Waldteufel entstammte einer jüdischen Musikerfamilie, deren Wurzeln in Böhmen liegen, die aber seit 1793 im elsässischenBischheim ansässig war. Sein Großvater Moyse Levy war dort als Straßenmusikant tätig, sein Vater Lazar Levy im nahen Straßburg als Leiter eines bekannten Orchesters. 1808 nahm die Familie aufgrund eines napoleonischen Dekrets den Namen Waldteufel an, der Bezug auf böhmische Vorfahren nimmt. Lazar Levy wurde dementsprechend als Louis Waldteufel (1801–1884) bekannt. Er heiratete die aus München stammende Pianistin und Gesangsprofessorin Flora Neubauer (1805–1880), die von Mozart-Schüler Johann Nepomuk Hummel ausgebildet worden war. Ihr zweites Kind Isaak Levy, alias Léon Waldteufel, wurde Orchesterdirigent. Das vierte Kind war Émile Waldteufel.[1][2][3] Als Émile fünf Jahre alt war, zog die Familie von Bischheim nach Paris.
Den ersten Unterricht erhielt Émile Waldteufel von seiner Mutter und dann von Joseph Heyberger. Bereits mit 15 Jahren gab er Klavierstunden, spielte auf Soireen und verdiente sich Geld als Tester beim Klavierbauer Scholtus. In dieser Zeit schrieb er auch seinen ersten Walzer „Joies et peines“ (op. 102), veröffentlichte ihn zunächst im Eigenverlag und gewann damit Anerkennung beim Komponisten Charles Gounod.[4] Waldteufel studierte 1853–1867 am Pariser Konservatorium, wo Jules Massenet und Georges Bizet zu seinen Kommilitonen gehörten.
Waldteufels Opus besteht vor allem aus Tanzmusik: Walzer, Polkas, Mazurkas und populäre Melodien. Sein bekanntestes Werk ist der Schlittschuhläufer-Walzer (Les Patineurs), op. 183. Daneben wurden Sirenenzauber (Sirènes), op. 154, Pomone, op. 155, Dolores, op. 170, Estudiantina, op. 191 und España, op. 236 vielgespielte Stücke.
Der Durchbruch als Komponist gelang Waldteufel, als 1874 (nach anderen Quellen: bereits 1860) der Prince of Wales, Edward (VII.) eine Pariser Soiree besuchte und dabei großen Gefallen an seiner letzten Komposition, dem Manolo-Walzer, fand.[7] Der Verleger Hopwood & Crew machte Waldteufels Kompositionen weltweit populär. In Deutschland erschienen diese im BraunschweigerLitolff-Verlag. Dieser etablierte auch das heute übliche Werkverzeichnis und begann mit der Opus-Nummer 100, um Platz für etwaige später entdeckte Frühwerke des Komponisten zu lassen[6] – trotzdem sind die Opus-Nummern nicht immer kongruent mit den Entstehungsjahren.
Mit insgesamt 274 bekannten Werken erwies sich Waldteufel als sehr produktiver Komponist, weswegen ihn Émile Zola als „Walzerfabrikanten“ bezeichnete, der seine Werke „bei Tag schreibt, um sie abends zu spielen“.[8] Viele davon widmete er Freunden oder einflussreichen Persönlichkeiten, insbesondere aber Damen der gehobenen Gesellschaft wie Gräfinnen, Baroninnen oder Bankiersgattinen. Den Walzer Myosotis („Vergissmeinnicht“) widmete er nach einer Anekdote von Pierre Eck gar in dem ihm eigenen Charme spontan einer hübschen Konzertbesucherin, die sich näher zu ihm ans Klavier gesetzt hatte – nicht ohne seine Musikerkollegen vermeintlich diskret, tatsächlich aber im wohlbegründeten Vertrauen auf die Elsässisch-Kenntnisse der Dame wissen zu lassen, dass sie „e scheens Wib“ sei.[9]
Privates
1868 heiratete Waldteufel die Sängerin Célestine Dufau, mit der er die Kinder Berthe, Henri und René hatte. Der Schauspieler und Liedermacher Julien Doré ist ein Ururenkel von Émile Waldteufel.[10] 1871 beteiligte sich Waldteufel als Freiwilliger am Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71.[4]
Literatur
Jean-Pierre Zeder: Les Waldteufel et la danse française. Éditions des Dernières Nouvelles d’Alsace, Straßburg o. J.
Emil Waldteufel, der elsässische Walzerkönig. Zu seinem 20. Todestag. In: Elsaß-Lothringen. Heimatstimmen. 13. Jg., Nr. 12, 16. Dezember 1935, S. 543 f.