Vor den im 19. Jahrhundert durchgeführten Landaufschüttungsmaßnahmen befand sich an der Stelle des heutigen Stadtteils eine tatsächliche Bucht. Heute ist der Stadtteil gemeinsam mit Beacon Hill eine der teuersten Bereiche in ganz Boston.[3][4]
Ein wenig bekannter Distrikt in Back Bay ist St. Botolph bzw. formal Saint Botolph Architectural Conservation District.[6] Das Gebiet erstreckt sich von Nord nach Süd von der Huntington Avenue bis zum Southwest Corridor und von West nach Ost von der Massachusetts Avenue bis zur Harcourt Avenue. In diesem Distrikt befinden sich fast ausschließlich Sandsteinhäuser.[7]
Geschichte
Vor der Durchführung von Landgewinnungsprojekten im 19. Jahrhundert war Back Bay eine Bucht im Westen der Shawmut-Halbinsel, an der gegenüberliegenden Seite des Boston Harbor zwischen Boston und Cambridge, in die der Charles River aus westlicher Richtung mündete. Die Bucht unterlag den Gezeiten, so dass der Wasserstand täglich mehrere Fuß schwankte und die Bucht bei Ebbe in eine Sumpflandschaft verwandelte. Bereits vor 5.200 Jahren bauten an dieser Stelle Indianer ihre Fischwehre, deren Überreste im Zuge der Bauarbeiten für die Bostoner U-Bahn im Jahr 1913 entdeckt wurden.
Im Jahr 1814 wurde die Boston and Roxbury Mill Corporation damit beauftragt, einen Staudamm zu errichten, um dadurch einen Mühlenteich abzugrenzen. Der Damm sollte daneben auch als Mautstraße dienen, die Boston mit Watertown unter Umgehung des Boston Neck verband. Nach einigen Jahren des Betriebs begann man schließlich 1857 mit einem groß angelegten Projekt zur Auffüllung des vom Damm eingeschlossenen Bereichs, um neues Bauland zu gewinnen.
Dazu wurden 6 mi (9,66 km) Schienenwege von Steinbrüchen in Needham bis zur Baustelle verlegt, auf denen Züge mit jeweils 35 Waggons 16 Mal pro Tag pendelten und Schotter sowie weiteres Füllmaterial lieferten. William Dean Howells schrieb über die Bauarbeiten, dass „die Straßen von Back Bay mit ihren hohlen Fundamenten bereits auf der neu geschaffenen Landfläche existierten, während die Züge immer noch weiteres Material anlieferten.“[8] Die Landgewinnungsmaßnahmen für das heutige Back Bay waren 1882 abgeschlossen, während das Gesamtprojekt das Festland am heutigen Kenmore Square 1890 erreichte und mit den Back Bay Fens 1900 fertiggestellt wurde. Der frühere Damm befindet sich heute begraben unter der Beacon Street.[9]
Die Fertigstellung des Charles River Dam im Jahr 1910 machte aus der Mündung des Charles River einen Süßwassersee. Der ParkCharles River Esplanade wurde errichtet, um das verbesserte Potenzial des Flusses zur Naherholung zu nutzen.[10] Seitdem wurde der Park mehrfach umgestaltet, unter anderem durch den Bau des Storrow Drive.[11]
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Straßenverlauf und Bauwerke
Die Konzeptionierung des Stadtteils wurde von Arthur Gilman erstellt, der für das Unternehmen Gridley James Fox Bryant arbeitete. Er ließ sich dabei durch die von Georges-Eugène Haussmann durchgeführte Renovierung von Paris inspirieren, die breite, parallel verlaufende und mit Bäumen gesäumte Alleen vorsah, wie sie bisher in keinem anderen Stadtteil von Boston zu sehen waren.
Daher gibt es in Back Bay fünf Ost-West Korridore: Beacon Street, Marlborough Street, Commonwealth Avenue, Newbury Street und Boylston Street. Diese werden in regelmäßigen Abständen durch von Nord nach Süd verlaufende Straßen unterbrochen: Arlington (entlang der westlichen Grenze des Boston Public Garden), Berkeley, Clarendon, Dartmouth, Exeter, Fairfield, Gloucester und Hereford. Alle außer der Commonwealth Avenue sind Einbahnstraßen.
Einschränkungen wie bspw. Vorgaben in Bezug auf Baugrenzen erzeugten auf den aufgefüllten Flächen der ehemaligen Bucht ein harmonisches Bild von drei- und vierstöckigen Häuserreihen aus Sandstein, die bis heute vorwiegend als Wohnhäuser genutzt werden – allein an der Newbury Street stehen viele kommerziell genutzte Häuser. Der Stadtteil wurde in das National Register of Historic Places aufgenommen und wird als eines der am besten erhaltenen Beispiele für die Stadtarchitektur des 19. Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten angesehen.
Im Jahr 1966 wurde die Back Bay Architectural Commission eingesetzt, um Änderungen an den Fassaden der Häuser im Stadtteil zu regulieren und zu kontrollieren, damit „das Erbe der Stadt Boston durch das Verhindern von Zerstörungen bewahrt wird“.[12][13]
Das erste monumentale Bauwerk am Copley Square war das ursprüngliche Gebäude des Museum of Fine Arts. Die Bauarbeiten begannen 1870 und das Gebäude eröffnete 1876, wobei ein großer Teil der Ausstellungsstücke aus der Kunstsammlung des Boston Athenæum stammte. Das rote, im Stil des Gothic Revival gehaltene Gebäude wurde jedoch abgerissen und als Fairmont Copley Plaza Hotel im Jahr 1912 neu errichtet.
Das von McKim, Mead, and White entworfene Gebäude der Boston Public Library (1888–92) ist ein führendes Beispiel der Beaux-Arts-Architektur in den Vereinigten Staaten und sollte ein „Palast für das Volk“ sein. Der Baedeker-Reiseführer aus dem Jahr 1893 bezeichnet es als „ehrwürdig und beeindruckend, einfach und schulmeisterlich“, sowie als einen „würdigen Nachbarn [...] zur Trinity Church“. Zu dieser Zeit war die Bibliothek mit 600.000 Büchern die größte öffentliche Literatursammlung der Welt.
Die Old South Church oder auch New Old South Church (1872–1875) befindet sich an der Adresse 645 Boylston Street gleich gegenüber der Boston Public Library. Sie wurde durch das Bostoner Architekturbüro Cummings and Sears im Venetian-Gothic-Stil entworfen, der den Regeln des britischenSozialphilosophen und Architekturkritikers John Ruskin (1819–1900) folgt, die er in seinem Aufsatz The Stones of Venice beschreibt. Die Old South Church ist ein wichtiges Beispiel für Ruskins Einfluss auf die US-amerikanische Architektur.
Im Zeitablauf gab es in Back Bay bislang insgesamt drei verschiedene Gebäude mit dem Namen Hancock Building:
Das erste Gebäude war das 1922 von Parker, Thomas & Rice entworfene Stephen L. Brown Building.
Ihm folgte 1947 das von HDB/Cram and Ferguson entworfene The Old John Hancock Building, das bis zum Bau des Prudential Tower das höchste Gebäude in Boston war.
Im Jahr 1972 entwarf schließlich I. M. Pei den John Hancock Tower, der mit 60 Stockwerken das höchste Gebäude in ganz Neuengland war. Er besitzt eine dunkelblau reflektierende Glasfassade und einen Grundriss in Form eines schmalen Parallelogramms. Der Architekt Donlyn Lyndon, der von den späten 1960er bis in die frühen 1970er Jahre die Architekturabteilung des MIT leitete, bezeichnete eine frühe Pressemitteilung der Eigentümer des Turms als „Frechheit“, in der behauptet wurde, das Gebäude reflektiere den architektonischen Charakter des Stadtteils. Lyndon jedoch war der Ansicht, der Turm sei „nihilistisch, überheblich, auf elegante Weise unverschämt, aber nicht niveaulos“.[14]
Weitere bekannte Gebäude
Der 52-stöckige Prudential Tower war 1964 eine Perle des Stadtbilds, wird aber heute von einigen Kritikern als „hässlich“ angesehen.[14] Obwohl der Turm selbst nur wenig architektonischen Ruhm erlangte, wurde das Prudential Center im Jahr 2006 mit dem Award for Best Mixed Use Property des Urban Land Institute ausgezeichnet.[15] An der Rückseite des Gebäudes befindet sich das Colonnade Hotel aus dem Jahr 1971.
Das 2002 errichtete, 36-stöckige Gebäude mit dem Namen 111 Huntington Avenue steht auf Platz 8 der höchsten Gebäude in Boston. Es besitzt einen gläsernen Wintergarten auf dem Dach sowie einen 1,2 Acres (4.856 m²) umfassenden Garten und belegte den dritten Platz des Emporis Skyscraper Awards 2002.[16]
Am Copley Square sowie an der MBTA-Station Back Bay halten Buslinien des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs. Darüber hinaus kann an den Haltestellen Arlington, Copley und Hynes Convention Center die Green Line genutzt werden. Auch die Orange Line hält an der Station Back Bay, von wo auch Amtrak- und Pendlerzüge abfahren.
Bildung
In der Vergangenheit war der Stadtteil Back Bay Standort einiger der führenden Einrichtungen in Boston, die jedoch aufgrund von zusätzlichem Platzbedarf mittlerweile umgezogen sind. Andere, kleinere Kultur- und Bildungseinrichtungen bereichern bis heute den Stadtteil.
Der heutige Standort des Newbury Building wurde von 1866 bis 1939 vom Rogers Building des MIT belegt. In unmittelbarer Nähe befand sich ein kleineres Gebäude der Boston Society of Natural History.[17] Die Boston Society of Natural History wurde schließlich zum Museum of Science und zog in den 1950er Jahren in ihr heutiges Gebäude auf dem Charles River Dam. Das ursprüngliche Museumsgebäude entging als einziges Bauwerk des Blocks den Abrissarbeiten und steht bis heute.
Edwin M. Bacon: Boston a guide book. Ginn & Company, Boston 1903, OCLC1561568.
Bainbridge Bunting: Houses of Boston’s Back Bay an architectural history, 1840-1917. Belknap Press of Harvard University Press, Cambridge 1967, OCLC513725.
Mae West, W. C. Fields: My little chickadee. Universal-International, 1939, OCLC2902132.
Mark Jarzombek: Designing MIT – Bosworth’s New Tech. Northeastern University Press, Boston 2004, ISBN 978-1-55553-619-0.
Museum of Fine Arts, Boston (Hrsg.): Back Bay Boston: the city as a work of art. Boston 1969, OCLC119481.
Douglass Shand-Tucci: Built in Boston city and suburb, 1800–2000. University of Massachusetts Press, Amherst 1999, ISBN 978-1-55849-201-1.
Arthur C. Train: The kid and the camel. In: By advice of counsel being adventures of the celebrated firm of Tutt & Tutt, attorneys & counsellors at law. C. Scribner’s Sons, New York 1921, OCLC882601.
William D. Howells: Literary friends and acquaintance a personal retrospect of American authorship. Indiana University Press, Bloomington 1968, OCLC21681.
↑Back Bay - Beacon Hill. (PDF; 304 kB) 2010 Census Population. Boston Redevelopment Authority, März 2011, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 12. Juli 2012; abgerufen am 18. August 2021 (englisch).
↑About NABB. Neighborhood Association of the Back Bay, archiviert vom Original am 16. Februar 2009; abgerufen am 25. Februar 2009.Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.nabbonline.com
↑St. Botolph. In: Website der Stadt Boston. Abgerufen am 5. März 2012 (englisch).