Die 2. Legislaturperiode des Parlaments der Republik Estland, der 2. Riigikogu (estnischII Riigikogu), dauerte vom 31. Mai 1923 bis zum 14. Juni 1926.[1]
Bereits Anfang Mai 1923 erlebte die 1918 gegründete Republik Estlandvorgezogene Parlamentswahlen. Grund war das Ergebnis einer Volksabstimmung, die vom 17. bis 19. Februar 1923 stattgefunden hatte. Darin hatte das Volk mit einer Mehrheit von 71,9 % ein Gesetz zur Einführung von Religionsunterricht in den Schulen angenommen. Der Riigikogu hatte das Gesetz zuvor abgelehnt. Da das Volk dem Riigikogu damit das Misstrauen ausgesprochen hatte, mussten nach § 32 der Verfassung spätestens 75 Tage nach der Volksabstimmung neue Parlamentswahlen stattfinden.
Die Parlamentswahl vom 5. bis zum 7. Mai brachte das zersplittertste estnische Parlament der Zwischenkriegszeit hervor. Insgesamt vierzehn Parteien und Gruppierungen schafften den Einzug in den Riigikogu. Eine Sperrklausel gab es damals noch nicht; sie wurde erst für die Wahlen 1926 eingeführt.
Parteien im Parlament 1923 bis 1926
Amtliches Endergebnis der Parlamentswahl 1923 (100 Sitze)
Das neu gewählte Parlament trat zur konstituierenden Sitzung der 2. Legislaturperiode am 7. Juni 1923 im Tallinner Schloss zusammen.
Parlamentspräsidenten der 2. Legislaturperiode
Das Parlament wählte in Nachfolge von Konstantin Päts (Bund der Landwirte), der am 2. August 1923 sein Amt als neuer Staats- und Regierungschef antrat, in seiner ersten Sitzung den Vorsitzenden der konservativ-nationalliberalen Estnischen Volkspartei (Eesti Rahvaerakond), Jaan Tõnisson, zum neuen Parlamentspräsidenten. Tõnisson blieb bis zum 27. März 1925 im Amt.
Einschneidendes Ereignis der jungen estnischen Demokratie war am 1. Dezember 1924 ein gescheiterter Staatsstreich-Versuch von Seiten der radikalen Linken. Estnische Kommunisten versuchten mit Hilfe Moskaus die demokratische Regierung in Estland zu stürzen und ein bolschewistisches System nach stalinistischem Vorbild zu errichten.
Der Putsch brach noch am selben Tag unter Einsatz der estnischen Streitkräfte und mangels Unterstützung in der estnischen Bevölkerung in sich zusammen.
Insgesamt töteten die Putschisten 21 Personen, darunter Verkehrsminister Karl Kark.[5] Die geplante Ermordung von Staats- und Regierungschef Friedrich Karl Akel in seiner Residenz unmittelbar gegenüber dem Parlamentsgebäude schlug fehl.
Am 16. Dezember 1924 bildete Jüri Jaakson von der Estnischen Volkspartei eine überparteiliche Regierung, der alle demokratischen Gruppierungen Estlands angehörten.
Abgeordnete
Die gesetzliche Mitgliederzahl des Riigikogu betrug 100 Abgeordnetenmandate. Insgesamt hatten im Laufe der 2. Legislaturperiode 188 Personen ein Abgeordnetenmandat inne, einige davon allerdings nur formal und kurzzeitig wegen Rückzugs oder Rücktritt aus dem Parlament. Unter den Abgeordneten waren vier Frauen. Das Durchschnittsalter der Abgeordneten betrug zu Beginn ihres Mandats 39 Jahre.[6]
Gesetzgebung
In seiner 2. Legislaturperiode nahm der Riigikogu insgesamt 374 Gesetze an. Er verabschiede 21 Entscheidungen, neun Haushaltsbeschlüsse sowie drei weitere Rechtsakte.
Ende der 2. Legislaturperiode
Mit Ende der nach der Verfassung dreijährigen Legislaturperiode fanden vom 15. bis 17. Mai 1926 Parlamentswahlen statt. Am 22. Juni 1926 kam der neu gewählte Riigikogu zur ersten Sitzung seiner dritten Legislaturperiode zusammen.