Die Zeitlosengewächse (Colchicaceae) sind eine Familie in der Ordnung der Lilienartigen (Liliales) innerhalb der Monokotyledonen (Einkeimblättrigen Pflanzen). Die 17 bis 21 Gattungen mit etwa 200 bis 225 Arten sind von den gemäßigten Gebieten bis in die Tropen fast weltweit verbreitet.
Es sind ausdauerndekrautige Pflanzen. Alle Taxa sind Geophyten; die Überdauerungsorgane sind bei den Colchicaceae Sprossknollen mit einer braunen Umhüllung oder selten Rhizome, beides ohne schuppenförmige Niederblätter. Sie wachsen meist selbständig aufrecht oder klettern selten (Gloriosa).
Die selten gestielten, meist sitzenden Laubblätter sind einfach, ganzrandig, parallelnervig, linealisch bis lanzettlich. Sie bilden entweder eine grundständige Rosette oder sind am Stängel verteilt wechselständig und meist spiralig, selten zweizeilig angeordnet.
Blütenstände und Blüten
Die Blüten sitzen einzeln oder in achsel- oder endständigen, traubigen, zymösen oder doldigenBlütenständen (Infloreszenzen). Ein Blütenstandsschaft kann vorhanden sein oder fehlen.
Die zwittrigen Blüten sind radiärsymmetrisch und dreizählig. Die Blütenhüllblätter sind gleichgestaltet, deshalb gibt es (2 × 3) sechs Perigonblätter. Die Blütenhüllblätter können untereinander frei oder verwachsen sein. NektarSekretion erfolgt durch Nektarien am unteren Ende der Perigonblätter oder Staubblätter (bei Colchicum). Es sind zwei Kreise mit je drei fertilenStaubblättern vorhanden, die untereinander frei sind, aber mit Blütenhüllblättern verwachsen sein können; sie überragen die Blütenhüllblätter nicht. Drei (selten vier) Fruchtblätter sind zu einem oberständigen Fruchtknoten verwachsen mit vielen Samenanlagen. Es sind meist drei freie Griffel, selten nur einer vorhanden, aber immer drei Narben.
Die Kapselfrüchte enthalten 30 bis 60 Samen. Die ölhaltigen Samen sind ungeflügelt.
Chromosomenzahlen und Inhaltsstoffe
Die Chromosomenzahlen variieren von 2n = 14 bis zu 2n = 216, wobei die hochgradig polyploiden Zahlen fast völlig auf Colchicum beschränkt sind. Die Evolution der Chromosomenzahlen in der Familie wurde auch anhand eines Stammbaumes untersucht, denn es gibt für die Colchicaceen bereits 112 Arten mit publizierten Chromosomenzahlen (Chacón et al., 2014).
Hinsichtlich der Inhaltsstoffe sind Alkaloide besonders hervorzuheben. Viele der Arten sind toxisch, da sie häufig Sekundärmetaboliten wie beispielsweise das hochgradig giftige Colchizin enthalten.
Systematik und Verbreitung
Der Familienname Colchicaceae wurde 1805 von Augustin Pyramus de Candolle in Flore Française veröffentlicht. Er stellte sechs Gattungen in diese Familie, von denen drei noch immer dazu gerechnet werden, von denen aber heute Erythronium zu den Liliaceae, Tofieldia zu den Tofieldiaceae und Veratrum zu den Melanthiaceae gehören. Typusgattung ist ColchicumL. Der botanische Gattungsname Colchicum ist von der antiken Kolchis, einem Gebiet an der Ostküste des Schwarzen Meeres, abgeleitet.
Lange Zeit waren alle Taxa in der Familie der Liliaceae eingeordnet. Noch innerhalb der Liliaceae belässt Franz Buxbaum (1925, 1936, 1937) die Taxa, ordnet sie aber neu in Unterfamilien und Tribus. Bertil Nordenstam stellt 1982 einige Tribus neu zusammen. Durch molekulargenetische Untersuchungen werden von Chase et al. 1993, 1995 und Rudall et al. 1997 einige Gattungen Burchardia, Tripladenia, Uvularia und Disporum neu zu den Colchicaceae gestellt. Seit Nordenstam 1998 gehören 19 Gattungen mit etwa 225 Arten zur Familie. In dieser Arbeit stellte er auch Tribus und Gattungen in zwei Unterfamilien: in der Unterfamilie der Wurmbeoideae besitzen die Taxa Knollen, parallelvervige Blattspreiten, trockene Kapselfrüchte und Colchizin-Alkaloide; manchmal Netznervatur und Alkaloide ohne Tropolon-Ring.[1] Die Gliederung in zwei Unterfamilien und fünf Tribus nach Nordenstam 1982, 1998 und Dahlgren et al. 1985 konnte in Untersuchungen von Annika Vinnersten & Gail Reeves 2003[1] nicht bestätigt werden. Kontrovers diskutiert wird zum einen der Umfang der Gattung Colchicum einschließlich der Gattungen Merendera, Bulbocodium und Androcymbium und zum anderen der Umfang der Gattung Gloriosa.
Synonyme für Colchicaceae DC. sind: Bulbocodiaceae Salisb., Burchardiaceae Takht., Compsoaceae Horaninow, Merenderaceae Kral und Uvulariaceae A.Gray ex Kunth nom. cons.[2]
Man kann die Familie in mehrere Tribus gliedern, neuere Studien beispielsweise gehen damit einer neuen Systematik nach: Die Gliederung in Unterfamilien kann nicht aufrechterhalten werden, ohne mehrere Unterfamilien neu zu bilden, um monophyletische Taxa zu erhalten; dies ist aber nicht sinnvoll bei einer relativ kleinen Familie. Deshalb wird sie nach Annika Vinnersten & John C. Manning 2007[3] nur noch in jetzt sechs Tribus gegliedert. Es gibt in der Familie der Colchicaceae (15 bis 21) etwa 16 Gattungen mit etwa 200 bis 225 Arten[2][4]:
Tribus Anguillarieae D.Don (Syn.: Baeometreae): Sie enthält nur zwei Gattungen in Afrika und Australien:
BaeometraSalisb. ex Endl.: Sie enthält nur eine Art:
Baeometra uniflora(Jacq.) G.J.Lewis: Es ist ein Endemit in der südafrikanischen Provinz Westkap. Sie wird als Zierpflanze verwendet und ist beispielsweise in Australien verwildert.
WurmbeaThunb. (Syn: AnguillariaR.Br. nom. illeg., OnixotisRaf., SkizimaRaf., DipidaxLawson ex Salisb., NeodregeaC.H.Wright): Die etwa 50 Arten sind im tropischen und südlichen Afrika sowie in Australien verbreitet.
Tribus Burchardieae J.C.Manning & Vinn.: Sie enthält nur eine Gattung:
BurchardiaR.Br.: Die fünf bis sechs Arten sind in Australien verbreitet.
Tribus Colchiceae Rchb.: Sie enthält fünf oder sechs Gattungen und etwa 170 Arten in Eurasien und Afrika:
Androcymbium Willd.: Sie enthält inklusive ErythrostictusSchltdl. etwa 55 bis 90 Arten, beispielsweise:
Zeitlose (ColchicumL.; inklusive MerenderaRamond und BulbocodiumL.). Bulbocodium umfasst nur zwei Arten, darunter die Frühlingslichtblume (Colchicum bulbocodiumKer Gawl., Syn. Bulbocodium vernumL.). Colchicum enthält 60 bis 100 Arten und ist wohl auch erst dann monophyletisch, wenn sie die Arten der Gattung Androcymbium mit umfasst.
GloriosaL.: Sie enthält inklusive LittoniaHook. etwa zwölf Arten in der Alten Welt.
Tribus Uvularieae Meisn.: Sie besitzt ein disjunktem Areal in Nordamerika, Asien sowie dem östlichen Indonesischen Archipel und enthält nur noch zwei Gattungen:
DisporumSalisb.: Die etwa 22 Arten sind in Asien von Indochina bis zu Russlands Fernem Osten verbreitet.[4]
UvulariaL.: Die etwa fünf Arten sind in Nordamerika verbreitet.
Nutzung
Es werden nur sehr wenige Arten durch den Menschen genutzt. Der in vielen Arten vorhandene, giftige Inhaltsstoff Colchizin wird in der Forschung und in der Medizin eingesetzt.
Einige Arten aus den Gattungen Colchicum, Gloriosa, Sandersonia und ihre Sorten werden als Zierpflanzen verwendet.
Eugene Nasir: Flora of West Pakistan. 125. Colchicaceae. Stewart Herbarium, Rawalpindi 1979, (online). (Abschnitt Beschreibung)
Leslie Watson: Colchicaceae. In: Western Australian Herbarium (Hrsg.): FloraBase. The Western Australian Flora. Department of Environment and Conservation 2008 (online).
Annika Vinnersten, John C. Manning: A new classification of Colchicaceae. In: Taxon. Band 56, Nr. 1, 2007, S. 163–169. (Abstract). (Abschnitt Systematik)
Juliana Chacón, Susanne S. Renner: Assessing model sensitivity in ancestral area reconstruction using Lagrange: A case study using the Colchicaceae family. In: Journal of Biogeography, Band 41, Nr. 7, 2014, S. 1414–1427 (Abstract). (Abschnitt Vorkommen)
Juliana Chacón, Natalie Cusimano, Susanne S. Renner: The evolution of Colchicaceae, with a focus on chromosome numbers. In: Systematic Botany Band 39, Nr. 2, 2014, S. 415–427. (Abstract). (Abschnitt Chromosomen)
Einzelnachweise
↑ ab
Annika Vinnersten, Gail Reeves: Phylogenetic relationships within Colchicaceae. In: American Journal of Botany. Band 90, Nr. 10, 2003, S. 1455–1462, doi:10.3732/ajb.90.10.1455.
↑ abColchicaceae im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland.
↑ abcdeColchicaceae. In: POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science, abgerufen am 29. Juni 2018.