Ein Gestüt (veraltet auch Stuterei[1]) ist ein landwirtschaftlicher Betrieb, der sich auf die Pferdezucht spezialisiert hat. Findet die Vermehrung unkontrolliert innerhalb der Herde statt, spricht man von einem wilden Gestüt.
Ein staatlich betriebenes Gestüt der Bundesrepublik Deutschland bezeichnet man je nach Ausprägung als Landgestüt, Hauptgestüt oder Haupt- und Landgestüt. Der Begriff Hofgestüt war einst gebräuchlich für staatliche Gestütsbauten.
Landgestüte
Ein Landgestüt hat die Aufgabe, Pferdezüchtern hochwertige Hengste (sogenannte Landbeschäler) zur Verfügung zu stellen. In Landgestüten wird keine eigene Zucht betrieben, sondern es werden lediglich Hengste für die Privatzucht zur Verfügung gestellt. In der Regel stehen die Hengste auch lediglich außerhalb der Decksaison in einem Landgestüt, während sie während der Decksaison auf kleinere, verteilte Deckstationen gebracht werden, um die Wege der Züchter möglichst kurz zu halten und so die Nutzung der Hengste durch den Privatzüchter zu forcieren. Ihre Gründung geht zurück ins 17. und 18. Jahrhundert. Hauptmotiv war die Möglichkeit durch die Hengste starken Einfluss auf die Qualität der privaten Zucht nehmen zu können. Aber auch die Förderung der Landwirtschaft und Bereitstellung von Pferden für die Kavallerie und die Aufbesserung der Staatskasse waren Antriebe zur Unterhaltung der Landgestüte.
Die Rolle der Landgestüte wird zunehmend in Frage gestellt, da mit der zunehmenden Mechanisierung der Landwirtschaft die wirtschaftliche Notwendigkeit für hochwertige Pferde mehr und mehr entfällt. Bereits in den 1950er und 1960er Jahren wurden immer wieder Landgestüte zusammengelegt, privatisiert oder ganz aufgelöst. Gegen die Auflösung der Landgestüte spricht allerdings, dass der Pferdesport – und damit auch die Pferdezucht – ein bedeutender Wirtschaftsfaktor ist, der durch die Landgestüte maßgeblich unterstützt wird.
Heute gehört den Landgestüten vielfach die Landes-Reit- und Fahrschule des jeweiligen Bundeslands an. Diese dienen der überbetrieblichen Ausbildung von Lehrlingen für Pferdewirte sowie Trainer- und Abzeichenlehrgänge.[2]
In Schleswig-Holstein gibt es nach der Auflösung des Landgestüts Traventhal im Jahr 1960 kein Landgestüt mehr. Dessen Aufgabe übernimmt jetzt der Verband der Züchter des Holsteiner Pferdes (Holsteiner Verband)[3].
Staatlich geführte Gestüte, auf denen Landbeschäler gezüchtet werden, die also Hengste, Stuten und Fohlen halten, werden als Hauptgestüte bezeichnet. Werden die in einem Hauptgestüt aufgestellten Hengste – sogenannte Hauptbeschäler – auch wie auf einem Landgestüt Privatzüchtern zur Verfügung gestellt, so wird das Gestüt als Haupt- und Landgestüt bezeichnet.
Ehemalige bedeutende Haupt- und Landgestüte sowie Hofgestüte
Über die Jahrhunderte verloren mehrere große, zumeist staatliche Gestütsanlagen ihren Status als Haupt-, Land-, Hofgestüt oder Vorwerke der Haupt- und Landgestüte. Im Folgenden seien einige dieser Pferdezuchtzentren genannt:
Kurfürstlich-Sächsische Hofgestüt Bleesern, gegründet vor 1449, bis 1724 zur Pferdezucht genutzt; die erhaltenen frühbarocken Bauten 1686 vollendet und somit älteste erhaltene Gestütsanlage Deutschlands, bis 2010 von Abbruch bedroht, seitdem Sicherung und schrittweise Instandsetzung durch Förderverein (Lutherstadt Wittenberg, Ortsteil Seegrehna, Sachsen-Anhalt)
Nationalgestüt Pompadour, Haras national de Pompadour, gegründet 1751 für Jeanne-Antoinette Le Normant d’Étiolles geborene Poisson, Marquise de Pompadour seit 1745; per Erlass Ludwig XV. vom 28. Januar 1764 kurz vor dem Tod der Marquise zum königlichen Gestüt (Haras royal de Pompadour) erhoben; mehrmals aufgehoben (1791, 1860) und neu gegründet, zuletzt 1874.[6]