In der zweiten Hälfte der 1990er Jahre entwickelte die DWA am Standort Bautzen zunächst vier Fahrzeugtypen für die Straßenbahnen Kassel (8NGTW), Essen (M8D-NF), Krakau (NGT6) und Schwerin (SN 2001), die zwar ähnlich aufgebaut sind, hinter denen aber noch kein modulares Konzept stand. Sie sind hinsichtlich der technischen Entwicklung die direkten Vorgängerfahrzeuge des Flexity Classic und werden auch in diesem Artikel behandelt. Eine Gemeinsamkeit besteht insbesondere in den verwendeten Drehgestellen.[1]
Man wollte jedoch auch an Drehgestellwagen interessierten Kunden ein modulares Konzept anbieten, wie es bei anderen Gelenkwagen-Konzepten bereits auf dem Markt war, beispielsweise mit dem Citadis von Alstom oder dem Combino von Siemens. Dieses Konzept wurde schließlich auf Basis der genannten Vorgängerfahrzeuge zusammengestellt und NF 2000 genannt, die erste daraus hervorgegangene Variante ist der ab 2001 ausgelieferte NGT6DE der Straßenbahn Dessau. Es sind dabei grundsätzlich vier verschiedene Wagenteile vorgesehen: Vierachsige mit zwei Drehgestellen und einer Doppeltür dazwischen, wie sie als Mittelteile bei den Kasseler, Essener und Schweriner Vorgängerfahrzeugen angewendet wurden; zweiachsige mit einem Drehgestell und mindestens einer Doppeltür, die auf ein anderes Wagenteil aufgesattelt sind, wie sie bei allen Vorgängerfahrzeugen als Endteile angewendet wurden; zweiachsige mit einem nicht ausdrehbaren Laufwerk, wie sie bei den Krakauer Vorgängerfahrzeugen als Mittelteil angewendet wurden; laufwerkslose mit einer oder zwei Doppeltüren, die zwischen zwei Wagenteilen eingehangen werden müssen, wie sie charakteristisch für Multigelenkwagen sind und bei keinem Vorgängerfahrzeug angewendet wurden. Diese sind mit verschiedenen Gelenken sowie Front- bzw. Heckmodulen zu kombinieren. Letztere können dabei eine Einzeltür beinhalten, die dem Personal vorbehalten oder auch als Fahrgasttür ausgeführt werden kann.[1]
Durch diese Modularität lassen sich die Fahrzeuge beispielsweise in Länge und Aussehen variieren. Auch ist das Konzept nicht auf Ein- oder Zweirichtungswagen festgelegt und die elektrische Ausrüstung stammt von verschiedenen Herstellern. Die gebauten Fahrzeuge lassen sich hinsichtlich der grundsätzlichen Anordnung der Wagenteile in drei Gruppen untergliedern. Am häufigsten sind Fahrzeuge mit einem vierachsigen und ein bis drei aufgesattelten Wagenteilen. Nur für die Straßenbahnen Krakau und Danzig wurden Fahrzeuge gebaut, die in der Mitte einen Wagenteil mit nicht ausdrehbarem Laufwerk haben, auf welches an jedem Ende ein Wagenteil aufgesattelt ist. Nur für die Straßenbahnen Dresden und Leipzig wurden Fahrzeuge gebaut, bei welchen abwechselnd vierachsige und laufwerkslose Wagenteile angeordnet sind, die also das Konzept der Multigelenkwagen mit Drehgestellen kombinieren.
Es gibt verschiedene Kopfformen, die über die inzwischen 25-jährige Bauzeit angeboten wurden:
Die Wagenkästen sind grundsätzlich geschweißte Stahlkonstruktionen.[2][1] Erstmals beim Essener M8D-NF wurden sie teilweise automatisch per Punktschweißung gefertigt.[1][3] Die Drehgestelle der Flexity-Classic-Familie erhielten von Bombardier die Bezeichnung Flexx Urban 2000[4] und sind mit H-Rahmen ausgeführt. Bei Normalspur handelt es sich um innengelagerte Drehgestelle, bei Meterspur dagegen um außengelagerte. Ihr Radsatzstand beträgt typischerweise 1800mm, bei den meterspurigen Laufdrehgestellen jedoch nur 1600mm.[2][3][5][6][7][4][8][9]
Die Triebdrehgestelle haben durchgehende Radsatzwellen, die vollabgefederten Fahrmotoren liegen zwischen den Radsätzen quer im Drehgestell.[2][5][6][7][4][8][9] Sie sind denjenigen der Duewag-MGT6D-Varianten ähnlich, welche für die Straßenbahnen Rostock, Halle (Saale) und Leipzig bei der DWA gefertigt wurden.[1] Darüber ist ein deutlich erhöhter Wagenboden notwendig, welcher mit je einer Stufe von den angrenzenden Niederflurbereichen abgetrennt ist. Die Laufdrehgestelle sind mit Losradsätzen mit nach unten gekröpften Portalachsen ausgeführt,[2][1] so dass über diesen keine Stufen notwendig sind.
Mit dieser Bauart war der Kasseler 8NGTW unter den vollständig auf Drehgestellen laufenden Straßenbahnwagen der erste Fahrzeugtyp mit hohem Niederfluranteil und gleichem Raddurchmesser bei Trieb- und Laufdrehgestellen (590mm im Neuzustand).[2] Dies ist beispielsweise bei der Instandhaltung von Vorteil, da somit alle Räder durch die gleichen Radbearbeitungsmaschinen behandelt werden können.[5] Nachteilig sind jedoch die durch den fehlenden Sinuslauf schlechteren Laufeigenschaften der Losradsätze. Bei früher entwickelten Niederflurdrehgestellwagen wie dem NGT8D wurde die Niederflurigkeit über den Laufdrehgestellen stattdessen durch kleinere Räder und eine dementsprechend niedriger liegende Radsatzwelle erreicht.
Der Drehzapfenabstand der Drehgestelle in den vierachsigen Wagenteilen beträgt meist 5500mm.[6][7][9][10] Dieser Wert gilt auch für den Essener NF-2000-Vorgänger M8D-NF,[3] wohingegen der Abstand beim Kasseler 8NGTW und dem Schweriner SN 2001 mit 5800mm etwas größer ist.[2][5] Die deutlichste Abweichung vom Standard haben jedoch die Wagen des Bremer Typs GT8N-1 mit 7270mm.[8] Bei den aufgesattelten Wagenteilen ist der Abstand zwischen dem Drehpunkt des Drehgestells und dem Drehpunkt des Gelenks dagegen deutlich diverser. So beträgt dieser beispielsweise 5320mm beim Dessauer NGT6DE und Hallenser MGT-K,[6][7] 5715mm beim Kasseler 8NGTW,[2] 5915mm beim Schweriner SN2001,[5] 6005mm bei den Essener und Mülheimer NF2, NF3 und NF4,[11][9] 6195mm beim Frankfurter Typ S und Dortmunder NGT8[12][13] sowie 7805mm beim Bremer GT8N-1.[8] Dieser Abstand ist von besonderer Bedeutung für die Türanordnung, da bei größeren Werten zwei Doppeltüren pro Einstiegsseite realisierbar sind, wie das in Bremen, Duisburg, Krakau und Danzig der Fall ist.
↑ abcdefgHarry Hondius: Die Drehgestell-Niederflurbahnen NF 2000 von Bombardier Transportation. In: stadtverkehr. Nr.5/2001. EK-Verlag, 2001, ISSN0038-9013, S.14–16.
↑ abcdefgHarry Hondius: Neue Niederflur-Straßenbahnen für Kassel. In: stadtverkehr. Nr.7-8/1999. EK-Verlag, 1999, ISSN0038-9013, S.6–12.
↑ abcHarry Hondius: Die Entwicklung der Nieder- und Mittelflur-Straßen- und Stadtbahnen. Folge 13, Teil I. In: stadtverkehr. Nr.11-12/1999. EK-Verlag, 1999, ISSN0038-9013, S.15f.
↑ abcHarry Hondius: Entwicklung der Nieder- und Mittelflur-Straßen- und Stadtbahnen. Folge 26. In: stadtverkehr. Nr.1-2/2013. EK-Verlag, ISSN0038-9013, S.28.
↑ abcdeHarry Hondius: Neue Bahnen für Schwerin. In: stadtverkehr. Nr.9/2001. EK-Verlag, 2001, ISSN0038-9013, S.6–11.
↑ abcdHarry Hondius: Dessau: erste NF 2000-Systemtram von Bombardier im Einsatz. In: stadtverkehr. Nr.4/2002. EK-Verlag, 2002, ISSN0038-9013, S.6–10.
↑ abcdHarry Hondius: Halle erhält seine Edition der Classic-Tram von Bombardier. In: stadtverkehr. Nr.9/2004. EK-Verlag, 2004, ISSN0038-9013, S.37–41.
↑ abcdHarry Hondius: Neue Niederflurstraßenbahnwagen für die Bremer Straßenbahn AG. In: stadtverkehr. Nr.4/2006. EK-Verlag, 2006, ISSN0038-9013, S.22–28.
↑ abcdHarry Hondius: Entwicklung der Nieder- und Mittelflur-Straßen- und Stadtbahnen. In: stadtverkehr. Nr.1-2/2020. EK-Verlag, ISSN0038-9013, S.12f.
↑Harry Hondius: Entwicklung der Nieder- und Mittelflur-Straßen- und Stadtbahnen. Folge 24. In: stadtverkehr. Nr.1-2/2010. EK-Verlag, ISSN0038-9013, S.20.
↑Harry Hondius: Entwicklung der Nieder- und Mittelflur-Straßen- und Stadtbahnen. Folge 27. In: stadtverkehr. Nr.1-2/2014. EK-Verlag, ISSN0038-9013, S.19–23.
↑Harry Hondius: Entwicklung der Nieder- und Mittelfur-Straßen- und Stadtbahnen. Folge 17, Teil I. In: stadtverkehr. Nr.11-12/2003. EK-Verlag, 2003, ISSN0038-9013, S.23.
↑Harry Hondius: Entwicklung der Nieder- und Mittelfur-Straßen- und Stadtbahnen. Folge 21, Teil I. In: stadtverkehr. Nr.12/2007. EK-Verlag, 2007, ISSN0038-9013, S.16.
↑Neue U-Bahnen und Straßenbahnen. 15. Dezember 2011, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 11. Januar 2022; abgerufen am 21. Oktober 2019 (Pressemitteilung der Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main).Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.vgf-ffm.de