Dezember-Konferenz 1890Die preußische Dezember-Konferenz (auch Schulkonferenz) war ein pädagogischer Fachkongress vom 4. bis 17. Dezember 1890 in Berlin zur Erörterung der Zukunft des Gymnasiums. BedeutungDer hochkonservative preußische Kultusminister Gustav Konrad Heinrich von Goßler hatte die Dezember-Konferenz wider Willen einberufen, um die Reform des Gymnasiums und Abiturs zu erörtern. Treibende Kraft war der junge Kaiser Wilhelm II., der als König von Preußen die oberste Entscheidungsinstanz für Schulfragen in seinem Teilstaat war. Auf der Konferenz wurden die Gegensätze zwischen humanistischer und realistischer Bildung lebhaft ausgetragen. Die Konferenz fand eine Fortsetzung in der Juni-Konferenz 1900. Den Kaiser trieben kurz nach dem Rücktritt Bismarcks politische Ziele an: Er wollte die Sozialdemokratie auf dem „Hauptkampfplatz“ in der Schule bekämpfen.[1] Ein Mittel sei der Geschichtsunterricht, in dem die Schrecken der Französischen Revolution und die Kämpfe der Befreiungskriege stärker zu behandeln seien als die griechisch-römische Geschichte. Die altsprachlichen Gymnasien, von denen es bereits genug gebe, böten nur ein überholtes Angebot mit zu viel Wissensballast, seine eigene Schulzeit in einem Kasseler Gymnasium habe ihm dies gezeigt. Diese Ansichten trug er in der Eröffnungsrede der Konferenz vor und erregte den lauten Protest der Humanisten. Ergebnis war eine Reform des humanistischen Gymnasiums in Preußen: Die Stundenzahl für Latein verminderte sich um 15 Prozent von 77 auf 66 Stunden, es war kein lateinischer Aufsatz mehr zu schreiben. Mehr Unterrichtsstunden erhielt dafür vor allem das Fach Deutsch. Die humanistischen Vertreter ließen sich darauf ein, weil das Abiturprivileg des humanistischen Gymnasiums für die klassischen Studienfächer erhalten blieb. Das Realgymnasium sollte nach Wilhelm II. als „Halbheit“ zwischen klassischer und Realbildung abgeschafft werden, was am Ende aber nicht gelang; stattdessen berechtigte die lateinlose Oberrealschule nicht nur zum Zugang zur Technischen Hochschule, sondern auch zum Studium der Mathematik und Naturwissenschaften. 1892 wurde außerdem die höhere Beamtenlaufbahn für Oberrealschüler geöffnet. Die städtischen Kommunen gründeten auf Druck des aufstrebenden Bürgertums zahlreiche Oberrealschulen und seit 1893 auch Mädchengymnasien. Mit Bezug auf die Konferenz entwickelten Reformpädagogen neue Schulmodelle: Berthold Otto entwarf die Zukunftsschule und entwickelte eine Hauslehrerschule mit Hilfe der preußischen Schulverwaltung. Hermann Lietz gründete ab 1898 Landerziehungsheime. ZitateKultusminister von Goßler am 6. März 1889 vor dem Preußischen Abgeordnetenhaus:[2]
Kaiser Wilhelm II. auf der Konferenz 1890:[3]
Im Hinblick auf den weiteren Verlauf der deutschen Geschichte sehr zu denken gibt das Urteil des Altphilologen Ulrich von Wilamowitz-Möllendorff über die Ergebnisse der Konferenz (1892): Sie bedeuteten die „Abschaffung des Griechischen und Beschränkung des Lateinischen auf einen elementaren Sprachkurs“. Das deutsche Volk habe einen „Bruch mit der Geschichte und der Kultur endgültig vollzogen“.[4] Literatur
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