Schiaparelli (sprich Skiaparelli) gilt als der scharfäugigste Astronom seines Jahrhunderts und wurde besonders durch seine Beobachtungen der Planeten Merkur, Venus und Mars bekannt. Auf letzterem entdeckte er 1877 scheinbare zarte Rinnen, die von den Medien bald Marskanäle genannt wurden und 80 Jahre lang ein Forschungsthema waren. Schiaparelli erforschte auch eudoxische Bahnkurven (Hippopeden) und zahlreiche Kometenbahnen und konnte deren Zusammenhang mit alljährlichen Meteorschauern nachweisen. Später befasste er sich u. a. mit Geschichte der Astronomie und insbesondere mit himmelskundlichen Aspekten im Alten Testament.
Schiaparelli graduierte 1854 an der Universität von Turin in den Ingenieurwissenschaften der Architektur und Hydraulik. Für einige Zeit betrieb er private Studien in Astronomie, Mathematik und Sprachen. Im Jahr 1856 bekam er eine Stellung als Mathematiklehrer an einer Turiner Volksschule. Um Astronom zu werden, studierte er ab 1857 für zwei Jahre an der Berliner Sternwarte unter dem damaligen Direktor Johann Franz Encke. Ein weiteres Jahr arbeitete er am Pulkowo-Observatorium unter der Leitung von Wilhelm Struve. 1860 kehrte Schiaparelli nach Italien zurück, um in Mailand am Osservatorio Astronomico di Brera unter Francesco Carlini eine Stellung als „secondo astronomo“ anzutreten.
Weltbekannt wurde er durch seine Marsbeobachtungen und die vermeintliche Entdeckung der sogenannten Marskanäle (Canali) im Jahr 1877, als der Mars der Erde besonders nahekam. Diese linienförmigen Strukturen lagen nahe der Sichtbarkeitsgrenze der damaligen 30- bis 50-cm-Linsenfernrohre und erforderten spezielle Beobachtungserfahrung. Erst bei der nächsten Mars-Opposition 1879 wurde ihre Sichtung von anderen Astronomen bestätigt.
Schiaparelli hielt sie für natürlich entstandene, geradlinige Senken von bis zu 2000 km Länge und etwa 100 Kilometern Breite, durch die sich eventuell Wasser auf der ansonsten trockenen Oberfläche ausbreiten könne (La vita sul pianeta Marte, 1893). Doch eine fehlerhafte Übersetzung ins Englische (canals statt korrekt channels) ließ viele Journalisten an Kunstbauten denken. So entstanden Science-Fiction-Romane und ein jahrzehntelanger Mythos von Marsmenschen. 1894 baute Percival Lowell die Flagstaff-Sternwarte in Arizona, um die Marskanäle und das auf Mars vermutete Leben genauer zu erforschen.
Erst 1965 beendeten die Fotos der US-Sonde Mariner 4 diese Spekulationen. Die Marskanäle gelten heute teilweise als optische Täuschung (Linienverstärkung durch korrelierte Reizung benachbarter Sehzellen); die flächigen Darstellungen Antoniadis von 1910–30 sind aber kaum detailreicher. Etwa die Hälfte der von Schiaparelli und anderen Astronomen kartierten Marskanäle dürften jedoch tatsächlichen Canyons, linienförmigen Geländeschatten, Talsystemen oder Kraterketten entsprechen.[1] Jedenfalls beflügeln die Marskanäle die Fantasie von Schriftstellern bis heute.