Carl Hermann Schmidt entstammte einer protestantischenbürgerlichenPosamentiermeistersfamilie mit mindestens neun Kindern und mehreren Hausangestellten. Religiös und literarisch prägte ihn seine Mutter. In der Gymnasialzeit war er ein in viele Richtungen Suchender, der von seiner Umgebung als leichtsinnig wahrgenommen wurde.[2] 1886, ein Jahr vor dem Abitur, musste er nach heftiger Auseinandersetzung mit einem Lehrer, das Zittauer Gymnasium verlassen. Er trug sich mit dem Wunsch, Schauspieler oder Dramatiker zu werden, arbeitete als Volontär in einer Zittauer Maschinenfabrik und erhielt schließlich von der Familie – um ihn „los zu werden“[3] – Geld für die Überfahrt nach Amerika. Dieses verbrauchte er mit einem Vetter in Berlin. Mittellos schlug er sich nach Hamburg durch, wo er verschiedene Kurzzeitbeschäftigungen annahm. Inzwischen ohne religiöse Überzeugung, wurde er im Kleinen Michel von der katholischenLiturgie und Andacht berührt. Er wandte sich an den Pfarrer mit dem Anliegen der Konversion, wurde aber abgewiesen, bis er einen dauerhaften Beruf gefunden hätte. Er versuchte, sich als Kolporteur durchzuschlagen.[4] Als er seine Wohnungsmiete nicht mehr zahlen konnte, wurde er als Obdachloser aus Hamburg ausgewiesen.
Auf der weiteren „Walz“[5] gelangte er schließlich nach Landshut. Der Pfarrer der Stadtkirche St. Martin, dem er von seiner Konversionsabsicht erzählte, verwies ihn an verschiedene bayerische Klöster. Die Franziskaner von Maria Loreto erkannten die Ernsthaftigkeit seines Anliegens und seine intellektuellen Gaben und nahmen ihn in ihr Noviziat auf. Er erhielt den OrdensnamenExpeditus, durchlief die Ordensausbildung, legte die Gelübde ab und empfing die Priesterweihe. Die Primiz feierte er in der katholischen Pfarrkirche seiner Heimatstadt, deren Grundsteinlegung er als 15-Jähriger miterlebt hatte. Danach wurde er zum Weiterstudium an die Universität München geschickt, wo er mit einer theaterhistorischen Arbeit zum Dr. phil. promoviert wurde.
In den 1920er Jahren erschienen seine bedeutendsten Monografien. „In der Zeit des Nationalsozialismus trat Pater Schmidt weder als Kritiker noch als Sympathisant hervor. 1939 verstarb er nach längerer Krankheit.“[8]
Veröffentlichungen (Auswahl)
Die Bühnenverhältnisse des deutschen Schuldramas und seiner volkstümlichen Ableger im sechzehnten Jahrhundert. Berlin, 1903.
Anregungen. Gesammelte Studien und Vorträge. München, 1909.
Vom Lutheraner zum Franziskaner. Konvertiten-Briefe. Landshut, 1910.
Das Theater als Quelle der Freude in Vergangenheit und Gegenwart. Innsbruck, 1920.
↑„Am Fronleichnamstag [1939] starb im Juliushospital zu Würzburg der bekannte Franziskaner P. Dr. Expeditus Schmidt“ (Hippolytus Böhlen im St.-Antonius-Kalender 1940, zitiert bei Gehle S. 11). Fronleichnam fiel 1939 auf den 8. Juni; die Angabe des Todesdatums „08.07.1939“ bei worldcat.org ist ein Berechnungs- oder Schreibfehler.
↑Irmgard Gehle: Expeditus Schmidt. Bautz, Nordhausen 2010, S. 16.
↑Irmgard Gehle: Expeditus Schmidt. Bautz, Nordhausen 2010, S. 24.
↑Irmgard Gehle: Expeditus Schmidt. Bautz, Nordhausen 2010, S. 25.
↑„Er ist Sachse, kam auf der Walze nach Landshut und konvertierte dort »aus Not« und sprang bei den Franziskanern ein, um der lieben Versorgung willen. Ein gescheiter Kopf ist er, aber ein Filou“ (Adele Einsle an Karl May im Zusammenhang mit dessen Prozess gegen Schmidt und Ansgar Pöllmann, 23. Oktober 1910; zitiert bei Irmgard Gehle: Expeditus Schmidt. Bautz, Nordhausen 2010, S. 14).