Bertschinger war Sohn eines Schweizer Missionars und einer Libanesin. Bis zum Alter von 12 Jahren wuchs er im Libanon zusammen mit seinen fünf Geschwistern auf. Nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Tod seines Vaters siedelte die Familie 1946 in die Schweiz nach Zürich über. 1955 wurde Bertschingers Sohn Kim geboren.
1977 begannen für Bertschinger die Jahre der Reisen: Er unternahm zunächst eine Studienreisen nach Ägypten, 1982 ritt er über 3000 km auf dem Oregon Trail, zwei Jahre später unternahm er auf einem Eselsrücken eine Atlasüberquerung, im Jahr darauf ritt er über 1500 km entlang der Schweizer Grenze. Zusammen mit Walter Tschopp bereiste Bertschinger 1985 die Flüsse Saane, Rhone, Madison River, Missouri und Mississippi River. Es folgten Reisen nach Japan auf dem Dragon Trail, von Kapstadt nach Nairobi, Neuseeland, Alaska, Dubai und nach Ras Al Khaimah in den Vereinigten Arabischen Emiraten, 2012 schliesslich reiste er für das Projekt Totenfeier nach Mexiko. All diese Reisen zur Suche nach dem «Ursprung der Dinge»,[1] den Urgewalten der einstigen Pangaea, haben in der Folge stilbeeinflussende Kunstwerke hervorgebracht.
Hafis starb am 22. Juli 2024 in der Schweiz, kurz vor seinem 91. Geburtstag.
Werk
Bertschingers durchmischte Herkunft und Mehrsprachigkeit machten ihn empfänglich für globale Zusammenhänge und zum „Globetrotter“ zwischen den Kulturen. Insbesondere rund um die „Badewanne der Abendländischen Kultur“,[1] dem Mittelmeer, nahm Bertschinger seine Anregungen und seine Energie auf, aber auch im südlichen Afrika, im mittleren und fernen Osten, in Nordamerika und in der Schweiz war er künstlerisch aktiv. Er war bestrebt, möglichst unter die Oberfläche zu schauen und sich «das Fremde anzueignen, als sei es ein Teil von ihm».[1]
Bertschingers Arbeiten sind abstrakt. Besonders eindringlich sind seine Leporelli, eine Art Kalendarium, das mit einem Strich über das gesamte Werk durchgezeichnet ist, aber auch seine grossformatigen, bis zu 200 Meter langen Fahnen, die oft Monate zur Entstehung benötigen, weil sie je nach den Tageseindrücken des Künstlers unterschiedlich fortgeführt werden, an manchen Tagen nur wenige Zentimeter.
Sein Stil ist geprägt von der Dynamik des Gestus, einer Einfachheit der Formen, der Vergänglichkeit der Materialien und einer unerschöpflichen, spielerisch wirkenden Fantasie.
Einzelausstellungen (Auswahl)
2022 Explosion Implosion, Espace Culturelle Franco-Japonaise TENRI, Paris
1964: Little Rock Art Center, Little Rock, Arkansas
Film
2018 kam der vom SRF produzierte Dokumentarfilm Hafis & Mara von Mano Khalil.[2] Der überwiegend 2016 gedrehte Film porträtiert den gealterten Künstler, der sich die Frage stellt: «Wie beendet ein Mensch sein Leben?». Mit einer kaum kleineren Eindringlichkeit zeigt er auch seine Frau Mara, die ihm seine Kunst ermöglichte.
Preise und Auszeichnungen
1964: Bildhauerpreis der Delta-Show
2013: Prix Fondation Bédikian
Literatur
With a Horse Called George Along the Oregon Trail, Reisebericht, Idaho State University Press, Pocatello, 1996, ISBN 0-937834-59-9.