Im Februar 1994 erlangte sie mit dem Übertritt des FDP-Landtagsabgeordneten in Sachsen-Anhalt, Wilfried Hofmann, ein Mandat.[2] Die Zusammenarbeit Brunners mit Jörg Haider führte allerdings schon früh zu internen Konflikten, die zum Parteiaustritt zahlreicher Mitglieder führte.[2] Die Partei gab sich dann im Februar 1995 den Namenszusatz „Die Freiheitlichen“.[2] In dieser Zeit traten auch die Professoren Joachim Starbatty und Karl Albrecht Schachtschneider, der Brunner vor dem BVerfG vertreten hatte, aus.[2] Im Januar 1998 ging die Offensive für Deutschland, hervorgegangen aus einem „rechten Flügel“ der FDP, von dem hessischen Landtagsabgeordneten Heiner Kappel in der Partei auf,[1] die daraufhin ihren Namen zu „Bund Freier Bürger – Offensive für Deutschland. Die Freiheitlichen“ erweiterte. Als Jugendorganisation des BFB wurden am 12. Juni 1998 die Jungen Freiheitlichen in München gegründet.[3]
Der Parteigründer Manfred Brunner[1] verließ im Februar 1999 wegen der zunehmenden Radikalisierung die Partei kurzzeitig in Richtung FDP. Zwischenzeitlich wurde der Berliner Rechtsanwalt Markus Roscher vom Bundesvorstand des BFB zum kommissarischen Bundesvorsitzenden gewählt. Auch er verließ wenig später die Partei. Auf dem folgenden Parteitag im April 1999 wurde Heiner Kappel zum Vorsitzenden gewählt. Am 15. August 2000[4] löste sich der Bund freier Bürger in Fulda auf.
Dem Sozialwissenschaftler Alexander Häusler vom Forschungsschwerpunkt Rechtsextremismus/Neonazismus gilt der BFB als eine Art „rechte Vorläuferpartei“ der 2013 gegründeten Alternative für Deutschland (AfD) mit „frappierenden Ähnlichkeiten“, insbesondere was personelle Überschneidungen, die Mitgliederstruktur, soziale Adressatenmilieus, die politische Ausrichtung, inhaltliche Forderungen sowie die tendenziell rechtspopulistische Agitation anbelangt.[5]
Wahlen
Mit der Unterstützung Jörg Haiders und seiner Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) trat der BFB unter dem Vorsitzenden Brunner am 12. Juni 1994 zur Europawahl an.[4] Er versprach sich eine „Volksabstimmung gegen Maastricht und für die Deutsche Mark“. Dort erreichte er allerdings nur 1,1 Prozent.[4] Bei der Landtagswahl in Bayern 1994 erlangte die Partei dann 0,5 Prozent.[4] Nach der wegen organisatorischer Probleme ausgeschlagenen Bundestagswahl 1994 zeichneten sich auch die kommenden Jahre durch Misserfolge aus.[4] Nach großen Anstrengungen schaffte der BFB bei den Kommunalwahlen in Bayern 1996 den Einzug in zwei Stadtparlamente: München mit 3,3 Prozent (zwei Mandate, darunter Brunner) und Ingolstadt mit 2,4 Prozent (ein Mandat).[2] Bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg 1997 vereinigte die Partei trotz finanzieller Mittel und prominenter Fürsprecher mit dem Motto „Hamburg wählt den Euro ab!“ nur 1,3 Prozent auf sich.[4] Das Resultat bei der Bundestagswahl 1998 betrug 0,2 Prozent und bei der Landtagswahl in Hessen 1999 0,4 Prozent.[4] Gemeinsame Listen mit den Parteien Die Republikaner und der Initiative Pro D-Mark um Bolko Hoffmann bei der Landtagswahl in Thüringen 1999 führten ebenfalls nicht zum Erfolg.[4] Eine Kandidatur bei der Europawahl 1999 blieb aus.[4]
Programm
Der Bund freier Bürger hatte als Gründungsthema die dezidierte Kritik am Vertrag von Maastricht und an der damals bevorstehenden Einführung des Euros.[4] Die eingenommenen Positionen hatten sowohl ökonomische als auch nationalbewusste Gründe.[6] Darüber hinaus versuchte die Partei durch rechtspopulistische Themensetzung, insbesondere Kriminalitätsbekämpfung und Zuwanderung, zu punkten.[6]Florian Hartleb zieht Parallelen zum Konzept der extrem rechten österreichischen FPÖ.[6] Der BFB war einerseits wirtschaftsliberal, anderseits an Law and Order interessiert.[6] Außerdem forderte man populistisch konnotiert plebiszitäre Elemente ein und übte starke Kritik an der bestehenden Parteienstruktur in Deutschland (siehe auch Anti-Establishment-Partei).[6] Anfangs waren auch „elitäre“ und „intellektuelle“ Ansätze deutlich, die jedoch mit dem Parteiaustritt Brunners mehr und mehr verschwanden.[6]
Vor der Bundestagswahl 1998 verfasste Kappel im Namen der Partei einen „Offenen Brief“ an den damaligen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, in dem er sich gegen die Errichtung eines Holocaust-Mahnmals wandte.[7] Außerdem sprach er von einer vermeintlichen „Kommerzialisierung“ und „politischen Instrumentalisierung“ jüdischen Schicksals in Deutschland.[7] Den unter dem Motto „Deutsche wollt ihr ewig zahlen“ stehenden Protest sieht die Antisemitismusforschung im Kontext eines „politische[n] Antisemitismus der extremen Rechten“.[8] Ab 1999 tauchte die Partei wegen ihrer Kontakte zum Rechtsextremismus wiederholt in Verfassungsschutzberichten etwa des Innenministeriums NRW auf.[7] Beobachter sprachen bereits 1994 von einer an die rechtsextremen Parteien Die Republikaner und die Deutsche Volksunion angelehnten Programmatik mit rassistischen Elementen in der Einwanderungspolitik. Es hätten zudem Kontakte ins rechtsextreme und neurechte Milieu bestanden, so die einschlägige Literatur.[9] Der Rechtsextremismusforscher Bernd Wagner rechnet den BFB spätestens Ende der 1990er Jahre zur rechtsextremen Parteienfamilie.[10]
Mitglieder/Finanzen
Aufgrund der Funktionärsstruktur in den Gründerjahren galt der BFB anfangs als eine Art „Professorenpartei“.[7] Der Aufnahme- und Mitgliedsbeitrag war dementsprechend hoch, nämlich einmalig 250 DM (West) / 125 DM (Ost) und regelmäßig 25 DM.[7] Bis 1994 traten der Partei ca. 400 Personen bei, später erreichte sie einen Höchststand von zwischen 1300 und 2000 Mitgliedern.[7] Die überwiegende Anzahl von Mitgliedern waren Akademiker, insbesondere Männer im Alter von 45 bis 60 Jahren.[7] Als sogenannte „Hochburgen“ galten Bayern, Hamburg und Hessen, wenngleich die Partei zeitlebens strukturelle Probleme in der Breite hatte.[7]
Der Publizist Bruno Bandulet, selbst Mitglied, war Herausgeber von Demokratie und Marktwirtschaft – D.M. Informationsdienst Bund freier Bürger und Chefredakteur des durch Brunner herausgegebenen Deutschland Brief – Argumente & Fakten für Freie Bürger.[2]
Die Partei finanzierte sich neben den Beiträgen über Parteispenden vermögender Unternehmer.[7] Das Ausbleiben der staatlichen Parteienfinanzierung aufgrund der schlechten Wahlergebnisse führte zu einer hohen Verschuldung der Partei.[7] 2003 wurde Brunner, vormals Parteivorsitzender, in diesem Zusammenhang wegen Steuerhinterziehung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.[7]
Anfangs, neben vielen Parteilosen, wurde der BFB durch ehemalige Mitglieder der CDU und FDP getragen.[11] Die Populismusforscher Frank Decker und Florian Hartleb bewerteten den regelmäßigen Niedergang rechtspopulistischer Parteien in Deutschland wie dem BFB wie folgt: „Selbst gemäßigte Vertreter des Rechtspopulismus sind nicht davor gefeit, durch rechtsextreme Personen und Gruppen unterwandert zu werden, die auf diese Weise aus der politischen Isolierung hinaustreten wollen.“[12]
Verfassungsschutzberichte
Im nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzbericht von 1999 wird über die „Darstellung von Ausländern als Gefahr für die abendländische Zivilisation“ durch den BFB berichtet.[13] Sowohl im Bericht 1999 als auch im Bericht 2000 wird die Partei dem rechtsextremen Spektrum zugeordnet.[14] 2003 stellte der niedersächsische Verfassungsschutz fest, dass die Partei seit 1998 „zunehmend rechtsextremistische Elemente“ enthielte und durch Agitation gegen Ausländer („Ausländerschwemme“) auffalle.[15] Der Verfassungsschutz Brandenburg rechnete den BFB im Verfassungsschutzbericht 2003 zu den nationalliberalen Gruppierungen.[16] Im Verfassungsschutzbericht von Sachsen-Anhalt vom selben Jahr wurde im Bericht über die Deutsche Partei konstatiert, dass diese „durch den Zusammenschluss mit dem Personenpotenzial des damals aufgelösten“ BFB „ein gewisses Ansehen innerhalb des rechtsextremistischen Parteienspektrum“ erlangt habe. So sei Heiner Kappel zum Vorsitzenden der Deutschen Partei gewählt worden.[17]
Mitglieder (Auswahl)
Jürgen Alenberg aus Hannover-Ledeburg, BfB-Direktkandidat im Wahlkreis 36 (Hannover-Stadt)[18]
Eckart Johlige, Berliner Burschenschaft Gothia, Rechtsanwalt aus Berlin, langjähriger Partner Markus Roschers, 2019 Kreistagsabgeordneter im Landkreis Havelland und Stadtverordneter in der Stadt Nauen
Markus Roscher, Rechtsanwalt aus Berlin, Berliner Burschenschaft Gothia, ehemaliges Mitglied von FDP und CDU, u. a. Thor-Steinar-Rechtsanwalt, 2012 Piratenpartei, 2016 bis März 2017 AfD-Kandidat in Paderborn, dann 2019 CDU[26]
Frank Decker, Florian Hartleb: Bund Freier Bürger (BFB). Frank Decker, Viola Neu (Hrsg.): Handbuch der deutschen Parteien. 3. Auflage, Springer VS, Wiesbaden 2018, ISBN 3-658-17994-5, S. 237–241.
Hartmut Grewe: Der „Bund freier Bürger“. Die Brunner- oder Anti-Maastricht-Partei vor und nach der Europawahl 1994. In: Konrad-Adenauer-Stiftung (Hrsg.): Interne Studien. Nr. 81–82, 1994, S. 65–95.
Florian Hartleb: Bund freier Bürger – Offensive für Deutschland. Die Freiheitlichen (BFB – Die Offensive). In: Frank Decker, Viola Neu (Hrsg.): Handbuch der deutschen Parteien. 2. Auflage, Springer VS, Wiesbaden 2013, ISBN 3-658-00962-4, S. 200–203.
Jens Mecklenburg (Hrsg.): Handbuch deutscher Rechtsextremismus (= Antifa-Edition). Elefanten-Press, Berlin 1996, ISBN 3-88520-585-8, S. 181 f. (siehe Bund freier Bürger – Die Freiheitlichen).
Andreas Schulze: Kleinparteien in Deutschland. Aufstieg und Fall nicht-etablierter politischer Vereinigungen. Mit einem Geleitwort von Eckhard Jesse. Deutscher Universitäts-Verlag, Wiesbaden 2004, ISBN 3-8244-4558-1, S. 201–231 (siehe: Bund Freier Bürger).
Bernd Wagner (Hrsg.): Handbuch Rechtsextremismus. Netzwerke, Parteien, Organisationen, Ideologiezentren, Medien (= rororo aktuell. 13425). Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1994, ISBN 3-499-13425-X, S. 203 (siehe: Bund freier Bürger (BfB)).
↑ abcdefFlorian Hartleb: Bund freier Bürger – Offensive für Deutschland. Die Freiheitlichen (BFB – Die Offensive). In: Frank Decker, Viola Neu (Hrsg.): Handbuch der deutschen Parteien. 2. üb. Auflage, Springer VS, Wiesbaden 2013, ISBN 978-3-658-00962-5, S. 200.
↑ abcdefJens Mecklenburg (Hrsg.): Handbuch deutscher Rechtsextremismus (= Antifa-Edition). Elefanten-Press, Berlin 1996, ISBN 3-88520-585-8, S. 181.
↑Andreas Schulze: Kleinparteien in Deutschland. Aufstieg und Fall nicht-etablierter politischer Vereinigungen. Mit einem Geleitwort von Eckhard Jesse, Deutscher Universitäts-Verlag, Wiesbaden 2004, ISBN 3-8244-4558-1, S. 230.
↑ abcdefghijFlorian Hartleb: Bund freier Bürger – Offensive für Deutschland. Die Freiheitlichen (BFB – Die Offensive). In: Frank Decker, Viola Neu (Hrsg.): Handbuch der deutschen Parteien. 2. üb. Auflage, Springer VS, Wiesbaden 2013, ISBN 978-3-658-00962-5, S. 201.
↑Alexander Häusler, Rainer Roeser: Die rechten ›Mut‹-Bürger. Entstehung, Entwicklung, Personal & Positionen der »Alternative für Deutschland«. VSA, Hamburg 2015, ISBN 978-3-89965-640-4, S. 28–32; Dies: Die »Alternative für Deutschland« – eine Antwort auf die rechtspopulistische Lücke? In: Stephan Braun, Alexander Geisler, Martin Gerster (Hrsg.): Strategien der extremen Rechten. Hintergründe – Analysen – Antworten. 2. Auflage. Springer Fachmedien, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-658-01983-9, S. 101–128, hier S. 103 f.
↑ abcdefFlorian Hartleb: Bund freier Bürger – Offensive für Deutschland. Die Freiheitlichen (BFB – Die Offensive). In: Frank Decker, Viola Neu (Hrsg.): Handbuch der deutschen Parteien. 2. üb. Auflage, Springer VS, Wiesbaden 2013, ISBN 978-3-658-00962-5, S. 202.
↑ abcdefghijkFlorian Hartleb: Bund freier Bürger – Offensive für Deutschland. Die Freiheitlichen (BFB – Die Offensive). In: Frank Decker, Viola Neu (Hrsg.): Handbuch der deutschen Parteien. 2. üb. Auflage, Springer VS, Wiesbaden 2013, ISBN 978-3-658-00962-5, S. 203.
↑Lars Rensmann: Demokratie und Judenbild: Antisemitismus in der politischen Kultur der Bundesrepublik Deutschland. 1. durchges. Nachdruck, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2005, ISBN 3-531-14006-X, S. 291.
↑Bernd Wagner (Hrsg.): Handbuch Rechtsextremismus: Netzwerke, Parteien, Organisationen, Ideologiezentren, Medien (= rororo aktuell. 13425). Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1994, ISBN 3-499-13425-X, S. 203. (siehe: Bund freier Bürger (BfB))
↑Bernd Wagner: Kulturelle Subversion von rechts in Ost- und Westdeutschland: Zu rechtsextremen Entwicklungen und Strategien. In: Thomas Grumke, Bernd Wagner (Hrsg.): Handbuch Rechtsradikalismus. Personen – Organisationen – Netzwerke. Vom Neonazismus bis in die Mitte der Gesellschaft. Leske und Budrich, Opladen 2002, ISBN 3-8100-3399-5, S. 25.
↑Frank Decker, Florian Hartleb: Populismus auf schwierigem Terrain. Die rechten und linken Herausfordererparteien in der Bundesrepublik. In: Frank Decker (Hrsg.): Populismus: Gefahr für die Demokratie oder nützliches Korrektiv?. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2006, ISBN 3-531-14537-1, S. 202.
↑Verfassungsschutzbericht 1999 Nordrhein-Westfalen, S. 75.
↑Verfassungsschutzbericht Nordrhein-Westfalen 1999, S. 74–77; Verfassungsschutzbericht Nordrhein-Westfalen 2000, S. 64.
↑Verfassungsschutzbericht 2003 Niedersachsen, S. 59