Der Hauptmann von Köpenick ist ein deutscher Kinospielfilm nach dem gleichnamigen Theaterstück von Carl Zuckmayer. Regie führte Richard Oswald, die Titelrolle übernahm Max Adalbert. In tragenden Rollen sind Käthe Haack, Friedrich Kayssler und Max Gülstorff besetzt. Die Uraufführung des Films fand am 22. Dezember 1931 statt.
Handlung
Nach 23 Jahren Zuchthaushaft wird der Schuhmacher Wilhelm Voigt entlassen. In der neuen Freiheit versucht er, Arbeit zu finden, und will eine bürgerliche Existenz gründen. Doch ohne eine Aufenthaltserlaubnis gibt es keine Arbeit und ohne Arbeit keine Aufenthaltserlaubnis. Schon recht bald findet sich Voigt im Hamsterrad der Bürokratie wieder. Niemand in der Beamtenschaft fühlt sich für ihn zuständig, und so nimmt Wilhelm Voigt sein Schicksal auf die ihm vertraute Weise in die eigene Hand: Er bricht in ein Polizeirevier ein, um sich dort wenigstens einen Reisepass zu beschaffen. Dabei wird er auf frischer Tat ertappt und zu weiteren zehn Jahren Haft verurteilt.
In der gefängniseigenen Bibliothek liest Voigt vor allem Literatur zu militärischen Themen: preußisches Exerzierreglement und Felddienstordnung. Der Gefängnisdirektor unterstützt seinen Häftling bei seinem Treiben, ist er doch vom Interesse an allem Militärischen seines Häftlings hocherfreut. Wieder in Freiheit entlassen, will Voigt erneut mit ehrlicher Arbeit sein Leben aufbauen, doch den benötigten Pass bekommt er immer noch nicht. Jetzt kommen ihm seine zuletzt erworbenen Kenntnisse über Uniformen und Dienstgrade zugute. Er kauft bei einem Trödler eine ausgediente Hauptmanns-Uniform, legt sie sich auf dem Schlesischen Bahnhof an und bringt kurzerhand ein Dutzend vorbeimarschierende Wachsoldaten und einen Gefreiten unter sein Kommando. Mit diesem kleinen Trupp fährt Voigt in den Berliner Vorort Köpenick. Dort nimmt er, quasi im Handstreich, das Rathaus ein, lässt den perplexen aber angesichts der Hauptmanns-Uniform widerstandslosen Bürgermeister und den Stadtkämmerer verhaften und beschlagnahmt die Gemeindekasse.
Der falsche Hauptmann lässt schließlich die Gefangenen zur Neuen Wache bringen und verschwindet sofort. Jedoch hat er noch immer keinen Pass, da es im Rathaus zu Köpenick keine Passabteilung gibt. In den folgenden Tagen ist die Presse voll von Meldungen über diesen amüsanten Streich, selbst der Kaiser amüsiert sich königlich. Nach einem kurzen Gefängnisaufenthalt wird Schuster Voigt, der sich selbst gestellt hat, schließlich vom Monarchen begnadigt. Und einen Pass bekommt er endlich auch.
Produktionsnotizen
Der von der Roto-Film GmbH produzierte Film ist nicht die erste Produktion, die sich mit den Ereignissen um den Hauptmann von Köpenick des Jahres 1906 beschäftigte, jedoch die erste Adaption des gleichnamigen Theaterstücks von Carl Zuckmayer.
Gedreht wurde in der Berliner Innenstadt sowie im Rathaus von Berlin-Köpenick. Die Filmbauten, die einen glaubhaften Einblick in die Dienststuben und Wohnwelten der Kaiserzeit ermöglichen, stammen von Franz Schroedter. Im Film erklingt der Petersburger Marsch
. Max Adalbert wiederholte hier die Rolle seines Lebens, mit der er kurz zuvor Theatergeschichte geschrieben hatte.
Bis Januar 1933 lief der Film auch in Dänemark, Frankreich und den USA an. Alive gab den Film am 4. Juli 2014 innerhalb der Reihe „Juwelen der Filmgeschichte“ auf DVD heraus.[1]
Rezeption
Kritiken
Das Deutsche Filminstitut & Filmmuseum schrieb, Oswald entwickle „eine ganze Reihe von überraschenden Regieeinfällen, die den satirischen und humanistischen Grundgestus des Films – heute noch so unmittelbar berührend wie damals – anschaulich verdeutlichen“ würden. Der Film gelte als „Klassiker des gesellschaftskritischen Films der Weimarer Republik“ und stelle zugleich „einen bedeutsamen Film“ dieser Zeit dar.[2]
Die zeitgenössische Kritik war voll des Lobes für den Film. Der Kritiker Hans Feld schrieb 1931 im Film-Kurier: „Darsteller im Ensemble und doch in der vorbehaltlosen Einfachheit überragend, so spielt Max Adalbert den Voigt. Von rührender Einfältigkeit ist dieser Schuster. Einer, den das Leben kaputt gemacht hat; und der doch den leisen Humor, die Güte in den Augenwinkeln nicht verloren hat. […] Wir lachten, lachten; alle. Und waren hinterher doppelt froh, daß man, während die Heiterkeit entfesselt war, des Lachens Anlaß nicht zu vergessen brauchte. Ein Stück fürs Volk, ein Stück aus dem Volk ist dies: Zuckmayers ‚Hauptmann von Köpenick‘. Und Adalbert leiht ihm Gestalt und Leben.“[3]
Zu Max Adalberts Interpretation des Schuster Voigt heißt es in Das große Personenlexikon des Films: Seine größte und ergreifendste schauspielerische Leistung gelang ihm 1931 auf der Bühne mit der Charakterstudie des ‘Hauptmann von Köpenick’, den er im gleichen Jahr auch im Film spielen sollte und als ein verzweifeltes Opfer im Räderwerk preußischer Bürokratenwillkür darstellte.[4]
Bezüglich Richard Oswalds Regieleistung ist in Es wird im Leben dir mehr genommen als gegeben … zu lesen: Seine Adaption von Carl Zuckmayers Drama ‚Der Hauptmann von Köpenick‘ mit einem ausgezeichnet aufspielenden Max Adalbert in seiner besten (tragischen) Rolle wurde Oswalds letzter bedeutender Film.[5]
Im Lexikon des internationalen Films wird diese Kinofilmfassung wie folgt gewürdigt: „Die beißend satirische Verfilmung des Stückes von Carl Zuckmayer zeigt den traurigen Helden als bedauernswertes Produkt der bornierten Bürokratie und des Militarismus der wilhelminischen Gesellschaft. Ein Film von anrührender Menschlichkeit und mit starker Atmosphäre.“[6]
Der Vergleich zwischen der Rühmann- und der Adalbert-Version 25 Jahre zuvor fiel im Heyne Filmlexikon zugunsten von Richard Oswalds Inszenierung aus: Carl Zuckmayers Geschichte vom vorbestraften Schuster Wilhelm Voigt, der sich in der Uniform eines Hauptmanns über die bürokratischen Hemmnisse beim Erlangen eines Passes hinwegzusetzen versucht, in einer ganz auf den Hauptdarsteller zugeschnittenen, menschlich-komödiantischen Film-Version. Aber die Verfilmung von Richard Oswald, 1931, war doch besser.[7]
Auszeichnung
Der Film erhielt das Prädikat „Künstlerisch“.
Neuverfilmungen
Im amerikanischen Exil verfilmte Oswald den Stoff des Hauptmanns von Köpenick 1941 noch einmal in englischer Sprache mit Albert Bassermann in der Titelrolle. Die künstlerisch hochwertige, aber weitgehend unbeachtet gebliebene Neuverfilmung unter dem Titel I Was a Criminal wurde erst 1945 uraufgeführt.
1956 verfilmte Helmut Käutner den Stoff ein weiteres Mal mit Heinz Rühmann in der Rolle des Schusters Wilhelm Voigt.
Rainer Wolffhardt inszenierte für die ARD 1960 eine Version mit Rudolf Platte als Wilhelm Voigt.
Zudem drehte Frank Beyer 1997 einen Fernsehfilm mit Harald Juhnke in der Rolle des Schusters Wilhelm Voigt.
Weblinks
Literatur
- Carl Zuckmayer: Der Hauptmann von Köpenick. Theaterstücke 1929–1937. In: Gesammelte Werke in Einzelbänden. Kassette 2. Fischer, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-10-096539-6.
- Fred Gehler: Der Hauptmann von Köpenick. In Günther Dahlke, Günther Karl (Hrsg.): Deutsche Spielfilme von den Anfängen bis 1933. Ein Filmführer. Henschel Verlag, 2. Auflage, Berlin 1993, S. 288 f. ISBN 3-89487-009-5
Einzelnachweise
- ↑ Der Hauptmann von Köpenick 1931 alive-ag.de (inklusive Abb. DVD-Hülle Filmjuwelen)
- ↑ Der Hauptmann von Köpenick dff.film
- ↑ Der Hauptmann von Köpenick (1931). In: Film-Kurier, 23. Dezember 1931. Abgerufen am 26. Oktober 2016.
- ↑ Der Hauptmann von Köpenick (1931). In: Das große Personenlexikon des Films von Kay Weniger, Band 1, S. 27 f., Berlin 2001.
- ↑ Der Hauptmann von Köpenick (1931). Kay Weniger: Es wird im Leben dir mehr genommen als gegeben … In: Lexikon der aus Deutschland und Österreich emigrierten Filmschaffenden 1933 bis 1945. Eine Gesamtübersicht. Seite 381. Hamburg 2011.
- ↑ Der Hauptmann von Köpenick. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 26. Oktober 2016.
- ↑ Der Hauptmann von Köpenick (1931). In: Heyne Filmlexikon 1996.