Die Deutsche Rugby-Meisterschaft ist ein seit 1909 ausgetragener Rugby-Wettbewerb für deutsche Vereinsmannschaften. Sie wird jährlich vom Deutschen Rugby-Verband (DRV) veranstaltet und ist der wichtigste Titel im nationalen Rugbysport in Deutschland.
Bereits vor Gründung des DRV wurde ab 1898 eine Hannoversche Pokalmeisterschaft ausgetragen. Diese Meisterschaft wurde ab 1900 vom Verband Hannoverscher Fußball-Vereine, der sich 1906 in Verband Nordwestdeutscher Rugby-Vereine umbenannte, organisiert.
Rugby: Hannoversche Pokalmeister
Jahr
Pokalmeister
1898
English Football Club Hannover
1899
Hannoverscher FC 1896
1900
DFV 1878 Hannover
1901
DFV 1878 Hannover
1902
DFV 1878 Hannover
1903
Frühjahr: Serie nicht beendet
Herbst: DFV 1878 Hannover
1904
SV Elite Hannover
1905
DFV 1878 Hannover
1906
FV Hannover 1897
1907
FV Hannover 1897
1908
FV Hannover 1897
1909
FV Hannover 1897
Da es in den Anfangsjahren weder eine Meisterschaft noch Länderspiele gab, bestand der Höhepunkt der Saison aus einem Repräsentativspiel zwischen Nord- und Süddeutschland (Nord-Süd-Spiel), das jeweils in Zusammenhang mit dem Deutschen Rugby-Tag ausgetragen wurde, dem jährlichen Delegiertentreffen der DRV-Mitgliedsvereine.
Der Austragungsmodus bestand bis 1934 darin, dass zunächst ein Nord- und ein Südmeister ermittelt wurden, die in einem Finale den Deutschen Meister ausspielten. Der Ort des Endspiels wechselte dabei jährlich zwischen dem Norden (Hannover) und dem Süden (Heidelberg, Frankfurt oder Stuttgart). Im Ersten Weltkrieg fiel das Endspiel aus: 1915 wurden weder ein Nord- noch ein Südmeister ermittelt, 1916 bis 1919 lediglich ein Norddeutscher Meister. Das waren 1916 Odin Hannover, 1917 und 1918 der SV Linden 1905, 1919 der SC Linden.[1]
Ab 1934 wurde Rugby in Deutschland wie alle anderen Sportarten im Deutschen Reichsbund für Leibesübungen „gleichgeschaltet“ (1938 umbenannt in Nationalsozialistischer Reichsbund für Leibesübungen). Zuständig war anstelle des DRV nun das Fachamt 2: Fußball, Rugby, Kricket.
Die regionale Gliederung entsprach der der NSDAP in Gaue, die hier Sportbereiche genannt wurden. Ein Sportbereich konnte mehrere Gaue umfassen, sofern dies zweckmäßig erschien.
1935 fiel der gesamte Spielbetrieb zugunsten eines nicht näher beschriebenen Werbejahres aus. Im Folgejahr trat der Modus in Kraft, dass die Meister von acht Sportbereichen den Deutschen Meister ermittelten. Das waren im Jahr 1936:[2]
1941 und 1942 wurde nur noch in den Sportbereichen Niedersachsen und Brandenburg eine Meisterschaft ausgetragen. Weil deshalb Vor- und Zwischenrunde entfielen, sollten die Sieger aus Hannover und Berlin jeweils in Heim- und Auswärtsspiel gegeneinander antreten. Ab 1943 wurden kriegsbedingt keine Meisterschaftsspiele mehr ausgetragen.
Rugby: Regionalmeister 1909 bis 1942
Jahr
Norddeutschland
Süddeutschland
Westdeutschland
Brandenburg
Mitteldeutschland
1909
FV 1897 Hannover
FV Stuttgart 1893
nicht ausgetragen (noch kein Spielbetrieb)
nicht ausgetragen (noch kein Spielbetrieb)
1910
SV Odin Hannover
FC Frankfurt 1880
1911
FV 1897 Hannover
FC Frankfurt 1880
1912
FV 1897 Hannover
FC Neuenheim
1913
DFV Hannover 1878
FC Frankfurt 1880
1914
SV Odin Hannover
FC Neuenheim
1915
nicht ausgetragen wegen des Ersten Weltkrieges
1916
SV Odin Hannover
nicht ausgetragen wegen des Ersten Weltkrieges
1917
SV 1905 Linden
1918
SV 1905 Linden
1919
SC Linden
1920
SV Odin Hannover
FC Frankfurt 1880
1921
Hawa-Alexandria Hannover
FC Neuenheim
SC Charlottenburg
1922
Hawa-Alexandria Hannover
FC Frankfurt 1880
SC Charlottenburg
1923
FC Schwalbe Hannover
FC Neuenheim
BFC Preußen
1924
SV Victoria Linden
FC Neuenheim
BFC Preußen
1925
SC Linden
FC Frankfurt 1880
SC Charlottenburg
1926
FC Schwalbe Hannover
FC Frankfurt 1880
ASC Leipzig
1927
SV Victoria Linden
Heidelberger RK
ASC Leipzig
1928
DFV Hannover 1878
Heidelberger RK
ASC Leipzig
1929
SV Victoria Linden
FC Frankfurt 1880
SV Siemens Berlin
1930
SV Odin Hannover
RG Heidelberg
SV Siemens Berlin
ASC Leipzig
1931
SV Odin Hannover
FC Frankfurt 1880
1. RC Köln
Tennis Borussia Berlin
ASC Leipzig
1932
FV 1897 Linden
RG Heidelberg
Düsseldorfer Kickers
Tennis Borussia Berlin
ASC Leipzig
1933
RC Elite Hannover
RG Heidelberg
Düsseldorfer Kickers
Tennis Borussia Berlin
Dresdner SG
1934
VfR Döhren
RG Heidelberg
nicht ausgetragen
Tennis Borussia Berlin
Dresdner SG
1935
nicht ausgetragen (sog. Werbejahr)
Berliner RC (Pokalsieger)
(sog. Werbejahr)
Jahr
Niedersachsen
Nordmark
Baden
Südwest
Württemberg-Bayern
Mittelrhein-Niederrhein
Brandenburg
Sachsen
1936
FC Schwalbe Hannover
Kriegsmarine Kiel
SC Neuenheim 1902
SC Frankfurt 1880
Stuttgarter RC
TSV Fortuna Düsseldorf
FC Tennis Borussia
SC Thalysia Leipzig
1937
FV 1897 Linden
FC St. Pauli
RG Heidelberg
SC Frankfurt 1880
Stuttgarter RC
TSV Fortuna Düsseldorf
Berliner SV 1892
SC Thalysia Leipzig
1938
VfV Hannover
FC St. Pauli
RG Heidelberg
SG Eintracht Frankfurt
?
1. RC Köln
SV Siemens Berlin
?
1939
VfV Hannover
FC St. Pauli
SC Neuenheim 1902
SG Eintracht Frankfurt
?
nicht ausgetragen
Polizei-SV Berlin
?
1940
FV 1897 Linden
FC St. Pauli
SC Neuenheim 1902
SG Eintracht Frankfurt
?
Polizei-SV Berlin
?
1941
SC Elite Linden
nicht ausgetragen
nicht ausgetragen
nicht ausgetragen
nicht ausgetragen
SV Siemens Berlin
nicht ausgetragen
1942
SC Germania List
SG Ordnungspolizei Berlin
Nach 1945
1948 war ein Vorspiel Berlin gegen Süd geplant, von dem nicht bekannt ist, ob es wirklich stattfand. Der Vertreter Berlins spielte dann gegen den Nordmeister. 1949 bis 1952 spielte wieder der Nord- gegen den Südmeister um den Titel. Ab 1953 wurden die Endspielteilnehmer durch die Meister der (fünf bis sechs) Regionalligen ermittelt. So kam es, dass 1964 ausnahmsweise zwei Vereine aus dem Norden im Finale standen.
Rugby: Regionalmeister 1947 bis zur Gründung der Bundesliga
–
Spielten zeitweise einen Norddeutschen Meister aus
Spielten zeitweise einen Süddeutschen Meister aus
Jahr
Niedersachsen
Hamburg/Nordmark A
Berlin
Baden(-Württemberg)
Hessen/Südwest
Nordrhein-Westfalen/West
1947
SV 1908 Ricklingen
nicht ermittelt
Berliner SV 1892
nicht ermittelt
nicht ermittelt
nicht ermittelt
1948
SV Victoria Linden
FC St. Pauli
Berliner SV 1892
SC Neuenheim
1949
SV Victoria Linden
FC St. Pauli
Berliner SV 1892
SC Neuenheim
1950
SV Victoria Linden
FC St. Pauli
Berliner SV 1892
SC Neuenheim
1951
SV Victoria Linden
FC St. Pauli
Berliner SV 1892
SC Neuenheim
kein MeisterB
1952
SV Victoria Linden
FC St. Pauli
Berliner SV 1892
SC Neuenheim
SC Frankfurt 1880
1953
SV Victoria Linden
FC St. Pauli
Berliner SV 1892
TSV Handschuhsheim
SC Frankfurt 1880
ASV Köln
1954
SV Victoria Linden
FC St. Pauli
Berliner SV 1892
SC Neuenheim
SC Frankfurt 1880
?
1955
SV Victoria Linden
FC St. Pauli
Berliner SC
TSV Handschuhsheim
SG Eintracht Frankfurt
?
1956
TuS Victoria Linden
FC St. Pauli
Berliner SV 1892
TSV Handschuhsheim
SG Eintracht Frankfurt
?
1957
SC Elite Linden
FC St. Pauli
Berliner SC
TSV Handschuhsheim
SC Frankfurt 1880
?
1958
TuS Victoria Linden
FC St. Pauli
SV Siemensstadt
SC Neuenheim
SC Frankfurt 1880
?
1959
VfR Döhren
FC St. Pauli
SV Siemensstadt
RG Heidelberg C
?
1960
SV 1908 Ricklingen
SV Polizei Hamburg
SV Siemensstadt
TSV Handschuhsheim
ASV Köln
1961
SV Odin Hannover
FC St. Pauli
SV Siemensstadt
SC Neuenheim
ASV Köln
1962
TSV Victoria Linden
FC St. Pauli
SV Siemensstadt
SC Neuenheim
ASV Köln
1963
SV Odin Hannover
SV Polizei Hamburg
Berliner RC
TSV Handschuhsheim
ASV Köln
1964
DSV 1878 Hannover
FC St. Pauli
SV Siemensstadt
SC Neuenheim
ASV Köln
1965
TSV Victoria Linden
SV Polizei Hamburg
SV Siemensstadt
SC Neuenheim
SG Eintracht Frankfurt
RC Hürth
1966
DSV 1878 Hannover
SV Polizei Hamburg
SV Siemensstadt
SC Neuenheim
SG Eintracht Frankfurt
?
1967
TSV Victoria Linden
FC St. Pauli
SV Siemensstadt
SC Neuenheim
SG Eintracht Frankfurt
?
1968
DSV 1878 Hannover
FC St. Pauli
SV Siemensstadt
TSV Handschuhsheim
SG Eintracht Frankfurt
?
1969
TSV Victoria Linden
FC St. Pauli
SV Siemensstadt
Heidelberger RK 1872
SC Frankfurt 1880
?
1970
DSV 1878 Hannover
FC St. Pauli
SV Siemensstadt
RG Heidelberg D
1971
DSV 1878 Hannover
FC St. Pauli
SV Siemensstadt
Heidelberger RK 1872
A
Bis 1962 spielten auch Vereine aus Schleswig-Holstein in der Liga, besonders aus Kiel.
B
1951 mit den Vereinen aus Baden Teilnahme an der Süddeutschen Meisterschaft.
1970 und 1971 Oberliga Süd-West mit Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen.
1971 kam es zur Bildung der in Nord und Süd geteilten Bundesliga, deren Staffelsieger das Endspiel bestritten, bis die Liga 1995 eingleisig wurde. Nach Ermittlung der Hauptrunde spielen der Erst- und Zweitplatzierte in einer KO-Runde den Deutschen Meister aus. Nur 2002 wurde kein Finale ausgetragen, es galt der Tabellen-Endstand der Bundesliga.[3]
Meisterrunde
Von der Saison 2012/13 bis zur Saison 2014/15 gab es nach dem Ausspielen von regionalen Vorrunden, gespielt von der 1. und 2. Bundesliga, eine Aufteilung der Mannschaften in Meisterrunde, DRV-Pokal und Liga-Pokal. Der Gewinner der Meisterrunde wurde Deutscher Meister.
1996 wurde eine Meisterschaft im Siebener-Rugby eingeführt, die jährlich in Turnierform ausgetragen wird. Die Endspiele dominierten bisher die Vereine aus Heidelberg:
Deutsche Meisterschaften im Siebener-Rugby (Männer)
Sie wurde unter verschiedenen Bezeichnungen von 1976 bis 1998 ausgespielt, zunächst als Verbandspokal der Landesverbände. Ab 1986 hieß der Wettbewerb schlicht Länderpokal. Nach dem Beitritt der Verbände auf dem Gebiet der vormaligen DDR wurde der Pokal 1991 aufgewertet und in Deutsche Meisterschaft der Landesverbände umbenannt.
Hermann Meister (Hg.): Rugby-Jahrbuch 1937. Verlag der Deutschen Rugby-Zeitung, Heidelberg, o. J. (1937).
Deutscher Rugby-Verband (Hg.): Deutsches Rugby-Jahrbuch 1965. Verlag Hermann Meister KG, Heidelberg, o. J. (1965).
Deutscher Rugby-Verband (Hg.): Deutsches Rugby-Jahrbuch 1971/72. Verlag Hermann Meister KG, Heidelberg, o. J. (1971).
Anmerkungen und Einzelnachweise
↑Hermann Meister: Rugby-Jahrbuch 1937. Verlag der Deutschen Rugby-Zeitung, Heidelberg 1937, S. 105ff.
↑Hermann Meister: Rugby-Jahrbuch 1937. Verlag der Deutschen Rugby-Zeitung, Heidelberg 1937, S. 107.
↑Deutscher Rugby-Verband, Referat Öffentlichkeitsarbeit: Rugby 1995. Der Almanach des Deutsche Rugby-Verbandes. Schröder-Verlag, Gehrden-Leveste 1995.
↑Endspiel nicht ausgetragen: Der Nord-Meister wurde zu spät ermittelt, und Frankfurt wollte nicht im Winter antreten.
↑Beim vorgesehenen Rückspiel in Hannover wurde dem SC Germania das Antreten durch den Gausportführer verboten, da der Verein sonst gezwungen gewesen wäre, jugendliche und verletzte Spieler aufzubieten.
↑12:12 n.V., 3:1 im Platztritt-Schießen. Das Gesamt-Ergebnis wird auch mit 15:13 angegeben, obwohl ein Platztritt 3 Punkte zählt.