Schreyvogl war ein katholisch-nationaler Autor und galt als „Vorzeigeautor des Austrofaschismus“.[1] Er spielte eine wichtige Rolle bei der nationalsozialistischen Unterwanderung der österreichischen Literatur vor dem „Anschluss Österreichs“ und wurde im Deutschen Reich zum Apologeten des Nationalsozialismus.
Schreyvogl war ein Urgroßneffe von Joseph Schreyvogel. Er studierte Staatswissenschaften unter anderem bei Othmar Spann. 1922 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern des von Karl Anton Prinz Rohan gegründeten Europäischen Kulturbundes. Bevor er 1927 Vorsitzender des Katholischen Österreichischen Schriftstellerverbandes wurde, war er Schriftleiter der Zeitschrift Abendland.[2] 1927 wurde er Professor für Dramaturgie und Literatur an der Staatsakademie. Ab 1931 war er auch Dozent am Reinhardt-Seminar und von 1935 bis 1938 Konsulent der österreichischen Staatstheater. Schreyvogl war Duzfreund des Bundeskanzlers Kurt von Schuschnigg und von Kardinal Theodor Innitzer.[3] In Heinz Kindermanns völkischer Anthologie Des deutschen Dichters Sendung in der Gegenwart (1933) bezeichnete Schreyvogl „Die Dichter als Vorhut der Nation“[4] Er spielte bei der nationalsozialistischen Unterwanderung der österreichischen Literatur „eine der verhängnisvollsten Rollen“.[5]
1933 trat Schreyvogl aus dem PEN-Club aus. Er bekleidete das Amt eines Landestreuhänders für das Theater in Wien im Rahmen des VF-Werkes „Neues Leben“. 1934 schloss er sich der illegalen NSDAP in Österreich an, am 31. Mai 1938 beantragte er die reguläre Aufnahme in die Partei und wurde rückwirkend zum 1. Mai aufgenommen (NSDAP-Mitgliedsnummer 6.187.644).[6][7] Er kooperierte mit der NSDAP,[8] war Denunziant für die Reichsschrifttumskammer,[9] sowie Mitbegründer und „Säckelwart“ des nationalsozialistischen Bundes deutscher Schriftsteller Österreichs. 1938 war Schreyvogl mit einem Beitrag im Bekenntnisbuch österreichischer Dichter vertreten, das vom Bund deutscher Schriftsteller Österreichs herausgegeben wurde und in dem die Autoren begeistert den „Anschluss Österreichs“ begrüßten. „Ich will wahrhaftig nichts, als arbeiten“, schrieb er wenige Wochen nach dem „Anschluss“ an Hermann Heinz Ortner, „jetzt haben wir ja Platz genug!“[3]
Schreyvogl übersiedelte er zum Film und arbeitete als Dramaturg sowie als Drehbuchverfasser. Sein Werk umfasst auch über 20 Theaterstücke, von denen es viele aber nur bis zur Premiere brachten.[10] Seine frühen Bühnenwerke waren im NS-Staat „wenig erwünscht“, Autoren wie er und Hermann Heinz Ortner galten unter Nationalsozialisten als Lavierer.[11]Die kluge Wienerin (1941) und Titania (1943) jedoch wurden große Publikumserfolge. Die kluge Wienerin wurde von rund 100 Bühnen über 2000-mal gespielt, 1941/42 erreichte das Lustspiel allein am Deutschen Volkstheater in Wien 64 Aufführungen.
Nach 1945 blieb Schreyvogl im literarischen Leben fest verankert und wusste sich als „unwandelbar katholischer Dichter“ darzustellen. Er bestritt, illegaler Nationalsozialist gewesen zu sein, gab an, zwischen Mai 1938 und Kriegsende der NSDAP angehört zu haben und ersuchte gleichzeitig um Abstandnahme von der Registrierung.[12] Im Kabarett „Blattl vorm Mund“ von Helmut Qualtinger und Carl Merz wird Schreyvogls politische „Wendigkeit“ vom katholischen Ständestaat zum Apologeten des Nationalsozialismus als „schwarzbrauner Schreivogel“ karikiert.[13] 1946 war er Begründer und Präsident der österreichischen LVG (Literarische Verwertungs-Gesellschaft), die zur Wahrung der literarischen Nutzungsrechte ihrer Mitglieder dient.[14] In der Zweiten Republik war er auch in der Kulturredaktion der Wiener Zeitung tätig.[15] Ab 1952 war er Chefdramaturg am Theater in der Josefstadt.[16] und zwischen 1954 und 1959 zweiter Direktor, dann Chefdramaturg des Wiener Burgtheaters.
Von 1956 bis zu seinem Tod im Jahr 1976 war Schreyvogl außerordentliches Mitglied der Akademie der Künste in Berlin (West), Sektion Literatur.[17]
Schreyvogl gilt als „wendiger, schnell- und vielschreibender Literat“.[19] Auch als Erzähler hat Schreyvogl Bedeutung. Laut Wilpert sind seine Romane „breite Zeitgemälde aus der Zeit vor dem 1. Weltkrieg.“[20] Auch entwickelten sie „den österreichischen Gedanken“.
Werke
Dramen:
Der zerrissene Vorhang, 1920
Karfreitag, 1920
Auferstehung, 1921
Der ewige Weg, 1921
Das Mariazeller Muttergottesspiel, 1924
Der dunkle Kaiser, 1927
Johann Orth, 1928
Der Gott im Kreml, 1937
Das Liebespaar, 1939
Die kluge Wienerin, 1941
Die weiße Dame, 1942
Titania, 1943
Die Versuchung des Tasso, 1955
Der Mann im Feuerofen, 1957
Romane:
Der Antichrist, 1921
Tristan und Isolde, 1930
Liebe kommt zur Macht, 1932
Franz Grillparzer. Einsamer unter Genießern, 1935
Brigitte und der Engel. Ein Roman für Liebende, 1936
↑Gerald Tuma: Vom Ständestaatpoeten zu einem NS-Apologeten. Magisterarbeit, Wien 1996. – Daten der Zeitschrift: Deutsche Monatshefte für europäische Kultur, Politik und Wirtschaft. Gilde-Verlag, Köln / Wien / Berlin.
↑Gerhard Renner: Österreichische Schriftsteller und der Nationalsozialismus (1933–1940): der „Bund der deutschen Schriftsteller Österreichs“ und der Aufbau der Reichsschrifttumskammer in der „Ostmark“. Buchhändler-Vereinigung, 1986.
↑Reinhold Hangler: Der Fall Franz Karl Ginzkey und Seewalchen: eine Dokumentation. Mauthausen-Aktiv-Vöcklabruck, 1989.
↑Liebhaber in Trümmern. In: Der Spiegel. Nr.42, 1950, S.40 (online – 18. Oktober 1950).
↑Das evangelische Intellektuellenmilieu in Deutschland, seine Presse und seine Netzwerke (1871–1963). Herausgegeben von Michel Grunewald, Uwe Puschner, Peter Lang, Berne 2008, ISBN 978-3-03911-519-8.
↑Gero von Wilpert (Hrsg.): Lexikon der Weltliteratur. Deutschsprachige Autoren. Kröner 2004, S. 561.