Institutionen den Begriff „Geriatrie“.
Zahlreiche Persönlichkeiten besuchten das Haus in der Vinzenzgasse:
Kaiser Franz Joseph I. (1900), Kardinal Theodor Innitzer und Fürstin Elsa von Liechtenstein (1935), Fürstin Gina von Liechtenstein (geborene Georgina von Wilczek) (1970), Kardinal Franz König und Bundespräsident Rudolf Kirchschläger (1975), Papst Johannes Paul II. (1983), Fürstin Marie von Liechtenstein (geborene Marie Kinsky von Wchinitz und Tettau) (2004), Kardinal Christoph Schönborn und Bürgermeister Michael Häupl (2005).
Am 12. Oktober 2006 verließ die letzte Patientin die Vinzenzgasse und zog in das neue Haus der Barmherzigkeit in der Tokiostraße um.[2]
Im Mittelpunkt der interdisziplinären Langzeitbetreuung steht der chronisch kranke bzw. mehrfachbehinderte Mensch mit seinen Wünschen und Bedürfnissen.
Geriatrie: In den geriatrischen Pflegekrankenhäusern wird Pflege und Medizin rund um die Uhr sowie Therapie angeboten. Die wichtigsten zur Anwendung kommenden Pflegekonzepte sind: Bezugspflege, Aktivierende Pflege, Validation (nach Naomi Feil), Basale Stimulation und Kinästhetik. Die medizinischen Schwerpunkte liegen auf: Innere Medizin mit allgemeiner Geriatrie, Palliativmedizin, geriatrische Rehabilitation sowie Gerontoneurologie und neurologische Rehabilitation. Bei Aufnahme des Patienten wird ein umfassendes geriatrisches Assessment durchgeführt. In der Therapie kommen Physiotherapie, physikalische Therapie, Ergotherapie, Diätetik, Musiktherapie, Psychotherapie, klinische Psychologie, Logopädie, Kunsttherapie und Tiertherapie zum Einsatz.
Betreuung von Menschen mit mehrfachen Behinderungen: HABIT (Haus der Barmherzigkeit Integrationsteam) betreut Menschen mit schweren Behinderungen und hohem basalen Unterstützungsbedarf in familienähnlichen Wohngemeinschaften und Tageszentren. In der täglichen Betreuungsarbeit werden folgende Konzepte angewendet: Lebensqualität durch pädagogisches und pflegerisches Handeln, nachvollziehbarer Alltag, unterstützte Kommunikation, sprachbegleitende Gebärdensprache, Basale Stimulation und pädagogisch integrierte Pflege.
Gemeinsam mit der Donau-Universität Krems entwickelte das Haus der Barmherzigkeit den „Masterlehrgang für Geriatrie“. Seit 2009 ist das Haus der Barmherzigkeit Lehrkrankenhaus der MedUni Wien. In einem Praktikum der Lehrveranstaltung „Soziale Kompetenz“ in den geriatrischen Pflegekrankenhäusern Seeböckgasse und Tokiostraße erfahren die Studenten den empathischen Umgang mit schwer kranken oder mehrfachbehinderten Menschen. 2019 eröffnete das Seminarzentrum „Campus Collegialität“ als neue Drehscheibe für Wissenstransfer.[4]
Ivan Cankars Roman: Hiša Marije Pomočnice (deutsch: Das Haus der Barmherzigkeit; ISBN 3-85435-257-3) hat die Anstalt als Handlungsort.
Lokasi Pengunjung: 52.15.71.71