Au clair de la lune („Im Mondschein“) ist der Titel und der Beginn eines französischen Volks- und Kinderliedes aus dem 18. Jahrhundert. Der Autor des Liedtextes ist unbekannt, als Komponist wird in einigen Quellen Jean-Baptiste Lully (1632–1687) genannt, was jedoch nicht belegt ist.
Die Melodie ist sehr einfach und eingängig und verzichtet wie die meisten Volkslieder auf jede Modulation. Sie besteht aus vier rhythmisch identischen Zweitaktgruppen, deren dritte melodisch variiert ist und zur Dominante führt. Wegen ihrer kleinen Intervalle und des geringen Tonumfangs ist sie einfach zu singen und auf Instrumenten zu spielen und wird daher gelegentlich im Instrumentalunterricht für Kinder verwendet.
Text
französischer Text
1.
Au clair de la lune,
Mon ami Pierrot,
Prête-moi ta plume
Pour écrire un mot.
Ma chandelle est morte,
Je n’ai plus de feu ;
Ouvre-moi ta porte,
Pour l’amour de Dieu.
2.
Au clair de la lune,
Pierrot répondit :
« Je n’ai pas de plume,
Je suis dans mon lit.
Va chez la voisine,
Je crois qu’elle y est,
Car dans sa cuisine
On bat le briquet. »
3.
Au clair de la lune,
L’aimable Lubin
Frappe chez la brune,
Elle répond soudain :
— Qui frapp’ de la sorte?
Il dit à son tour :
— Ouvrez votre porte
Pour le dieu d’amour!
4.
Au clair de la lune,
On n’y voit qu’un peu.
On chercha la plume,
On chercha le feu.
En cherchant d’la sorte,
Je n’sais c’qu’on trouva ;
Mais je sais qu’la porte
Sur eux se ferma...
Deutsche Prosaübersetzung
1.
Im Mondschein,
mein Freund Pierrot,
leih mir deine Feder,
um eine Nachricht zu schreiben.
Meine Kerze ist aus,
ich habe kein Feuer mehr.
Öffne mir deine Tür,
um der Liebe Gottes willen.
2.
Im Mondschein
antwortete Pierrot:
Ich habe keine Feder,
ich bin in meinem Bett.
Geh zur Nachbarin,
ich glaube, sie ist da,
denn in ihrer Küche
schlägt man den Feueranzünder.
3.
Im Mondschein
klopft der liebenswürdige Lubin
bei der Brünetten.
Sie antwortet sofort:
Wer klopft so?
Er sagte seinerseits:
Öffnen Sie Ihre Tür
für den Liebesgott!
4.
Im Mondschein,
da sieht man nur wenig.
Man suchte die Feder,
man suchte das Feuer.
Bei dieser Suche
fand man, ich weiß nicht was.
Aber ich weiß, dass die Tür
sich hinter ihnen schloss...
Texterläuterungen
Es gibt einige Textvarianten des Liedes.
Der Originaltext der zweiten Zeile der ersten Strophe lautete ursprünglich wohl Prête-moi ta lume (lume = lumière), also „Leih mir dein Licht“, statt plume (Schreibfeder), was in dieser Form mehr dem Sinn des gesamten Liedes entspräche.[1]
In der dritten Strophe findet sich anstatt Lubin auch Arlequin (Harlekin): Au clair de la lune s’en fut Arlequin / Tenter la fortune au logis voisin.[2]
Pierrot ist zum einen das Diminutiv von Pierre (Peter), aber auch eine umgangssprachliche Bezeichnung für den Sperling sowie der Name des Hanswurstes im italienischen Lustspiel.[3]
Pierrot und Harlekin sind Nebenbuhler in Liebesdingen in der italienischen Commedia dell’arte. Ersterer hat stets ein weißgepudertes Gesicht und trägt ein weißes, weites Gewand, letzterer eine Halbmaske und eine vielfarbige, enge Kleidung.
Mit Ausdrücken wie Lubin (moralisch verkommener Mönch),[4]chandelle (Kerze), battre le briquet (das Feuerzeug anzünden/das Feuer entfachen) oder der Metapher der sich schließenden Tür macht die Originalversion des Liedes zahlreiche sexuelle Anspielungen. Ein frivoles Wortspiel ist besonders die Umstellung von pour l’amour de Dieu (im älteren Französisch gebräuchlicher Zusatz bei einer dringenden Bitte: „um Gottes willen“) in pour le dieu d’amour („für den Gott der Liebe“).
Bemerkungen
Muzio Clementi (1752–1832) verwendete die Melodie als Thema in seiner Fantasia con Variazioni über „Au clair de la lune“ op. 48 (1821).
↑Zur Veränderung von lume zu plume vgl. Victor Proetz: The astonishment of words. An experiment in the comparison of languages. Austin: University Texas Press, 1971, S. 4; William Rose Benét: The Reader’s Encyclopedia. New York: Crowell, 1955, S. 58.
↑Vgl. Dictionnaire de l’Académie française.Wörterbuch der Französischen Academie mit deutscher Uebersetzung. Bd. 2. Grimma; Leipzig 1851, S. 504; Carl Wilhelm Theodor Schuster (Bearb.): Neues und vollständiges Wörterbuch der deutschen und französischen Sprachemit Rücksicht auf Begriffsbestimmung, Ursprung und Verwandtschaft der Wörter, unter Beifügung der bezeichnenden Beugefälle der Haupt- sowie der unregelmäßigen Formen aller Zeit-Wörter und mit besonderer Bezugnahme auf die in der Arzneikunde, den Naturwissenschaften, dem Handel u. s. w. üblichen Kunst- und Fach-Ausdrücke. Durchgesehen für das Französische von Adolphe Régnier. Französisch-Deutsch. Paris: Hingray; Leipzig: Weber, 1842, S. 708.
↑Bei Lubin handelt es sich um einen alten französischen Taufnamen, der auf der germanischen Wurzel leub, liub (= lieb, geliebt) beruht. Der Name wurde populär durch den hl. Lubin (lat. Leobinus), Bischof von Chartres, der um 560 starb. Vgl. GeneaNet. Zur Bedeutung von lubin als scheinheiliger, verkommener Mönch vgl. Charles Esmangart; Éloi Johanneau (Hrsg.): Œuvres de François Rabelais.Édition variorum, augmentée de pièces inédites, des songes drolatiques de pantagruel, ouvrage posthume, avec l’explication en regard ; des remarques de Le Duchat, de Bernier, de Le Motteux, de l’abbé de Marsy, de Voltaire, de Ginguené, etc. ; et d’un nouveau commentaire historique et philosophique. Bd. 1. Paris: Dalibon, 1823, S. 25–28, Anm. 46.