Bockelnhagen ist ein Dorf im thüringischenLandkreis Eichsfeld. Seit dem 1. Dezember 2011 ist die vormals selbständige Gemeinde ein Ortsteil der LandgemeindeSonnenstein. Bockelnhagen ist eines der wenigen Dörfer im Landkreis Eichsfeld, die nicht zum historischen Eichsfeld gezählt werden. Bockelnhagen hat ohne den Ortsteil Weilrode 268 Einwohner.
Bockelnhagen liegt im Tal der Weilroder Eller in der Landschaft des Silkeroder Hügellandes, welches bereits zum Südharz gerechnet wird. Die Ortschaft befindet sich ungefähr 17 Kilometer nordöstlich von Leinefelde-Worbis an der Landesstraße 1013 unweit der ehemaligen Innerdeutschen Grenze und heutigen Landesgrenze nach Niedersachsen. Die hügelige Landschaft um den Ort wird von zahlreichen Bergen geprägt, unter anderem dem Wunderberg (304 m) im Osten, dem Unteren Scherenberg (320 m) im Süden und dem Schulenberg (301 m) im Westen.
Geschichte
Bockelnhagen wurde am 14. Juni 1143 erstmals urkundlich erwähnt.[2] Im Jahr 1143 erbaute Pencesslaus Rieme im Ort den Rittersitz zu Bockelnhagen, worauf er und einige seiner Nachkommen den Namenszusatz von Bockelnhagen führten. Der Zweig seines Sohnes Goserich, der sich in Esplingerode niederließ, übernahm den dortigen Ortsnamen. Der Ort gehörte von 1816 bis 1944 zum Regierungsbezirk Erfurt der preußischen Provinz Sachsen. 1940 kamen polnische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter ins Dorf. Auf dem Gut Neuhof mussten seit 1942 polnische und ukrainische Zwangsarbeiter arbeiten, unter ihnen drei Kinder.[3] Am 1. Dezember 2011 schloss sich die Gemeinde Bockelnhagen mit sieben anderen Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Eichsfeld-Südharz zur Landgemeinde Sonnenstein zusammen.[4]
Herren von Bockelnhagen
Mit Pencesslaus Rieme, der sich 1143 in Bockelnhagen im Gericht Allerberg niederließ und einen adligen Sitz aufbaute, begann das Adelsgeschlecht derer von Bockelnhagen. Seine Nachkommen nannten sich teilweise nach ihren Vorfahren noch Rieme (Hartmann (1226, 1238) mit seinen Söhnen Barthold und Johann) oder Bockelnhagen (Barthold (1230)), während Dietrich (1207)[5], in anderen Quellen Goserich genannt, sich in Esplingerode niederließ und dort ein eigenes Adelsgeschlecht begründete. Sie waren wie ihre Stammesverwandten mittels Schenkungen oder Verkauf mit dem Kloster Pöhlde verbunden. Letztmals wird 1313 ein Thilo von Bockelhagen genannt, das Erbe ging an die befreundeten und mitbelehnten Herren von Minnigerode, die sich Von Minnigerode zu Bockelnhagen (1693) nannten. Das Wappen zeigt zwei aufwärtsgebogene Fischangeln auf roten Grund.[6] Unmittelbare Nachkommen von Barthold von Bockelnhagen waren vermutlich:
Dietrich von Bockelhagen (1263, 1297)
Hermann (1267) und Berthold von Bockelhagen (1289, 1298), Berthold war mit Cunigunde verheiratet und verkaufte bzw. verschenkte seinen Zehnten in Buenrode und Wenigenhagen[7]
Thilo (1313), Sohn des Berthold, entsagt den Zehnten von Wenigenhagen an das Kloster Pöhlde[8]
Innerdeutsche Grenze
Bockelnhagen mit seiner großen Gemarkung befand sich während der innerdeutschen Teilung im Sperrgebiet und teilweise im besonders streng abgeriegelten Schutzstreifen. Von den zahlreichen in Bockelnhagen existierenden Gütern und Einzelhöfen wurden im Zuge der Bodenreform und der Grenzsicherungsmaßnahmen der DDR viele abgerissen:[9]
Rittergut (Hohes Haus), im Besitz derer von Minnigerode
Rittergut, ebenso
Rittergut Neuhof, ebenso
Gehöft Wechselhagen, in Grenznähe Richtung Bartolfelde
Vorwerk Kreuzhof, Grenznähe
Vorwerk Kuhmord, Grenznähe
Einwohnerentwicklung
Entwicklung der Einwohnerzahl (31. Dezember):
1994: 624
1995: 618
1996: 613
1997: 630
1998: 619
1999: 591
2000: 590
2001: 485
2002: 478
2003: 469
2004: 472
2007: 454
Datenquelle: Thüringer Landesamt für Statistik
Wappen
Blasonierung: „In Rot einen schräglinken silbernen Balken, belegt mit einem schräglinken blauen Wellenbalken, oben ein silberner Turm und unten ein silberner Angelhaken.“
Der Wellenbalken steht für das zur Gemeindeflur gehörige Quellgebiet der Weilroder Eller. Der Angelhaken geht auf das Wappenbild der Herren von Bockelnhagen zurück, die ihn, wie alle zum Stamm der Rieme gehörenden im Wappen führten. Die von Rieme waren Abkömmlinge des Geschlechtes von Minnigerode, welche sich in der zweiten Linie häufig von Rieme nannten.[10] Späterhin spalteten sich von der Bockelnhagener Linie die Zweige derer vor dem Schulenberge, auf dem Hohenhause, auf dem Oberhofe, auf dem Forstmeistershofe und zu Wollershausen ab. Das Wappen derer von Bockelnhagen führte zwei silberne, mit der Spitze auf- und auswärts gekehrte Fischangeln, die auf roten Grund lagen, sowie sieben Pfauenfedern, welche einen Helm bekrönten.[11] Der stilisierte Turm symbolisiert die in ihren Grundmauern erhaltene Allerburg bei Bockelnhagen.
Bürgermeister
Der letzte ehrenamtliche Bürgermeister vor der Eingemeindung Frank Hartmann (SPD) wurde am 6. Juni 2010 wiedergewählt.[12]
↑Peter Acht (Bearb.): Die Urkunden seit d. Tode Erzbischof Adalberts I. (1137) bis z. Tode Erzbischof Konrads (1200). In: Historischer Verein für Hessen (Hrsg.): Mainzer Urkundenbuch. Band II-1 (1137–1175). Darmstadt 1968. (40)
↑Thüringer Verband der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten und Studienkreis deutscher Widerstand 1933–1945 (Hrsg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu den Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933–1945. Bd. 8, Thüringen. VAS – Verlag für Akademische Schriften, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-88864-343-0, S. 31.
↑Johann Wolf: Politische Geschichte des Eichsfeldes. Göttingen 1792, Band 1, §103 Seite 30
↑Hrsg. Christian Friedrich August von Meding: Nachrichten von adelichen Wapen. Band 1, Hamburg 1786, Seite 59
↑Johann Georg Leuckfeld: Antiqvitates Poeldenses. Oder Historische Beschreibung des vormahligen Stiffts Voelde, Praemonstratenser Ordens, Worinnen von dieses Closters Nahmen, Stifftungs-Zeit, Landes-Gegend … Aus raren Archiven und Schriften zusammen getragen und … erläutert. Wolfenbüttel 1707; (über die Adelsgeschlechter Sulingen, Rieme, Bockelnhagen, Esplingerode S. 136–139) Bayerische Staatsbibliothek München
↑Volker Große, Gunter Römer: Verlorene Kulturstätten im Eichsfeld 1945 bis 1989 Eine Dokumentation. Eichsfeld Verlag, Heilbad Heiligenstadt, 2006, Seite 50–60.