Xenia Hausner stammt aus einer Künstlerfamilie. Sie ist die Tochter des österreichischen Malers Rudolf Hausner,[1] ihre Schwestern sind die Filmregisseurin Jessica Hausner und die Kostümbildnerin Tanja Hausner. Hausner studierte zwischen 1972 und 1976 Bühnenbild an der Akademie der Bildenden Künste Wien und an der Royal Academy of Dramatic Art in London. Von 1977 bis 1992 schuf sie Ausstattungen für Theater, Oper und Film, u. a. für das Burgtheater Wien, die Salzburger Festspiele, das Royal Opera House Covent Garden, London und das Theâtre Royal de la Monnaie Brüssel, sowie 2020 das Bühnenbild für den Rosenkavalier in der Inszenierung von André Heller an der Staatsoper Unter den Linden, Berlin.
Seit 1992 arbeitet Xenia Hausner ausschließlich als Malerin. Ihre Werke werden international in Galerien, Art Fairs und Museen gezeigt – so unter anderem in der Albertina Wien; Shanghai Art Museum; Today Art Museum Beijing; Hong Kong Arts Centre; Batliner Art Foundation; Belvedere Museum Wien; Käthe-Kollwitz-Museum Berlin; Russian State Museum St. Petersburg; Museum Würth France Erstein; Würth Collection Oslo; Europäische Central Bank Frankfurt; collateral zur 57th Venice Biennale 2017 - „Glasstress“ Palazzo Franchetti Venedig; 8th Moscow Biennale, State Tretyakov Gallery Moskau; Forum Gallery New York; Bienalsur - South America’s Art Biennale 2019 – „Juntos Aparte“ Columbien. „Der Rosenkavalier“ Staatsoper Unter den Linden Berlin 2020; „This will have been another happy day!“ PalaisPopulaire der Sammlung Deutsche Bank Berlin 2020.
Xenia Hausner lebt und arbeitet in Berlin und Wien.
Werk
Bühnenbild
Ihre ersten Bühnenbilder waren Materialcollagen aus Abbruchhäusern, von Schrottplätzen und Müllkippen. Von dort holte sie ihr Rohmaterial, aus dem montierte sie Räume, die von der Spannung zwischen naturalistischer Akribie und abstrakter Chiffre, zwischen Geschichte und Aktualität lebten. Ihre Lieblingsfigur war das Oxymoron, die Verbindung des Gegensätzlichen, die konzentrierte Vereinigung all dessen, was chaotisch auseinanderstrebt.[2]
Malerei
Ab 1990 wandte sich Xenia Hausner der Malerei zu. In ihrem malerischen Werk beschäftigt sie sich mit dem Menschen. Thematisch führt sie den Betrachter in eine rätselhafte Bildwelt. Die Situationen sind nicht eindeutig, der Betrachter soll das Bild mit seinem eigenen Lebensfundus erforschen.[3] Xenia Hausners großformatige Werke sind Gesellschaftsbeschreibungen und erzählen von der geheimnisvollen Welt zwischenmenschlicher Beziehungen, es sind bewusst fragmentarische Situationen und Momentaufnahmen aus dem Alltag. Im Unterschied zum klassischen Porträt spielen die auf den Bildern Dargestellten ihre Rollen in fremden Biografien, sie sind so wie Schauspieler in einem Stück besetzt. Hausner verwendet einen expressiven Duktus und eine farbstarke Palette, die insbesondere am Inkarnat der Protagonisten deutlich wird.[4] In ihren Bildgeschichten besetzen Frauen alle Rollen und agieren stellvertretend für alle Genderzugehörigkeiten. Während die Kunstgeschichte von Männern geprägt ist, impliziert die weibliche Welt von Xenia Hausner die vorweggenommene Umkehr der Machtverhältnisse und betont die Aktualität und Notwendigkeit des weiblichen Blicks.
Neben der Frauenfigur, sind Fiktion und Erfindung die zentralen Themen ihrer Arbeit. Die gemalte, festgehaltene, komponierte Besonderheit in ihren Bildern ist die Lüge, die die Wahrheit beschwört. Hausner malt erfundene Geschichten, die der Betrachter mit seinem eigenen Leben zur Deckung bringen kann.[5] Der Aspekt der Inszenierung ist Schwerpunkt der retrospektiv angelegten Ausstellung „True Lies“ 2021 im Albertina Museum in Wien.
Xenia Hausner beschäftigt sich auch mit Arbeiten auf Papier und Mixed-Media-Arbeiten, bei denen sie ihre großformatigen Fotografien malerisch weiterentwickelt und verschiedene Materialien versatzstückhaft in den Bildträger einbaut. Sie führt damit in ihrer künstlerischen Arbeit den aktuellen Erkenntnisstand der Malerei mit dem der Fotografie zusammen.[6] So entsteht mit unterschiedlichen Techniken eine neue Bildverdichtung und Wirklichkeitskonstruktion.
Handverlesene Unikate in kleiner Auflage auf Büttenpapier beziehen sich motivisch zwar auf Themen ihrer Malerei, doch entstehen neue Bilderfindungen, die technisch und medial einen eigenständigen Bereich bildet.
Fotografie
Neben der Malerei ist die Fotografie ein wesentliches Moment ihrer Arbeit.[7] Hausner verbindet auf vielschichtige Weise die Geschichte und das Potential dieser beiden Bildmedien miteinander, wobei sie in ihrer Malerei implizit nicht nur die Prinzipien der Fotografie, sondern in einer Art Verdichtungsprozess auch die des Films mit ins Spiel bringt. Hausner inszeniert die Fotos selbst, die ihr zur Grundlage der Malerei dienen. Die so produzierten Fotoszenarien, in denen eine oder mehrere Personen mitspielen, werden im Atelier rekonstruiert.
Die Wahl des Ausschnitts, das Fragmentarische, die Montage, das durch die Farbe gesteuerte drastische Licht tragen maßgeblich zum intensiv atmosphärischen Charakter ihrer Bilder bei.[8]
Projekte
Xenia Hausner engagiert sich bei Frauen ohne Grenzen, beginnend mit dem Projekt SAVE (Sisters Against Violent Extremism) und dokumentiert mit der Kamera Frauen, die im Kontext der Terrorismusbekämpfung aktiv sind.[9]
Architekturbezogenen Projekten gilt ein starkes Interesse – so die Ringturmverhüllung in Wien 2011 oder der Entwurf bzw. die Gestaltung von Kirchenfenstern Kilianskirche Heilbronn, St. Johannes Evangelist Kirche in Gehrden, Dom St. Johannes und St. Laurentius in Merseburg.[10]
Global Art Affairs Foundation: “Personal Structures – Crossing Borders”. European Cultural Centre, Venedig 2015, ISBN 978-94-90784-18-8.
Die andere Sicht. Sammlerin und Künstlerin. Edition Sammlung Essl, 2014, ISBN 978-3-902001-81-8.
Elfriede Jelinek: Werk und Rezeption. Diskurse. Kontexte. Impulse. Publikationen des Elfriede Jelinek-Forschungszentrums. Pia Janke (Hg.) 2 Teilbände. 2014.
Sie. Selbst. Nackt. Paula Modersohn-Becker und andere Künstlerinnen im Selbstakt. Hatje Cantz Verlag, 2013, ISBN 978-3-7757-3664-0.
Dieter Wellershoff: Was die Bilder erzählen. Ein Rundgang durch mein imaginäres Museum. Kiepenheuer & Witsch Verlag, 2013, ISBN 978-3-462-04555-0.
A.E.I.O.U. Österreichische Aspekte in der Sammlung Würth. Swirdoff Verlag, 2013, ISBN 978-3-89929-272-5.
Christiane Lange/Florian Matzner (Hrsg.): Zurück zur Figur. Malerei der Gegenwart. Prestel Verlag, München, 2006.
Österreich: 1900–2000. Konfrontation und Kontinuitäten. Edition Sammlung Essl, 2005, ISBN 3-902001-27-5.
C. Bernd Sucher (Hrsg.): Theaterlexikon. Autoren, Regisseure, Schauspieler, Dramaturgen, Bühnenbildner, Kritiker. Von Christine Dössel und Marietta Piekenbrock unter Mitwirkung von Jean-Claude Kuner und C. Bernd Sucher. 1995; 2. Aufl. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1999, ISBN 3-423-03322-3, S. 276.
Elsy Lahner, Klaus Albrecht Schröder (Hrsg.): Xenia Hausner. True Lies. Hirmer Verlag, München 2020, ISBN 978-3-7774-3529-9.
↑Knut Boeser: Auf der Suche nachmöglichen Orten. In: Xenia Hausner: Rätselraum Fremde Frau, Braus Verlag, Heidelberg 1990, S. 16–18.
↑Xenia Hausner: Ich bleibe mir selbst ein Rätsel. In: Global Art Affairs Foundation: “PERSONAL STRUCTURES – Crossing Borders”. European Cultural Centre, Venice 2015, ISBN 978-94-90784-18-8
↑Xenia Hausner, You and I, Prestel Verlag, München, Berlin, London 2008, S. 108–111