In den 1890er-Jahren begannen Bestrebungen für eine Eisenbahnverbindung entlang der Alpentransversale von Montreux nach Luzern. Den ersten Schritt ging der Kanton Bern mit dem Bau einer Teilstrecke von Spiez nach Erlenbach im Simmental (Eröffnung im August 1897). Im Gegensatz zu den waadtländischen Planungen hatte sich hier der Kanton Bern für eine Normalspurstrecke entschieden. 1902 wurde diese Strecke (Spiez-Erlenbach-Zweisimmen-Bahn) bis Zweisimmen verlängert, wo eine vom Genfersee ausgehende waadtländische Strecke anschließen sollte.
Die Konzession für diese Strecke wurde 1898 von der Bundesversammlung von Montreux bis vorläufig Montbovon erteilt. 1900 begannen die Bauarbeiten dieser meterspurigen, letztlich bis Zweisimmen bzw. Lenk führenden Strecke. 1901 wurde die Bergstrecke von Montreux über Chamby hinauf nach Les Avants eröffnet. Die Fahrt durch den folgenden Scheiteltunnel und hinunter nach Montbovon wurde 1903 eröffnet. 1899 wurde auch die Konzession von Montbovon bis Zweisimmen erteilt. Ab Montbovon folgt die MOB dem Verlauf der Saane hinauf bis Gstaad (Eröffnung 1904) und dann über die Passhöhe von Saanenmöser hinunter nach Zweisimmen, das 1905 erreicht wurde.
Für die Nebenstrecke Zweisimmen-Lenk im Simmental aufwärts erhielt die MOB die Konzession 1906. Wegen Finanzierungsschwierigkeiten begannen die Bauarbeiten aber erst im April 1910 (Eröffnung 1912). Direkte Züge sind nur mittels Spitzkehre im Bahnhof Zweisimmen möglich, wurden aber in verschiedenen Fahrplanperioden angeboten.
Betriebsaufnahme
Abschnitt
Datum
Montreux – Les Avants
12. Dezember 1901
Les Avants – Montbovon
01. Oktober 1903
Montbovon – Château-d’Oex
19. August 1904
Château-d’Oex – Gstaad
20. Dezember 1904
Gstaad – Zweisimmen
06. Juli 1905
Zweisimmen – Lenk
08. Juni 1912
Die Streckenführung über Gstaad war ursprünglich nicht von der MOB geplant, da Gstaad an die Eisenbahnlinie von Aigle über Les Diablerets und den Col du Pillon nach Saanen angeschlossen werden sollte. Da sich deren Bau jedoch verzögerte, ersuchte Gstaad bei der MOB um die Einbeziehung in die Strecke. Die Eisenbahnlinie von Aigle wurde später auch nicht komplett vollendet, sondern endete als Chemin de fer Aigle–Sépey–Diablerets (ASD) in Les Diablerets. Ebenfalls nie realisiert wurde die geplante Weiterführung der Strecke Zweisimmen-Lenk durch den Rawil nach Sion.
Zugleistungen auf der Strecke
Nebst dem Golden-Pass-Express verkehren diverse Regionalzüge auf der Strecke:
PE 30 Golden-Pass Panoramic und Golden-Pass Belle Epoque Montreux–Zweisimmen, zwischen Fontanivent und Zweisimmen mit Halt (oder Halt auf Verlangen) an fast allen Stationen
Im Bahnhof Montbovon besteht Anschluss an das Streckennetz der Transports publics fribourgeois (TPF) nach Bulle, früher Chemins de fer fribourgeois Gruyère–Fribourg–Morat (GFM), noch zuvor Chemins de fer Electriques de la Gruyère (CEG), der die Depotwerkstätte in Montbovon gehört und die mit der MOB gelegentlich auch Rollmaterial austauscht. In der Bauzeit beider Strecken bildete sich ein handfester Streit zwischen den freiburgischen Initianten dieser Bahn und der waadtländisch-bernisch beherrschten MOB heraus. Die Freiburger reichten ihrerseits ein Konzessionsgesuch für den Bau einer Bahn nach Zweisimmen ein; sie wollten durchgehende Züge von Bulle her, allenfalls von Vevey, über Montbovon bis Zweisimmen führen und dabei ab Montbovon durchlaufende Wagen ab Montreux mitnehmen. Das Eidgenössische Eisenbahndepartement führte deshalb am 23. Juni 1899 eine Einigungsverhandlung mit den beiden Initiativkomitees und den betroffenen Kantonsregierungen durch. Da die Berner und Waadtländer Regierung das Komitee aus Montreux unterstützten, willigten die Freiburger ein, auf die Konzession zu verzichten, erhielten aber das Recht, den Bahnhof Montbovon zu bauen (der bis heute der TPF gehört). Noch offen liessen die Bundesvertreter, wer das Eigentum an der kurzen Strecke von Montbovon bis zur Kantonsgrenze vor La Tine erhalten sollte.[1] Das Konzessionsgesuch der freiburgischen Initianten sah eine Strassenbahn, dasjenige der Waadtländer Initianten eine Bahn auf eigenem Bahnkörper vor. Der Bundesrat beantragte dem eidgenössischen Parlament, die Konzession «von Montbovon bzw. von der Kantonsgrenze» nach Zweisimmen zu erteilen, sodass sich die beiden Unternehmen vertraglich zu einigen hätten, ob die eine oder die andere Strecke gebaut werde. Auf jeden Fall aber verpflichtete die Konzession die MOB dazu, die Strecke so zu bauen, dass die Fahrzeuge der Greyerzer Bahnen auf ihr verkehren könnten. Damit waren die beiden Unternehmen verpflichtet, dieselben Normalien anzuwenden.[2] Schliesslich wurde in einem Vertrag vom 12. März 1907 über die Regelung des Zusammenschlusses der Strecken der MOB und der CEG festgehalten, dass die Eigentumsgrenze 117 m ausserhalb der Einfahrweiche von Château-d’Oex liege und die CEG auf ihre Konzession für die anschliessende Strecke verzichte.
Ab dem Bahnhof Zweisimmen führt die von der BLS AG betriebene Simmentalbahn nach Spiez und gewährt Anschlüsse nach Interlaken, Luzern, Brig und Bern.
Seit dem Fahrplanwechsel vom 11. Dezember 2022 gibt es auf der Golden-Pass-Line Direktverbindungen zwischen Interlaken und Montreux. Dazu wurden (erstmals in der Schweiz) eine Umspuranlage gebaut und Züge beschafft, die für die Fahrt sowohl auf Normal- als auch auf Meterspur umgestellt werden können.[3] Eine aus touristischer Sicht wünschbare Fahrt dieser Züge von bzw. bis Luzern ist damit jedoch noch nicht möglich, denn auf der Brünigstrecke wären zusätzlich Brems-Zahnräder erforderlich.[3]
Bauwerke
Die Bahnstrecke führt über 17 Brücken und durch 19 Tunnels.
Der ursprünglich 298 Meter lange Moosbachtunnel (südlich von Zweisimmen) wurde 1984 durch einen danebenliegenden 458 Meter langen Neubautunnel ersetzt, der neue Streckenabschnitt wurde am 14. November 1984 eröffnet. Dieser hat ein erweitertes Profil, damit auch geschemelte Normalspurwagen durch ihn befördert werden könnten.[4][Anmerkung 1]
Der vollständig umgebaute und erneuerte Bahnhof Gstaad wurde am 12. Juni 2009 in Betrieb genommen.[5]
Literatur
Michel Grandguillaume, Gérald Hadorn, Sébastien Jarne und Jean-Louis Rochaix: Chemin de fer Montreux Oberland Bernois. Du Léman au Pays-d'Enhaut, Band 1. Bureau vaudois d'adresses (BVA), Lausanne 1992, ISBN 2-88125-008-4
Michel Grandguillaume, Gérald Hadorn, Sébastien Jarne und Jean-Louis Rochaix: Chemin de fer Montreux Oberland Bernois, Du Léman au Pays-d'Enhaut, Band 2. Bureau vaudois d'adresses (BVA), Lausanne 1994, ISBN 2-88125-009-2
75 Jahre MOB, 75 ans MOB, 1901–1976. (Zweisprachig: Französisch und Deutsch), Chemin de fer Montreux-Oberland Bernois (MOB), Montreux, 1976, ohne ISBN.
Edward W. Paget Tomlinson, Roger Kaller und Pierre Stauffer: Die Montreux-Berner Oberland-Bahn, Le Montreux-Oberland Bernois, The Montreux-Oberland Bernois Railway. (Dreisprachig: Englisch, Französisch und Deutsch), Chemin de fer Montreux-Oberland Bernois (MOB), Montreux, 1985, ohne ISBN.
Jean-Michel Hartmann: Zauber der MOB, Magie du MOB. (Zweisprachig: Französisch und Deutsch), Ott Verlag, Thun, 1985. ISBN 3-7225-6331-3
↑Es ist wegen den engen Kurven, Achslasten und dem Lichtraumprofil auf den angrenzenden Strecken kein Einsatz aller UIC-Güterwagen auf Rollschemeln möglich (EA 2/84 Seite 84)
Einzelnachweise
↑Michel Grandguillaume et al.: MOB, du Léman au Pays-d'Enhaut *. BVA, Lausanne 1992, ISBN 2-88125-008-4, Seite 51
↑Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer elektrischen Eisenbahn von Montbovon, beziehungsweise von der Kantonsgrenze daselbst, über Château-d’Oex und Saanen nach Zweisimmen. (Vom 7. Dezember 1899.) Fundort: Bundesblatt Nr. 50 vom 13. Dezember 1899