Gerhard Trabert wurde im Juli 1956 in Mainz geboren. Während seiner Kindheit verbrachte er viel Zeit in dem Waisenhaus, in dem sein Vater als Erzieher tätig war. Dies sensibilisierte ihn schon früh für das Schicksal benachteiligter Menschen.
Trabert studierte von 1975 bis 1979 Sozialarbeit an der Fachhochschule Wiesbaden mit dem Abschluss Diplom-Sozialpädagoge. Nach der Beendigung seines Studiums war Trabert im Krankenhaussozialdienst tätig. 1983 begann er das Studium der Humanmedizin, das er 1989 an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz abschloss. Während des Studiums erhielt Trabert ein Begabtenstipendium des Evangelischen Studienwerks Villigst. Mit seiner DissertationsschriftGesundheitssituation und medizinische Versorgung von wohnungslosen Menschen wurde Trabert 1994 nach seinem Studium von der medizinischen Fakultät der Universität Mainz zum Dr. med. promoviert. Trabert war zehn Jahre an Krankenhäusern in Rheinland-Pfalz und Hessen klinisch tätig. Sein Schwerpunkt war die Innere Medizin, speziell die medizinische und psychosoziale Versorgung onkologischer Patienten. Er bildete sich zum Arzt für Allgemeinmedizin und Notfallmedizin weiter. Von Beginn seiner ärztlichen Tätigkeit an absolvierte er zahlreiche Auslandseinsätze unter anderem in Indien, Bangladesch und den USA.
Bei seiner Reise durch Indien lernte Trabert das „aufsuchende Gesundheitsversorgungskonzept“ Medical-Streetwork kennen, bei dem vorwiegend Leprakranke behandelt wurden. Der Leitsatz, dem dieses Konzept folgt, lautet: „Wenn der Patient nicht zum Arzt kommt, kommt der Arzt zum Patienten.“ Inspiriert von dieser Arbeit und seinen Erfahrungen dort, übertrug er diesen medizinischen Ansatz auf die Gesundheitsversorgung von wohnungslosen Menschen. Im Jahr 1994 gründete er das Mainzer Modell,[2] eine medizinische Versorgungseinrichtung für wohnungslose Menschen. Mit einem „Arztmobil“ suchen Trabert und seine Kollegen bestimmte Standorte auf und bieten kostenlos ärztliche Hilfe an. Trabert bekam als erster Arzt in Deutschland für diese Form der mobilen Praxis eine kassenärztliche Zulassung.
Im Jahr 2013 richtete Trabert in Räumlichkeiten der Stadt Mainz die „Ambulanz ohne Grenzen“ ein. Dort sind 20 Ärzte, Krankenschwestern/Krankenpfleger und Sozialarbeiter tätig. Wohnungslose Menschen und Patienten ohne Versicherungsschutz werden kostenfrei medizinisch behandelt.
Gerhard Trabert befand sich vor und während seines Studiums im Leichtathletikkader der deutschen Junioren- und Studentennationalmannschaft. Zu seinen sportlichen Erfolgen gehören unter anderem die Silbermedaille im 4-mal-400-Meter-Lauf bei den Leichtathletik-Junioreneuropameisterschaften 1975 sowie die Bronzemedaille im 4-mal-400-Meter-Lauf bei der Universiade 1977. Seine Bestlaufzeit von 1:49,26 min auf 800 Meter, die Trabert 1981 aufstellte, ist auch heute noch in der Liste der „Ewigen Top Ten“ des USC Mainz vertreten.[4]
Politik
Bei der Bundestagswahl 2021 trat Trabert als parteiloser Direktkandidat für die Partei Die Linke für den Bundestagswahlkreis Mainz an. Er stand nicht auf der Landesliste der Partei.[5] Bei der Wahl am 26. September erreichte er mit 12,7 Prozent die viertmeisten Erststimmen, verpasste damit jedoch den Einzug in den Bundestag.[6] Damit erreichte er bei der Bundestagswahl 2021 das beste Erststimmenergebnis eines Kandidaten der Partei Die Linke in Westdeutschland.
Für die Wahl zum Bundespräsidenten am 13. Februar 2022 stellte Die Linke Trabert als ihren Kandidaten gegen den erneut kandidierenden Amtsinhaber Frank-Walter Steinmeier (SPD) auf. Trabert wollte diese Kandidatur nach eigenen Worten nutzen, um auf die Armut und soziale Ungerechtigkeit in Deutschland hinzuweisen: „Es geht nicht um mich. Es geht mir um die Menschen, für die ich mich engagiere“, sagte er.[7][8] Auf Trabert entfielen 96 von 1437 abgegebenen Stimmen der Bundesversammlung[9] und damit 25 mehr, als die Linke Vertreter stellte.
Der wiedergewählte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach Trabert in seiner Rede am 13. Februar 2022 direkt an:
„Gestatten Sie mir, sehr geehrter Professor Trabert, noch ein zusätzliches Wort. Sie haben mit Ihrer Kandidatur auf ein Thema aufmerksam gemacht, das mehr Aufmerksamkeit verdient: die Lage der Ärmsten und Verwundbarsten in unserem Land. Dafür gebührt Ihnen nicht nur Respekt, sondern ich hoffe, dass Ihr Impuls erhalten bleibt.“
– Frank-Walter Steinmeier
Außerdem schlug Steinmeier Trabert ein Treffen vor, um „dem drängenden Thema gemeinsam mehr Aufmerksamkeit verschaffen zu können“.[10] Dieses Treffen fand am 4. März 2022 im Schloss Bellevue statt. Sie besprachen dort konkrete Maßnahmen und Aktionen, um armen Menschen zu helfen.[11]
Der versprochene Besuch des Bundespräsidenten in Mainz fand am 2. Juni 2022 statt. Steinmeier besichtigte das Arztmobil für Obdachlose und zeigte sich von Traberts Arbeit sehr beeindruckt. Es wurde über eine längerfristige Kooperation bei der Bekämpfung von Armut beraten.[12][13]
Im Rahmen seiner Kandidatur wies Trabert auf das Wegschauen der Zustände von Flüchtlingen und armen Menschen in Deutschland hin und zog eine Parallele zum Wegschauen während des Nationalsozialismus bezüglich der Gräueltaten der Nazis:
„Wie damals viele Deutsche wussten, was mit den Juden geschieht, ist es heute so, dass wir wissen, was mit geflüchteten Menschen im Mittelmeer, in libyschen, in syrischen Lagern geschieht. Wir wissen, wie die Armut zunimmt, wir wissen um die erhöhte Sterberate von armen Menschen auch hier in Deutschland.“
Außerdem sagte Trabert zur Lage in der Bundesrepublik: „Auch die Gerichte missbrauchen ihre Macht, um Kritik in dieser Demokratie mundtot zu machen. Das dürfen wir nicht akzeptieren“. Obwohl Trabert dies auf die Kriminalisierung von Seenotrettern bezog, wurden seine Aussagen von verschiedenen Seiten kritisiert.[14][15][16][17]
Ende 2022 gehörte Trabert zu den Erstunterzeichnern einer Petition und Kampagne von DiEM25 zur Aufgabe der Schuldenbremse.[18]