Gwyneth Jones wurde in der walisischen Grafschaft Monmouthshire geboren. Sie studierte vier Jahre Gesang am Royal College of Music in London bei Arnold Smith und Ruth Packer. Weitere Studien folgten an der Accademia Chigiana in Siena, am Internationalen Opernstudio in Zürich und in Genf bei Maria Carpi.
Ihr erstes Engagement erhielt Jones am Stadttheater Zürich. Sie debütierte dort in der Spielzeit 1962/1963 als Zigeunerin Czipra in der Operette Der Zigeunerbaron. Jones sang anfangs in der Stimmlage Mezzosopran. Zu ihren ersten Rollen in Zürich gehörten Magdalene in Die Meistersinger von Nürnberg (1962), Annina in Der Rosenkavalier (1962), die männliche Titelrolle in Orfeo ed Euridice (1962) und die Titelrolle in Carmen (1963). Jones vollzog den Wechsel zum Sopran, wo sie zunächst Sopranrollen des jugendlich-dramatischen Fachs sang. Ihre erste Sopranrolle sang sie im April 1963 in Zürich; es war die Amelia in der Verdi-Oper Ein Maskenball. Mitte/Ende der 1960er Jahre sang sie Partien wie die Titelrolle in Aida (Debüt: Januar 1968 in London), Leonora in Der Troubadour (Debüt: November 1964 in London) und Lady Macbeth in Macbeth (erstmals 1963 bei einem Gastspiel der Covent Garden Opera an der Welsh Opera in Cardiff) – eine Rolle, mit der sie noch bis in die späten 1990er Jahre auf der Bühne stand. 1964 debütierte sie am Stammhaus der Royal Covent Garden Opera in London als Leonore in der Oper Fidelio. Sie sang dort im Verlauf ihrer Karriere unter anderem: Leonora in Der Troubadour (Saison 1964/1965), Santuzza in Cavalleria rusticana (Debüt: März 1965), Sieglinde in Die Walküre (Saison 1965/1966), Desdemona in Otello (Debüt: Mai 1966), Elisabeth von Valois in Don Carlos (Debüt: Juni 1966), Donna Anna in Don Giovanni (Debüt: Juli 1967), sowie die Titelrollen in Tosca und Salome. Jones trat bis in die 1990er Jahre immer wieder an der Covent Garden Opera auf, so als Salome (1986), als Brünnhilde (zuletzt 1991 in einem vollständigen Ring-Zyklus) und als Ortrud in Lohengrin (1997).
Internationale Karriere seit den 1960er Jahren
Seit Mitte der 1960er Jahre war Jones eine international auftretende Sängerin. Die Entwicklung zum dramatischen Sopran erfolgte dabei relativ rasch. 1966 gastierte sie als Sopran-Solistin im Verdi-Requiem in Rom; am Grand Théâtre de Genève debütierte sie im selben Jahr als Desdemona. Im Februar 1966 gab sie mit der Fidelio-Leonore ihr Debüt an der Wiener Staatsoper; dort war sie bis 1995 festes Ensemblemitglied. 1989 wurde sie dort zum Ehrenmitglied ernannt. Jones gastierte anschließend unter anderem an der Bayerischen Staatsoper in München und an der Deutschen Oper Berlin. 1966 gab sie ihr USA-Debüt am Opernhaus von Dallas mit der Rolle der Lady Macbeth. In der Saison 1966/1967 sang sie die Fidelio-Leonore bei ihrem Debüt an der Mailänder Scala. 1970 debütierte sie als Salome an der Hamburgischen Staatsoper. Seit 1972 war sie Mitglied der Metropolitan Opera. Dort sang Jones unter anderem im Verlauf ihrer Karriere: Fidelio-Leonore, Isolde in Tristan und Isolde, die Titelrolle in Salome und die Marschallin in Der Rosenkavalier.
Später in ihrer Karriere übernahm sie vor allem die hochdramatischen Titelpartien in Elektra (u. a. 1998 nochmals an der Deutschen Oper Berlin, 1989 beim Festival in Orange) und Turandot (u. a. 1984 bei einem Gastspiel der Covent Garden Opera in Los Angeles, 1985 bei den Opernfestspielen in den Caracalla-Thermen, 1987 bei der Eröffnungsvorstellung des neuen Opernhauses in Pittsburgh, 1990 an der Covent Garden Opera), die Färberin in Die Frau ohne Schatten sowie die Isolde. Bei einer Aufführung der Strauss-Oper Die Frau ohne Schatten am Opernhaus Zürich im Jahr 1985 war Gwyneth Jones für die Hauptpartie der Färbersfrau besetzt. Als am Tag der Aufführung die Sängerin der zweiten Hauptpartie der Kaiserin absagte, übernahm Jones in derselben Aufführung auch noch diese zweite Partie.
Der walisische Komponist Alun Hoddinott widmete ihr 1992 das Sopran-Solo seiner Symphony No. 9, die den Titel „Vision of Eternity“ [Ansichten der Ewigkeit] trägt. Gwyneth Jones sang die Uraufführung des Werkes.
Mitwirkung bei den Bayreuther Festspielen
Von 1966 bis 1980 trat Jones regelmäßig bei den Bayreuther Festspielen auf. In Bayreuth sang Jones zunächst die Wagner-Rollen im jugendlich-dramatischen Fach; jedoch übernahm sie dort später auch die hochdramatischen Wagner-Heroinen. Sie sang in Bayreuth im Einzelnen folgende Rollen: Sieglinde in Die Walküre (1966; 1970–1973), Eva in Die Meistersinger von Nürnberg (1968, 1969), Kundry in Parsifal (1969, 1970) und Senta in Der Fliegende Holländer (1969–1971). In Götz Friedrichs einen Bühnenskandal auslösender Tannhäuser-Inszenierung (Premiere: 1972) sang Jones die Rollen Elisabeth und Venus in derselben Aufführung; diese Doppelbesetzung wiederholte sie in Bayreuth auch in den Jahren 1973, 1974 und 1977.
Die Brünnhilde sang Jones in Bayreuth zunächst 1974 nur in Götterdämmerung, 1975 dann in der kompletten Tetralogie Der Ring des Nibelungen. Beim sogenannten Bayreuther „Jahrhundert-Ring“ mit dem Dirigenten Pierre Boulez und dem Regisseur Patrice Chéreau sang sie von 1976 bis 1980 erneut die Brünnhilde in Der Ring des Nibelungen. 1982 sprang Jones noch einmal kurzfristig als Ersatz für die hochschwangere Lisbeth Balslev als Senta in der Holländer-Inszenierung von Harry Kupfer ein und sang alle Aufführungen im Festspielsommer 1982.[1] Außer der Isolde und der Ortrud sang sie somit bei den Bayreuther Festspielen alle großen Wagner-Rollen ihres Fachs.
Als Wagner-Interpretin galt Jones als Begründerin einen neuen Darstellertypus, als Singdarstellerin mit Innigkeit und Emotionalität.[2] Sie „befreite die Wagner-Rollen von jeder Heroinen-Patina“.[3] Gwyneth Jones wirkte in der Darstellung der Wagner-Heroinen „betont weiblich“.[4] Jones war eine „bühnenwirksam“[e] Darstellerin; ihre „starke Persönlichkeit“ verhalf ihr in den Wagner-Partien zu stärkster Wirkung.[4]
In erster Ehe war sie mit dem Schweizer Geschäftsmann Till Haberfeld verheiratet, mit dem sie die Tochter Susannah hat; diese ist ebenfalls Opernsängerin (Mezzosopran). In zweiter Ehe ist sie mit dem Dirigenten und Pianisten Adrian Müller verheiratet.[8]
Außerdem ist Dame Gwyneth Jones die derzeitige Besitzerin der berühmten Juwelen von Adelina Patti, welche ihr von der Sopranistin Dame Eva Turner übergeben wurden.
Literatur
Till Haberfeld: Gwyneth Jones. Atlantis Musikbuch-Verlag, Zürich 1991, ISBN 3-254-00166-4.