Die Sechsunddreißig Strategeme (chinesisch三十六計 / 三十六计, PinyinSānshíliù jì, auch 三十六策, Sānshíliù cè) sind eine Sammlung von Strategemen, die dem chinesischen General Tan Daoji († 436) zugeschrieben werden.
Die 36 Strategeme sind in China Allgemeingut. Sie sind Schullesestoff und werden als Cartoons gedruckt.
Chinesische Autoren haben seit über 2000 Jahren unterschiedliche Überlistungstechniken benannt und systematisiert. Strategeme spielen bereits in Sunzis Werk Sunzi Bingfa (Sūnzi bīngfǎ) über die Kriegskunst (etwa 500 v. Chr.) eine wichtige Rolle. Sein Kernsatz lautet: „Alle Kriegshandlung beruht auf Täuschung“.
Besonders bekannt sind in China die Sechsunddreißig Strategeme, die auf General Tan Daoji († 436) zurückgehen sollen. Schriftlich wurden sie durch das Traktat Sanshiliu Ji. Miben Bingfa (Die 36 Strategeme – Geheimbuch der Kriegskunst, entstanden um 1500) überliefert. Der Verfasser ist namentlich nicht bekannt, wurde jedoch vermutlich von Zhao Benxue, einem Militärhistoriker aus der Ming-Zeit (1368–1644), oder einem seiner Schüler beeinflusst.
Die 36 Strategeme sind in eine Vielzahl von Geschichten über militärische, diplomatische und private Themen eingeflossen. Hierzu gehören u. a. die Geschichten um Zhuge Liang, Cao Cao und Liu Bei.
Das „Vollendete Tatsachen“-Strategem (Zieltarnung und Kursverschleierung): Der Kaiser soll gegen seinen Willen dazu gebracht werden, das Meer zu überqueren, indem man ihn in ein Haus am Meer einlädt, das in Wirklichkeit ein Schiff ist. Angespielt wird hier auf ein Ereignis um den Tang-Kaiser Tang Gaozong, der im 7. Jahrhundert n. Chr. das Reich Koguryo angreifen wollte.
Angriff auf ein wichtiges bzw. empfindliches Ziel des Gegners, um von dem eigenen abzulenken. Das Strategem beruht auf einem realen Kriegszug des Reiches Qi auf Rat des Militärstrategen Sun Bin in der Zeit der Streitenden Reiche.
Wei befand sich zwischen den Staaten Qin und Qi. Zhao grenzte an Qin, Wei und Yan. Zhao wurde 354 v. Chr. von Wei angegriffen und rief Qi um Hilfe. Dieses sandte keine Entsatztruppen nach Zhao, sondern griff die ungeschützte Hauptstadt von Wei an. Die Armee von Wei musste daraufhin den Angriff abbrechen.
Mit dem Messer eines Anderen töten
Zeichen
Pinyin
Bedeutung
借
借
jiè
leihen
刀
刀
dāo
Messer
殺
杀
shā
töten
人
人
rén
Mensch, Person
Strategem für den Einsatz von Verbündeten, die einen Stellvertreterkrieg führen, oder für einen Gleichgesinnten, den man dazu motiviert, eine schwierige Aufgabe zu erledigen (vgl. auch „Kastanien aus dem Feuer holen“).
Ausgeruht den erschöpften Feind erwarten
Zeichen
Pinyin
Bedeutung
以
以
yǐ
mit
逸
逸
yì
Ruhe
待
待
dài
erwarten
勞
劳
láo
Erschöpfung
Im Jahr 342 v. Chr. trat Sun Bin vor der Übermacht des Feindes einen Scheinrückzug an. Dabei hinterließ er anfangs 100.000, dann 50.000 und am Ende nur noch 30.000 Feuerstellen. Die Verfolger glaubten nun, viele Soldaten seien desertiert und machten sich mit einer leicht ausgerüsteten Truppe auf die Verfolgungsjagd. Sun Bin aber wartete in einem Hinterhalt und konnte die feindliche Truppe vernichten.[1]
Ein Feuer für einen Raub ausnutzen
Zeichen
Pinyin
Bedeutung
趁
趁
chèn
ausnutzen, Gelegenheit ergreifen
火
火
huǒ
Feuer, Brand
打
打
dǎ
schlagen
劫
劫
jié
rauben
Das bedeutet, Chaos erzeugen und für den Angriff ausnutzen, indem man aus den Schwierigkeiten eines anderen Nutzen zieht und das Chaos in den Reihen des Feindes nutzt, um ihn zu besiegen.
Im Osten lärmen, im Westen angreifen
Zeichen
Pinyin
Bedeutung
聲
声
shēng
verkünden, Nachricht, Geräusch, Stimme
東
东
dōng
Osten
擊
击
jī
angreifen
西
西
xī
Westen
Durch einen Scheinangriff wird der Feind dazu gebracht, dort seine Truppen zu verstärken und an der Stelle die Ressourcen abzuziehen, wo dann tatsächlich der Angriff stattfindet.
Etwas aus einem Nichts erzeugen
Zeichen
Pinyin
Bedeutung
無
无
wú
nichts haben
中
中
zhōng
in
生
生
shēng
hervorbringen
有
有
yǒu
(etwas) haben
Pausenlose Fehlalarme, die zu nachlassender Aufmerksamkeit führen.
Das Vorgaukeln eines Trugbildes für einen Vorteilsgewinn oder Gesinnungswandel nutzen.
die ungewöhnliche Absicht, Kritik hinter normalem, unverfänglichen Tun verbergen.
Liu Bang, der Begründer der Han-Dynastie, ließ einen verbrannten Holzweg durch Berge mühsam instand setzen, was seine Gegner in der Sicherheit wiegte, dass die Arbeiten noch eine Weile in Anspruch nähmen. Tatsächlich aber nahm Liu Bang einen anderen Weg und schlug den überraschten Feind.
Das Feuer am gegenüberliegenden Ufer beobachten
Zeichen
Pinyin
Bedeutung
隔
隔
gé
separieren, entfernt liegen
岸
岸
àn
Ufer
觀
观
guān
anschauen
火
火
huǒ
Feuer, Brand
Eigene Aktionen unterlassen, bis sich die Lage zum eigenen Vorteil entwickelt hat, dabei jede Aktion des Gegners unterbinden, die ihm einen Vorteil bringt.
Hinter dem Lächeln den Dolch verbergen
Zeichen
Pinyin
Bedeutung
笑
笑
xiào
lachen
裏
里
lǐ
in, innerhalb
藏
藏
cáng
verbergen, aufbewahren
刀
刀
dāo
Messer
Den Feind durch Freundlichkeit in Sicherheit wiegen, um ihn im Moment der Schwäche anzugreifen.
Der Pflaumenbaum verdorrt anstelle des Pfirsichbaums
Zeichen
Pinyin
Bedeutung
李
李
lǐ
Pflaume
代
代
dài
vertreten
桃
桃
táo
Pfirsich
僵
僵
jiāng
sich festfahren
sich selbst opfern, um andere zu retten
den anderen opfern, um sich selbst zu retten
irgendjemanden opfern, um einen Dritten zu retten
ein kleines Opfer bringen, um etwas Wertvolles zu gewinnen
Mit leichter Hand das Schaf wegführen
Zeichen
Pinyin
Bedeutung
順
顺
shùn
in gleicher Richtung, nebenbei
手
手
shǒu
Hand
牽
牵
qiān
etwas hinter sich herziehen, schleppen
羊
羊
yáng
Schaf, Ziege
Die Gelegenheit beim Schopf packen. Mit geringem Aufwand ein Maximum erreichen.
Auf das Gras schlagen, um die Schlange aufzuscheuchen
Zeichen
Pinyin
Bedeutung
打
打
dǎ
schlagen
草
草
cǎo
Gras
驚
惊
jīng
erschrecken
蛇
蛇
shé
Schlange
„Auf den Busch klopfen“-Strategem. Den Gegner aus der Reserve locken, die Stärke des Gegners prüfen. Auch: Die Aufmerksamkeit des Gegners auf sich ziehen.
Das Erschrecken des Gegners durch etwas Unerwartetes, z. B. durch einen Scheinangriff, der ihn in die Irre führt. Ist der Gegner kurz erschrocken, so wird seine Gegenwehr unterwandert und seine Reaktionsfähigkeit gemindert.
Für die Rückkehr der Seele einen Leichnam ausleihen
Zeichen
Pinyin
Bedeutung
借
借
jiè
ausleihen
屍
尸
shī
Leichnam
還
还
huán
zurückkommen, zurückgeben
魂
魂
hún
Seele
Etwas Gefürchtetes, Geliebtes, Traditionelles zwecks Einschüchterung bzw. Ermutigung wieder aufleben lassen.
Den Tiger vom Berg in die Ebene locken
Zeichen
Pinyin
Bedeutung
調
调
diào
wechseln
虎
虎
hǔ
Tiger
離
离
lí
verlassen, entfernt sein von
山
山
shān
Berg
den Tiger aus dem vertrauten Terrain weglocken, um ihn leichter zu erlegen
den Tiger weglocken, um sich seines leichter zu verteidigenden Berges zu bemächtigen
den Tiger schwächen, indem man seine wichtigsten Helfer entfernt
die Kinder des Tigers fangen, wenn der weggelockt ist
Entspricht der deutschen Redewendung „aufs Glatteis führen“.
Will man etwas fangen, muss man es zunächst loslassen
Zeichen
Pinyin
Bedeutung
欲
欲
yù
begehren, haben wollen
擒
擒
qín
fangen
故
故
gù
absichtlich, daher
縱
纵
zòng
freilassen
Unterwanderung der gegnerischen Truppen durch freigelassene Kriegsgefangene, die man zuvor freundlich behandelt hat.
Einen Backstein hinwerfen, um Jade zu erlangen
Zeichen
Pinyin
Bedeutung
拋
抛
pāo
werfen
磚
砖
zhuān
Ziegelstein
引
引
yǐn
anlocken
玉
玉
yù
Jade
Etwas Kleines opfern, den Gegner dadurch auf eine falsche Fährte führen, um sich dann im Rücken des Feindes des Großen zu bemächtigen.
Eine deutschsprachige Entsprechung dieses Strategems ist die Redensart „Mit der Wurst nach der Speckseite …“ oder „… nach dem Schinken werfen“, der in früheren Zeiten, um ihn trocken und vor Mäusen geschützt aufzubewahren, oft an einer Schnur hoch oben in der Speisekammer aufgehängt wurde, so dass, wenn der Schinken von der Wurst getroffen herunterfiel, man dadurch mit etwas Glück und der Opferung von etwas Wertloserem etwas wesentlich Wertvolleres erlangte.
Beispiel: Durch eine gezielte Maßnahme ohne größeren eigenen Aufwand (zum Beispiel Streuung von Informationen, schwache Befestigung einer eigenen Festung) den Feind zu einem raschen Vorgehen verleiten, um ihn dann aus einem Hinterhalt an seiner schwächsten Stelle anzugreifen.
Wird auch als Höflichkeitsformel verwendet, etwa im Sinne von: Ich hoffe, dass mein bescheidener Beitrag (Ziegelstein) zu einer angeregten Diskussion (Jade) führt.[2]
Den Gegner durch Gefangennahme des Anführers unschädlich machen
Zeichen
Pinyin
Bedeutung
擒
擒
qín
fangen
賊
贼
zéi
Feind, Verräter, Dieb
擒
擒
qín
fangen
王
王
wáng
Herrscher
Der Schlange den Kopf abschlagen.
Gelingt es, den feindlichen Kommandanten gefangen zu nehmen, so sinkt die Moral des Feindes und die Schlacht ist entschieden.
Das Brennholz heimlich unter dem Kessel wegnehmen
Zeichen
Pinyin
Bedeutung
釜
釜
fǔ
Kochkessel
底
底
dǐ
Boden, Grund
抽
抽
chōu
abziehen
薪
薪
xīn
Brennholz
Das Wasser abgraben; dem Gegner seine Ressourcen oder dem Krieg den Grund entziehen, um den Konflikt frühzeitig zu beenden oder gar zu vermeiden.
Im Trüben fischen
Zeichen
Pinyin
Bedeutung
混
混
hún
trüb, durcheinander
水
水
shuǐ
Wasser
摸
摸
mō
tasten
魚
鱼
yú
Fisch
Im Trüben fischen – wörtlich etwa: in der Desorientierung und das Durcheinander im Wasser nach Fischen grapschen – die undurchsichtige Lage nutzen, um selbst zu profitieren. Dem Gegner die Übersicht nehmen, um ihn im blinden Zustand leichter zu überwältigen.
Die Zikade wirft ihre goldglänzende Haut ab
Zeichen
Pinyin
Bedeutung
金
金
jīn
Gold
蟬
蝉
chán
Zikade
脱
脱
tuō
ausziehen, abstreifen, abwerfen
殼
壳
ké
Hülle, Gehäuse, Panzer
Falsche, zu strategischen Zwecken ersonnene Äußerlichkeiten hinter sich lassen. Wie die Haut der Zikade bleibt die Fassade intakt, doch das eigentliche Geschehen spielt sich nun anderenorts ab. Angeblich hat die unterirdisch lebende Larve der Zikade eine goldglänzende Hülle. Für das oberirdisch lebende erwachsene Tier ist diese Hülle zu gefährlich, sie streift sie ab und tarnt sich.
Die Türe schließen, um den Dieb zu fangen
Zeichen
Pinyin
Bedeutung
關
关
guān
schließen
門
门
mén
Tür, Tor
捉
捉
zhuō
fangen
賊
贼
zéi
Feind, Verräter, Dieb
Den Feind lässt man ins Leere laufen, um ihn dann einkesseln zu können. Dem Gegner jeden möglichen Fluchtweg abschneiden.
Sich mit dem fernen Feind verbünden, um Nachbarn anzugreifen
Zeichen
Pinyin
Bedeutung
遠
远
yuǎn
fern
交
交
jiāo
befreunden
近
近
jīn
nah
攻
攻
gōng
angreifen
Ein General, der sich von mehreren Feinden bedroht fühlt, kann sich mit einem fernen Feind verbünden, um den nahen Feind einzukreisen. Dieses Strategem ist auch in anderen Kulturkreisen wohlbekannt, als „Der Feind meines Feindes ist mein Freund.“
Im Jahr 658 v. Chr. erbat der Staat Jin vom Staat Yu das Recht zum Durchmarsch, um den Staat Guo anzugreifen. Nach zwei Feldzügen gegen Guo nahm der Staat Jin auch noch den Staat Yu ein, in dem sich seine Soldaten ohnehin schon befanden.
Die Balken stehlen und gegen morsche Stützen austauschen
Zeichen
Pinyin
Bedeutung
偷
偷
tōu
stehlen, heimlich
梁
梁
liáng
Tragbalken
換
换
huàn
tauschen
柱
柱
zhù
Pfeiler
Ohne Veränderung der Fassade eines Hauses die Tragbalken stehlen und die Stützpfosten austauschen. Anderen die Spitzenkräfte abwerben; eine Mogelpackung präsentieren.
Die Akazie schelten, dabei aber auf den Maulbeerbaum zeigen
Zeichen
Pinyin
Bedeutung
指
指
zhǐ
zeigen
桑
桑
sāng
Maulbeerbaum
罵
骂
mà
schimpfen
槐
槐
huái
Akazie
Den Sack schlagen und den Esel meinen. Die Akazie war der Lieblingsbaum der Kaiser. Der Maulbeerbaum war wichtig für die Seidengewinnung des einfachen Volks. Kritik gegenüber Vorgesetzten wurde indirekt vorgebracht, indem man sich zum gleichen Sachverhalt über andere Personen beschwerte.
Verrücktheit mimen, ohne das Gleichgewicht zu verlieren
Zeichen
Pinyin
Bedeutung
假
假
jiǎ
ausleihen, unecht, falsch
癡
痴
chī
Wahnsinn
不
不
bù
nicht
癲
癫
diān
verrückt sein
Der Feldherr lässt sich von seinem Feind als unfähig betrachten, damit dieser vielleicht Zeit verstreichen lässt, die er nutzt, um seine Ausgangslage zu verbessern.
Auf das Dach locken, um dann die Leiter wegzuziehen
Zeichen
Pinyin
Bedeutung
上
上
shàng
hinaufsteigen, auf, oben, beste
屋
屋
wū
Haus
抽
抽
chōu
wegziehen
梯
梯
tī
Leiter
Dem Gegner ein leichtes Ziel bieten und ihn damit in eine Gegend locken, aus der es nur wenige Fluchtmöglichkeiten gibt. Diese Fluchtmöglichkeiten müssen dann abgeschnitten werden, damit sich die Falle schließt.
Dürre Bäume mit künstlichen Blüten schmücken
Zeichen
Pinyin
Bedeutung
樹
树
shù
Baum
上
上
shàng
hinaufsteigen, auf, oben, beste
開
开
kāi
öffnen
花
花
huā
Blüte
Ein verdorrter Baum erscheint durch künstliche Blüten gesund und stark. Täuschung des Gegners hinsichtlich der eigenen Truppenstärke und Bewaffnung, z. B. durch Attrappen. Die eigene Armee größer und stärker aussehen lassen.
Die Rolle des Gastes in die des Gastgebers umkehren
Zeichen
Pinyin
Bedeutung
反
反
fǎn
umkehren, umdrehen, gegen
客
客
kè
Gast, Besucher, Kunde
為
为
wéi
machen
主
主
zhǔ
Gastgeber, Herr, Besitzer
Die Position des Gegners usurpieren. Nach der erfolgreichen Abwehr eines Angriffs den Gegenangriff einläuten und den Gegner zum Verteidigen zwingen in einem Terrain, das ihm fremd ist, aber auch „vom Jäger zum Gejagten werden“. Im Kern geht es darum, die – reaktive – Rolle des „Gastes“ in die – aktive – Rolle des Gastgebers umzukehren, um Handlungsfähigkeit zu erlangen, eine schwache Position in eine starke umzuwandeln, um den Gegner in eine für ihn defensive bzw. reaktive Rolle zu zwingen.
Die List der schönen Frau
Zeichen
Pinyin
Bedeutung
美
美
měi
schön
人
人
rén
Mensch, Person
計
计
jì
List
Dieses Strategem steht für Informationsgewinnung oder Korrumpierung. Meist bedeutet es, eine Frau einzusetzen, um eine wichtige Persönlichkeit zu beeinflussen. Dazu sagte der Sänger Sima Xiangru:
„Ein Blick – und ganze Städte fallen, ein zweiter Blick – und Reiche stürzen ein.“
Der bekannteste Fall ist der Fall der Diaochan, einer der vier schönen Frauen des alten Chinas. In Luo Guanzhongs Roman Die Geschichte der Drei Reiche beteiligt sich Diaochan an einer Verschwörung des Beamten Wang Yun, um den Krieger Lü Bu dazu zu bringen, seinen Herrn und Adoptivvater Dong Zhuo zu ermorden.
In der Welt der Spionage wird das Verfahren „Romeo-Variante“ genannt. Eine intime Beziehung soll helfen, die Zielperson „abzuschöpfen“. Es kommt darauf an, Informationen zu gewinnen, die der oder die Betreffende im Schutze der Vertrautheit einer Beziehung äußert.
Die List der offenen Stadttore
Zeichen
Pinyin
Bedeutung
空
空
kōng
leer
城
城
chéng
befestigte Stadt, Stadt
計
计
jì
List
Einen Hinterhalt vortäuschen, der die eigene Schwäche verschleiert. Zhuge Liang war mit 5.000 Soldaten nach Xicheng gezogen, als der feindliche General Sima Yi mit einem Heer von 150.000 Mann gegen die Stadt vorrückte. Zhuge Liang ließ die vier Stadttore öffnen und setzte sich mit einer Zither auf die Stadtmauer. Sima Yi verzichtete auf einen Angriff, da er eine Falle befürchtete. Er schätzte Zhuge Liang als so vorsichtig ein, dass er ein derart offenkundiges Risiko niemals auf sich genommen hätte. Nach dem Abzug des Feindes sagte Zhuge Liang: „Hätten wir die Stadt aufgegeben und die Flucht ergriffen, dann wären wir bestimmt nicht weit gekommen.“
Die List des Zwietrachtsäens
Zeichen
Pinyin
Bedeutung
反
反
fǎn
umkehren, umdrehen, gegen
間
间
jiān
Raum, trennen, befremden, zwischen
計
计
jì
List
In SunzisKunst des Krieges (孫子兵法, Sūnzǐ bīngfǎ) wird die besondere Bedeutung von Doppelagenten betont (1. Alt.).
Vgl. Kapitel „Das Schwert in der Scheide“: Höchste militärische Führungskunst ist Sunzi zufolge das Angreifen/Durchkreuzen der gegnerischen Strategie, danach folgt als zweitbeste Option das Spalten der Allianzen des Gegners, drittbeste Alternative wäre der (direkte) Angriff des Gegners und die schlechteste militärische Lösung wäre das Belagern der Hochburgen des Gegners. Das Strategem des „Zwietrachtsäens“ stellt auf die Lösung Sunzis ab, die Allianzen des Gegners zu spalten. (2. Alt)
Zwei befeindete Parteien gegeneinander ausspielen, um dann selbst einen Nutzen daraus zu ziehen.
Sich selbst verletzen, um Mitgefühl zu erregen und eigene Schwäche vorzutäuschen.
Sich selbst verletzen, um es dem Gegner zuzuschieben.
Die Ketten-Strategie
Zeichen
Pinyin
Bedeutung
連
连
lián
verbinden
環
环
huán
Kettenglied
計
计
jì
List
Zwei oder mehrere Strategeme verknüpfen.
Weglaufen ist die beste Methode
Zeichen
Pinyin
Bedeutung
走
走
zǒu
weggehen, fortlaufen
為
为
wéi
machen
上
上
shàng
hinaufsteigen, auf, oben, beste
策
策
cè
Plan, Strategie
Rechtzeitiges Weglaufen ist bei sich abzeichnender Aussichtslosigkeit das Beste. Wenn die anderen 35 Listen versagen, ist die 36. List, die Flucht, die beste Strategie. Dieses Strategem wird meist mit 三十六計,走為上策 wiedergegeben.
Sich ergeben ist eine vollständige Niederlage, ein Vergleich ist eine halbe Niederlage. Flucht bietet die Chance, später doch noch zu gewinnen. Der Rückzug war dann nur ein taktischer Zug.
Strategeme in anderen Kulturkreisen
In der Antike kursierten wohl eine Reihe von Schriften mit Strategemsammlungen. Davon sind jedoch alle bis auf zwei verloren gegangen. Die ältere der beiden verfasste der römische Staatsmann und Feldherr Sextus Iulius Frontinus (* um 40, † 103) als Ratgeber für Offiziere. Die zweite stellte der griechische Rhetor (Redner) und Anwalt Polyänus (* um 100) zusammen.
Im arabischen Raum finden sich ein halbes Dutzend Abhandlungen, die sich mit Listen im (derzeit angewendeten) islamischen Recht beschäftigen. Zudem existiert ein allgemeineres Werk namens Raqa’iq al-hilal fi daqa’iq al-hiyal aus dem 15. Jahrhundert. Ein weiteres stammt von dem SizilianerIbn Zafer aus dem 12. Jahrhundert.
Sextus Iulius Frontinus: Kriegslisten. (Strategematon libri IV, 97 n. Chr.) Lateinisch und Deutsch von Gerhard Bendz. 2. Auflage. Berlin 1978.
Polyaenus: Strategems of war. (Strategemata, um 161 n. Chr.) Herausgegeben und übersetzt von Peter Krentz und Everett L. Wheeler. 2 Bände. Chicago 1994.
Haichen Sun: The Wiles Of War: 36 Military Strategies from Ancient China. Foreign Languages Press, Peking 1993.
Yuan Gao: Lock den Tiger aus den Bergen. 36 Weisheiten aus dem alten China für Manager von heute. Droemer Knaur, München 1995.
Stefan H. Verstappen: The Thirty-Six Strategies of Ancient China. China Books & Periodicals, San Francisco 1999.
Marco Althaus: Strategien für Kampagnen. Klassische Lektionen und modernes Targeting. In: Marco Althaus (Hrsg.): Kampagne! Neue Strategien für Wahlkampf, PR und Lobbying. (= Medienpraxis. 1). Münster 2001, S. 11–44.
Harro von Senger: Strategeme, Die berühmten 36 Strategeme der Chinesen – lange als Geheimwissen gehütet, erstmals im Westen vorgestellt. Scherz, München 2003, ISBN 3-502-15660-3.
Harro von Senger: Strategeme. Lebens- und Überlebenslisten aus drei Jahrtausenden. 10. Auflage. Scherz, Bern / München / Wien 2000.
Harro von Senger: 36 Strategeme für Manager. Piper, München 2006, ISBN 3-492-24649-4.
Gianluca Magi: 36 Strategeme für Erfolg und Wohlstand: Die altbewährte chinesische Kunst der Strategie. Kailash, München 2009.
Adam Matuschczyk: Kreative Strategeme: kreatives und systemisches Denken bei der Austragung sozialer Konflikte. Kardinal, Hannover 2009.
Julia Kotzschmar, Josef K. Pöllath: Strategeme. Etwas aus einem Nichts erzeugen. Marixverlag, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-86539-235-0.
Harro von Senger: Die Klaviatur der 36 Strategeme. In Gegensätzen denken. Hanser, München 2013, ISBN 978-3-446-43684-8.
Christian Rieck: Die 36 Strategeme der Krise – erfolgreich werden, wenn andere scheitern. Selbstverlag, Frankfurt/Main 2020.[3]