Die Burschenschaft wurde von ausgetretenen Mitgliedern einer gleichnamigen, aber älteren Germania 1827 gegründet. Diese nannte sich zeitweilig Amicitia (lateinisch für Freundschaft). Auf den folgenden Burschentagen (Bamberg/Nürnberg 1827 und Würzburg 1829) wurde sie trotz Widerspruch der älteren Germania, die sich mittlerweile Arminia nannte, als rechtmäßige Fortsetzung der Erlanger Burschenschaft anerkannt.[4] 1832 wurde die Germania von den Behörden verboten und ihr ein absolut revolutionäres Treiben[5] nachgesagt. Nachdem sich mehrere Mitglieder 1833 am Frankfurter Wachensturm beteiligt hatten, wurde sie streng verfolgt, so dass viele Mitglieder ins Ausland flüchten mussten. Andere kamen in jahrelange Untersuchungshaft, in der vier Germanen starben. Sieben Aktive wurden zum Tode verurteilt. Dieses Urteil wurde jedoch nicht vollstreckt. Einige der nichtinhaftierten Germanen schlossen sich dem Corps Baruthia an; die Germania bestand im Geheimen unter dem Namen Wörnleinianer[6] für einige Jahre fort, sie konnte jedoch erst 1849 wiedergegründet werden.
Wiedergründung, Süddeutsches Kartell, eigenes Haus
Zwar bestand in Erlangen mit der Burschenschaft Bubenruthia ein Anlaufpunkt für alle burschenschaftlich interessierten Studenten, doch kam es im Laufe der Zeit zu einem immer größer werdenden Gegensatz zwischen arministisch und germanistisch geprägten Burschenschaftern, so dass am 12. Dezember 1849 die 1832 verbotene Germania mit alten Farben, altem Wahlspruch und altem Zirkel wiedergegründet wurde.
Am 1. August 1888 wurde das Germanenhaus eingeweiht.[7] Es ist das älteste Korporationshaus der Stadt. 1906 wurde das Haus umgebaut und erhielt sein heutiges Äußeres im klassischen Jugendstil. Die Exkneipe war die Gaststätte Brücken-Paulus in Sieglitzhof.[8] Mit der Burschenschaft Arminia Prag (heute in Bochum) wurde 1892 ein Freundschaftsbündnis begründet.
Die Zeit der zwei Weltkriege
Im Ersten Weltkrieg wurde das Germanenhaus zum Lazarett für verwundete Soldaten umfunktioniert;[10] 63 Mitglieder starben oder wurden vermisst. Am 14. März 1920 wurde zur Verhinderung eine „Überschwappens der Münchner Räterevolution nach Franken“ ein 1919 (von den Burschenschaften Erlanger Wingolf, Bubenruthia, Germania Erlangen und Uttenruthia) aufgestelltes Studentenbataillon unter Waffen gestellte, nachdem am Vortag in Berlin rechte Putschisten das Regierungsviertel besetzt hatten.[11] 1920 schlossen sich zahlreiche Mitglieder der Germania dem Freikorps Epp an, 1921 dem Freikorps Oberland.[12]
Am 18. September 1947 wurde die Burschenschaft Germania als Amicitia wiederbegründet und durch den Erlanger AStA und den Universitätssenat anerkannt. 1950 erfolgte die Rückbenennung zur Germania. Diese schloss sich der wiedergegründeten Deutschen Burschenschaft sowie dem Süddeutschen Kartell an. 1945–1947 diente das Germanenhaus dem US-Militär als Versammlungshaus, danach nutzte die Universität die Räumlichkeiten für Seminare ihrer Juristischen Fakultät. Am 11. Dezember 1954 wurde das Haus wieder für die Burschenschaft freigegeben. Im Geschäftsjahr 1960/61 übernahm Germania den Vorsitz der Deutschen Burschenschaft.[15]
In den 1960er Jahren traten mehrere Germanen aus und gründeten eine Sieglitzhofer Germania, da sie mit der Behandlung des Bundes den Bundesbrüdern gegenüber, die sich am Südtirolkampf beteiligt hatten, unzufrieden waren. Trotz Unterstützung des Wirtes der Germanen-Exkneipe und der Deutschen Burschenschaft konnte diese Verbindung aber keinen dauerhaften Aktivenbetrieb unterhalten. Einige Sieglitzhofer Germanen schlossen sich später der Burschenschaft Teutonia Prag an.[16]
2012 wurde das an die Burschenschaft angegliederte Studentenwohnheim auf 56 Wohneinheiten erweitert.
2023 geriet die Germania in die überregionale Berichterstattung, nachdem auf ihrem Haus eine Pro-Patria-Suite gegen die Turnerschaft Munichia Bayreuth ausgefochten worden war. Zwei Mitglieder der Munichia mussten mit schweren Mensurverletzungen in das Universitätsklinikum Erlangen gebracht werden. Die Polizei nahm daraufhin Ermittlungen wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung auf, Anklagen wurden jedoch nicht erhoben.[18][19]
Bekannte Mitglieder
Ernst Aub (1837–1900), Mediziner und Politiker (NLP), Mitglied der Bayerischen Abgeordnetenkammer, Ehrenbürger von Feuchtwangen
Werner Otto Bachmann (1890–1953), Mediziner, Hochschullehrer an den Universitäten Königsberg und Kiel
Horst Baier (1933–2017), Ordinarius für Soziologie an der Universität Konstanz (ausgetreten)
Eugen Schneider (1822–1880), Verwaltungsjurist und Politiker, Bürgermeister von Bamberg, Mitglied der Kammer der Abgeordneten (Bayern) und des Zollparlaments (Ehrenbursch)
Werner Schotte (1835–1910), Landrat in Beckum und Schleusingen
Matthes Ziegler (1911–1992), Theologe und Parteifunktionär (NSDAP)
Mitgliederverzeichnis:
Willy Nolte (Hrsg.): Burschenschafter-Stammrolle. Verzeichnis der Mitglieder der Deutschen Burschenschaft nach dem Stande vom Sommer-Semester 1934. Berlin 1934. S. 1026–1027.
↑Hans König: Burschen, Knoten und Philister. Erlanger Studentenleben von 1743 bis 1983. Nürnberg 1983, S. 26.
↑Karl Albert von Kamptz (Hrsg.): Annalen der preußischen innern Staats-Verwaltung. Band 19, Jahrgang 1835, 2. Heft, Berlin 1835, S. 542.
↑Ferdinand Bischoff: Merkwürdige Criminal-Rechts-Fälle für Richter, Gerichtsärzte, Vertheidiger und Psychologen. Dritter Band. Hannover 1837, S. 260.
↑Georg Heer, Herman Haupt, Paul Wentzcke: Quellen und Darstellungen zur Geschichte der Burschenschaft und der deutschen Einheitsbewegung, Band 16. Heidelberg 1939, S. 215.
↑Christoph Friederich: Die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, 1743–1993: Geschichte einer deutschen Hochschule: Ausstellung im Stadtmuseum Erlangen, 24.10.1993–27.2.1994. Erlangen, Stadtmuseum, 1993, S. 432.
↑Klaus Fröba: Erlangen in alten Ansichten. Zaltbommel 1986, S. 91.
↑Martin Droschke: Erlangen schlittert mit größtmöglicher Zielgenauigkeit auf einen Bürgerkrieg zu. In: Franken 2024. Franken-Wissen für das ganze Jahr. Emons Verlag, Köln 2023, ISBN 978-3-7408-1797-8, Blatt 19. März.
↑Hans König: Burschen, Knoten und Philister. Erlanger Studentenleben von 1743 bis 1983. Nürnberg 1983, S. 47.
↑Paul Wentzcke (Hrsg.): Darstellungen und Quellen zur Geschichte der deutschen Einheitsbewegung im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert. Band 1, Heidelberg 1957, S. 219.
↑Siegfried Ziegler: Erlangen im Nationalsozialismus: Ausstellung im Stadtmuseum Erlangen, Martin-Luther-Platz vom 16.10.83 bis 19.2.84. Stadtmuseum Erlangen 1983, S. 38.
↑Dietrich Heither, Michael Gehler, Alexandra Kurth, Gerhard Schäfer: Blut und Paukboden. Eine Geschichte der Burschenschaften. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-596-13378-5, S.292.
↑Baier, Horst: Hartwig Baier verstorben, in: Burschenschaftliche Blätter, 122. Jg. (2007), H. 3, S. 134
↑Andreas Speit: Erlangener Studentenverbindungen: Schlagen und schweigen. In: Die Tageszeitung: taz. 5. März 2023, ISSN0931-9085 (taz.de [abgerufen am 6. September 2023]).