Der VEB Funkwerk Köpenick mit Sitz in Ost-Berlin ging als Nachfolger aus dem 1934 gegründeten Radarpionierunternehmen GEMA hervor. Er war eine der bedeutendsten Einrichtungen für Nachrichtenelektronik in der DDR. Sein Nachfolgerunternehmen ist ab 1992 die DeTeWe Funkwerk Köpenick GmbH bzw. die ebenfalls zur DeTeWe gehörende Funkwerk Köpenick GmbH.
Im Jahr 1934 wurde die Gesellschaft für elektroakustische und mechanische Apparate mbH (GEMA) gegründet, die während des Zweiten Weltkriegs einer der führenden Betriebe der Radar-Entwicklung war. Zusätzlich war die GEMA auf dem Gebiet der Sonaranlagen und Schiffssteuerungen tätig.[1][2] Im September 1937 verlegte das Unternehmen Sitz und Produktion in die Wendenschloßstraße 154.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das GEMA-Werk enteignet und unter sowjetische Militärverwaltung gestellt. Die noch verbliebenen technischen Anlagen wurden teilweise demontiert. Das Know-how wurde nun durch die neuen Machthaber genutzt. Die Produktionsanlagen blieben erhalten und die Entwicklung und Herstellung von Schiffsführungsanlagen und elektrischen Messgeräten wurde wieder aufgenommen. Das Unternehmen firmierte nun als Wissenschaftlich-technisches Büro des Ministeriums des Schiffindustriebaus der UdSSR (MSP).
Am 15. Dezember 1949 wurde das MSP an die kurz zuvor gegründete DDR übergeben und in einen Volkseigenen Betrieb (VEB) umgewandelt. 1949 bestanden daraufhin zwei Nachfolgebetrieb: der VEB Zentrallaboratorium für Signal- und Sonderanlagen und der VEB Funkwerk Köpenick. Beide Betriebe wurden 1951 unter dem Namen VEB Funkwerk Köpenick vereinigt.
Zu den Schwerpunkten von Entwicklung und Fertigung gehörten zunächst Messgeräte, Sicherungstechnik für Bahnen und Bergbau, Regelungstechnik und industrielle Hochfrequenzerwärmung. Im Auftrag des DDR-Ministeriums für Maschinenbau wurde 1951 die Fertigung von Rundfunksendern und Empfangsanlagen aufgenommen. Im Juni 1952 wurde der erste hier hergestellte Hochleistungs-Mittelwellensender mit 250 kW Sendeleistung in Betrieb genommen. Mit dem Auftrag zur Modernisierung des ehemaligen »Deutschlandsenders« in Königs Wusterhausen erweiterte man sich auf das Gebiet der Langwellentechnik, woraus ein 750 kW-Langwellensenders entstand, Ein Prototyp ging 1960 in Zehlendorf in Betrieb. Als weitere Großsender wurde ein 100 kW-Kurzwellensenders mit dreh- und schwenkbarer Richtantenne in Nauen für den Übersee-Rundfunkdienst errichtet.
Seit 1953 befasste man sich auch mit UKW-Rundfunk- und -Fernsehsendern, zunächst für das VHF-Band, seit 1960 auch für den UHF-Bereich. Der VEB Funkwerk Köpenick lieferte die komplette UHF-Funk-Ausstattung des neuen Fernsehturms am Alexanderplatz, die dann die Ausstrahlung des 2. Fernsehprogramms der DDR ermöglichte. Auch die Entwicklung einfacher und hochwertiger Fernseh-Empfangsgeräte war Aufgabe des Funkwerks.[3] Zeitweise waren bis zu 3.000 Mitarbeiter beschäftigt.
Im Juli 1970 konnte der erste eigene Großrechner in Betrieb genommen werden, eine Robotron-300-Anlage. Diese wurde im Dezember 1982 durch eine EC-1035 abgelöst.
Am 22. September 1978 besuchten Kosmonaut Sigmund Jähn und Politbüromitglied Harry Tisch das Funkwerk aus Anlass der Verleihung des Ehrennamens Sigmund Jähn an eine Brigade im Bereich Betriebsfunk.
Nach der Wende wurde der VEB in die Rechtsform einer GmbH überführt und firmierte als Funkwerk Köpenick GmbH. Die Betriebsleitung modernisierte das Produktionssortiment. 1992 erwarb die DeTeWe Deutsche Telephonwerke und Kabelindustrie AG das Unternehmen und benannte es in DeTeWe Funkwerk Köpenick GmbH um. Im Zuge der Neustrukturierung der DeTeWe wurde der Standort 2004 aufgegeben. Die letzten, weniger als 100 Mitarbeiter verloren ihren Arbeitsplatz.[4]
Am neuen Standort Ratingen entwickelte und vertrieb die DeTeWe-Tochtergesellschaft digitale Bündelfunktechnik und exportierte analoge Technikausrüstungen.[5]
Einen Teilbereich übernahm Rohde & Schwarz und führt ihn seit September 1992 als FTK Funktechnik Köpenick GmbH firmieren.[6]
Standorte des VEB
Berlin, Wendenschloßstraße: KN-1E
Zossen/OT Dabendorf, Ernst Thälmann Straße: EKV 12/13
Peter Vielhauer, ab 1956 Entwickler von Sendeantennen und Filtern, später Leiter des Mathematischen Büros und ab 1965 Leiter der Betriebsorganisation und Rechentechnik
Die Bezirksverordnetenversammlung beschloss 2016 einen Bebauungsplan. Das gesamte Areal sollte in ein Wohnquartier mit ca. 750 bis 800 Wohneinheiten und gewerblichen Nutzungen umgestaltet werden. Der Senat von Berlin zog das Planungsverfahren an sich[14] und führte 2017 einen Wettbewerb für die Bebauung des Geländes durch, an dem Architekten, Landschafts- und Stadtplaner teilnahmen.[15][16] 2022 wurden die letzten Gebäude abgerissen, und es sind der Neubau von 285 Wohnungen und eines Hotels, eine neue Straße, eine öffentliche Parkanlage, ein öffentlicher Spielplatz sowie ein öffentlich zugänglicher Uferweg an der Dahme vorgesehen (Stand 8.2023). Der Verbleib des Terrakotta-Reliefs „Tugenden und Laster des Sozialismus“ der Berliner Bildhauerin Ingeborg Hunzinger aus dem Jahr 1966 im Treppenhaus des Gebäudes an der Wendenschloßstraße 142 war im Bebauungsplan nicht geregelt, da es nicht unter Denkmalschutz stand.[17]
Literatur
Gerd Klawitter: 100 Jahre Funktechnik in Deutschland 2: Funkstationen und Messplätze rund um Berlin. 2002, ISBN 3-89685-511-5, Seite 120
↑Patent DE729831C: Lotungs- und Entfernungsmessverfahren mittels reflektierbarer Wellen. Angemeldet am 15. Dezember 1933, veröffentlicht am 23. Dezember 1942, Anmelder: Gema Ges. für elektroakustische u. mech. Apparate m.b.H.
↑Patent DE757912C: Nach dem Leitstrahlprinzip arbeitende Navigationsanlage. Angemeldet am 13. Juni 1937, veröffentlicht am 8. Februar 1954, Anmelder: Gema Ges. für elektroakustische und mechanische Apparate m.b.H, Erfinder: Paul-Günther Erbslöh.