Eine Zylinderspule ist eine Spule, bei der die Drahtwicklung auf einem Zylindermantel liegt, also dünn gegenüber dem Zylinderdurchmesser ist. In der Regel ist sie einlagig. Einlagige Zylinderspulen haben einen helixförmigen Verlauf des Drahtes.
Eine Zylinderspule hat üblicherweise einen im Verhältnis zum Durchmesser kleinen Abstand der Drahtwindungen voneinander und damit eine vergleichsweise hohe Anzahl von Windungen pro Länge.
Eine Zylinderspule mit einem großen Verhältnis Länge zu Durchmesser ist zum Erzeugen eines homogenen Magnetfeldes in ihrer Mitte geeignet (solenoidales Magnetfeld) und wird manchmal auch als Solenoid bezeichnet.
Bauformen von Zylinderspulen sind unter Luftspule beschrieben.
Im Grenzfall einer sehr kurzen Länge geht die Zylinderspule in eine kreisförmige Leiterschleife über.
Zylinderspulen haben neben der einfachen Berechenbarkeit folgende Merkmale:
besonders für hohe Frequenzen geeignet und hohe Eigenresonanzfrequenz wegen der geringen kapazitiven Kopplung zwischen den Windungen und Anschlüssen im Vergleich zu mehrlagigen Spulen oder Toroidspulen
für hohe Spannungen besser geeignet wegen der entfallenden Lagenisolation
größere Abmessungen, jedoch bessere Abführung der Verlustwärme als mehrlagige Spulen gleicher Induktivität
Ausgehend von diesen Eigenschaften werden Zylinderspulen als Hochfrequenzdrossel („UKW-Drossel“) und allgemein zur Herstellung von Induktivitäten bei hohen Frequenzen eingesetzt.
Zylinderspulen lassen sich abgleichen, indem ihre Windungen auseinandergebogen oder -gezogen werden. Wird ein Aluminium- oder Ferrit- bzw. Eisenpulverkern eingeschoben (siehe auch Variometer), ist der damit erreichbare Variationsbereich höher als bei einer kurzen, mehrlagigen Spule.
Übereinander, jeweils als Zylinderspule ausgebildete Wicklungen von Transformatoren sind durch eine geringe Selbstinduktion (Streuinduktivität) geprägt und sind nicht vom Proximity-Effekt betroffen.
Der Teilchendetektor Compact Muon Solenoid (CMS) am CERN ist ein Beispiel für eine besonders große Zylinderspule.
Magnetfeld
Das MagnetfeldB einer idealen Zylinderspule kann durch Integration des Biot-Savart-Gesetzes berechnet werden. Die Spule habe die Windungszahl N, StromstärkeI, Länge l und Radius R. Wir bezeichnen die Zylinderachse durch den Einheitsvektor, wobei z vom Mittelpunkt der Spule in Richtung der Korkenzieherregel gemessen wird. Der Abstand zur Zylinderachse sei ρ mit entsprechendem Einheitsvektor (Zylinderkoordinaten). Dann besitzt das erzeugte Feld nur eine axiale und radiale, aber keine azimutale Komponente:
sowie die vollständigen elliptischen Integrale erster (K), zweiter (E) und dritter Art (Π) verwendet:
Neben der Darstellung durch die klassischen elliptischen Integrale existieren auch alternative Ausdrücke mit verbesserter numerischer Stabilität und effizienter Berechenbarkeit, beispielsweise mit Carlson-Formen.[7]
Entlang der Zylinderachse vereinfacht sich das Feld:
Im Zentrum der Spule beträgt das Feld exakt:
Für lange Spulen beträgt das Feld überall im Inneren, außer nahe den Enden
und sinkt und außerhalb weit weg von den Spulenenden schnell auf Null ab. Für große Abstände nähert sich das Feld einem Dipolfeld mit magnetischem Moment an:[7]
Das Magnetfeld der Zylinderspule entspricht exakt dem eines homogen magnetisierten zylinderförmigen Stabmagneten mit Magnetisierung, wobei .[7]
Im Fall einer sehr langen Zylinderspule () mit Querschnittsfläche lässt sich die Näherung noch weiter vereinfachen:
.
Bei Spulen mit ferromagnetischemKern ist die Formel nicht mehr anwendbar, da der äußere Teil des Feldes nun relevant wird. Handelt es sich jedoch um einen geschlossenen magnetischen Kreis in der Form eines hochpermeablen Rahmens, auf den die Spule gewickelt ist, kann statt der Spulenlänge dessen mittlerer Umfang – das ist die mittlere magnetische Weglänge – und statt des Spulenquerschnittes sein mittlerer Querschnitt eingesetzt werden. Die Induktivitätsberechnung erfordert dann noch die Multiplikation mit der Permeabilitätszahl des Kernmaterials.
Einzelnachweise
↑J. C. Maxwell: Electricity and Magnetism. Clarendon Press, Oxford, England 1873 (archive.org).
↑Karl Friedrich Müller: Berechnung der Induktivität von Spulen. In: Archiv für Elektrotechnik. 17. Jahrgang, Nr.3, 1. Mai 1926, ISSN1432-0487, S.336–353, doi:10.1007/BF01655986 (springer.com).
↑Kuno Foelsch: Magnetfeld und Induktivität einer zylindrischen Spule. In: Archiv für Elektrotechnik. 30. Jahrgang, Nr.3, 3. März 1936, ISSN1432-0487, S.139–157, doi:10.1007/BF01657310 (springer.com).
↑E. E. Callaghan, S. H. Maslen: The Magnetic Field of a Finite Solenoid. In: NASA Technical Reports. NASA-TN-D-465, E-900, 1. Oktober 1960 (nasa.gov).
↑M. W. Garrett: Calculation of Fields, Forces, and Mutual Inductances of Current Systems by Elliptic Integrals. In: Journal of Applied Physics. 34. Jahrgang, Nr.9, September 1963, S.2567–2573, doi:10.1063/1.1729771.
↑H. A. Wheeler: Simple Inductance Formulas for Radio Coils. In: Proceedings of the Institute of Radio Engineers. Band16, Nr.10, 1928, S.1398–1400, doi:10.1109/JRPROC.1928.221309.