Im April verließ er Wittenberg, um eine Bildungsreise nach Italien zu unternehmen. Dort gelangte er über Venedig nach Rom, lernte dort Italienisch, reiste weiter nach Neapel, Frankreich, England und Holland. An letzterem Orte erhielt er einen Brief seines Vaters, der ihm mitteilte, dass ihm der Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen eine Stelle am sächsischen Schöppenstuhl in Leipzig in Aussicht stellte. Am 25. April 1620 leistete er zu diesem Zweck seinen Amtseid als außerordentlicher Assessor ab und wurde 1623 ordentlicher Assessor. 1632 stieg er zum Senior der Einrichtung auf, wirkte ab 1636 am Oberhofgericht in Leipzig und wurde am 25. Juni 1639 Rat am Appellationsgericht.
Im August 1644 berief ihn der Kurfürst als Hof- und Justizienrat nach Dresden. Er trat aber sein Amt nicht an, weil Sigismund Finckelthaus gestorben war. Daher kehrte er mit seiner Familie am 25. März 1645 nach Leipzig zurück und übernahm eine Professur an der juristischen Fakultät der Leipziger Akademie. Am 24. Februar 1648 übernahm er das Ordinariat an der juristischen Fakultät und den Vorsitz am Schöppenstuhl. In Leipzig heimisch geworden, konnte er sich einer Berufung als Geheimrat nach Dresden 1653 nicht entziehen. Als er 1661 aus Altersgründen entlassen wurde, ging er wieder zurück nach Leipzig und nahm sein Richteramt am Schöppenstuhl wieder auf. Mit dem Alter bekam er Stein- und Gliederschmerzen. Schließlich ermattete er nach einem starken Durchfall. Auch die damalige ärztliche Kunst konnte diesen Durchfall nicht beheben, worauf er unter dem Gesang der Umstehenden verstarb.
Er wurde in der Paulinerkirche beigesetzt. Sein Epitaph konnte vor der Sprengung der Kirche 1968 gerettet werden und wurde 2011 restauriert.[1]
Wirken
Als eher konservativer, ordnender und zusammenfassender Autor war er vor allem bedeutend bei der Begründung eines eigenständigen deutschen Rechtssystems. Von seiner eigenen Erfahrung ausgehend, verfasste er seine Werke, die vor allen Dingen am Fall orientiert waren. Sein bekanntestes Werk ist die Practica nova Imperialis Saxonica rerum criminalium, in der er das materielle Strafrecht und das Strafprozessrecht vom Anfang des 17. Jahrhunderts darstellt. Das deutsche Strafrecht erfuhr durch dieses Buch eine so umfassende und eindringliche Darstellung, dass ihm ein Jahrhundert lang fast gesetzesgleiche Autorität zukam. Sein letztes großes Werk Processus juris in foro Saxonica war lange ein in der Ausbildung des Prozessrechts gültiges Lehrbuch. Er gilt als einer der ersten Vertreter des Usus modernus pandectarum.[2]
Carpzov, der tief in der Religiosität seiner Zeit verwurzelt war, war auch im Strafrechtsdenken stark religiös geprägt und von der Schule von Salamanca, insbesondere von Diego de Covarrubias y Leyva beeinflusst. Ein Verbrechen galt als Auflehnung, letztlich als Beleidigung Gottes selbst. So war für Carpzov der Täter nicht nur ein Rechtsbrecher, der gegen ein staatliches Verbot verstoßen, sondern auch ein Sünder, der sich gegen Gott aufgelehnt hatte. Die Strafe besaß für ihn neben der Vergeltung auch die Funktion der Abschreckung der Allgemeinheit vor dem Verbrechen. Neben der zeitbedingten Härte seiner Strafauffassung (mitten im Dreißigjährigen Krieg) sollte dennoch das Strafmaß des Rechtsbrechers gerecht ausgewogen werden.
Diesem Ziel diente unter anderem eine Verfeinerung des Schuldbegriffes, eine begrenzte Anordnung der außerordentlichen Strafe sowie eine Einschränkung der rechtlichen Auslegung und Analogie. In Strafprozessen bemühte er sich darum, die Anwendung der Folter in möglichst engen Grenzen zu halten und eher einen Schuldigen freizusprechen, als einen Unschuldigen zu verurteilen. In Prozessen gegen Hexen, an deren Existenz Carpzov nicht zweifelte, werden ihm eine Vielzahl von Todesurteilen nachgesagt. Allerdings ist die Quellenlage schwierig.[3] Carpzov als Einzelperson kann die Erlassung einzelner Todesurteilen, weder in Bezug auf das Hexereidelikt noch anderer Verbrechen, nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden, da alle Sprüche des Schöffenkollegiums nach außen hin als gemeinsame Entscheidung ergingen.[4] Dennoch wird Carpzov bis heute eine theoretische Befürwortung der Hexenverfolgung nachgesagt. Dies wird damit begründet, dass Carpzov sich im ersten Teil seiner Practica Nova in den Questionen 48–50 zu den einzelnen Zaubereidelikten äußerte und dabei explizit den Feuertod als Strafe für den Teufelspakt, die Teufelsbuhlschaft sowie den Schadenszauber vorgab.[5]
Familie
Benedikt Carpzov schloss zwei Ehen: Die erste Ehe am 28. August 1627 mit Regina Cramer von Clausbruch (* 20. Juni 1603 in Leipzig; † 14. Juni 1637 ebenda), der Tochter des Erbsassen auf Meuselwitz Heinrich Cramer von Claußbruch († 31. August 1615 in Meuselwitz) und dessen Frau Catharina Vollkommer. Während seiner zehnjährigen Ehe mit ihr wurden drei Söhne und zwei Töchter geboren: Benedikt Carpzov, Heinrich Julius Carpzov, Benedikt Heinrich Carpzov, Regina Elisabeth Carpzov und Regina Christina Carpzov, welche alle in ihrer Jugend starben.
Seine zweite Ehe ging er am 15. November 1640 mit Catarina, der Tochter des Leipziger Professors der Theologie Mauritius Burchard, ein. Aus ihrer Ehe gingen keine Kinder hervor.
Ehrung
Carpzovstraße, Leipzig: Im Jahr 2001 benannte die Stadt Leipzig eine Straße nach Benedikt Carpzov.[6]
Thomas Robisheaux: Zur Rezeption Benedict Carpzovs im 17. Jahrhundert. In: Herbert Eiden, Rita Voltmer (Hrsg.): Hexenprozesse und Gerichtspraxis. Spee, Trier 2002, ISBN 3-87760-128-6, S. 527–543.
Sieghardt von Köckritz: Die Bedeutung des Willens für den Verbrechensbegriff Carpzovs in der Practica nova imperialis Saxonica rerum criminalium. Diss. 1956.
Bernhard Heitsch: Beweis und Verurteilung im Inquisitionsprozeß Benedict Carpzovs. Juristische Dissertation. Göttingen 1964.
Winfried Trusen: Benedict Carpzov und die Hexenverfolgungen. In: Ellen Schlüchter, Klaus Laubenthal (Hrsg.): Recht und Kriminalität. Festschrift für Friedrich-Wilhelm Krause zum 70. Geburtstag. Heymann, Köln [u. a.] 1990, ISBN 3-452-21890-2, S. 19–35.
Tim Schaetze: Benedikt Carpzov als Dogmatiker des Privatrechts. Shaker, Aachen 1999, ISBN 3-8265-5879-0.
Christian von Bar, Peter Dopffel: Deutsches internationales Privatrecht im 16. und 17. Jahrhundert. Mohr, Tübingen 1995, ISBN 3-16-146448-6, S. 300–410.
Fritz Roth: Restlose Auswertung von Leichenpredigten und Personalschriften für genealogische und kulturhistorische Zwecke. Band 4, R 3329.
Julia Pätzold: Leipziger gelehrte Schöffenspruchsammlung. Ein Beitrag zur Rezeptionsgeschichte in Kursachsen im 16. Jh. (Schriften zur Rechtsgeschichte 143). Berlin 2009.
Walther Killy (Hrsg.): Literaturlexikon: Autoren und Werke deutscher Sprache. Bertelsmann-Lexikon-Verlag, Gütersloh/München 1988–1991 (CD-ROM, Berlin 1998, ISBN 3-932544-13-7), Band 2, S. 374.
↑Franz Wieacker: Privatrechtsgeschichte der Neuzeit. Unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Entwicklung (= Jurisprudenz in Einzeldarstellungen. Bd. 7, ZDB-ID 501118-8). 2., neubearbeitete Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1967. Rn. 247.
↑Benedict Carpzov, Hexenverfolgung in Leipzig in der Zeit von 1430–1750, 2017, abgerufen am 25. Dezember 2018.
↑Pätzold, Julia: Leipziger gelehrte Schöffenspruchsammlung. Ein Beitrag zur Rezeptionsgeschichte in Kursachsen im 16. Jh. Berlin 2009, S.56.
↑Sönke, Lorenz: Benedikt Carpzov und die Hexenverfolgung. In: Günther Jerouschek, Wolfgang Schild, Walter Gropp (Hrsg.): Benedikt Carpzov. Neue Perspektiven zu einem umstrittenen sächsischen Juristen. Tübingen 2000, S.96.