Wir haben abgetrieben! war die Titelschlagzeile der Zeitschrift Stern am 6. Juni 1971. Es handelte sich um eine Aktion, bei der 374 prominente und nicht prominente Frauen – auch wenn dies zum Teil nicht zutraf – öffentlich bekannten, ihre Schwangerschaft abgebrochen und damit gegen geltendes Recht verstoßen zu haben.[1]
Initiator der französischen Kampagne war Jean Moreau, ein Redakteur des Nouvel Observateur. Er meldete sich einige Wochen später bei Alice Schwarzer und bat um Rat, da er mitbekommen hatte, dass die deutsche Zeitschrift Jasmin die Aktion aufgreifen wollte. Er befürchtete jedoch, dass es sich dabei um eine Werbekampagne handeln würde. Schwarzer kontaktierte daraufhin den ihr bekannten Stern-Redakteur Winfried Maaß und vereinbarte mit ihm, eine entsprechende Aktion zu initiieren, sofern es Schwarzer möglich wäre, zwischen 300 und 400 Frauen zu einem Bekenntnis zu einem Schwangerschaftsabbruch zu mobilisieren.
Innerhalb des folgenden Monats gelang es Schwarzer, 374 Frauen für die Aktion zu gewinnen. Dazu fragte sie zunächst beim Frankfurter Aktionsrat zur Befreiung der Frau an, bekam jedoch eine Absage, da der Frauengruppe die Aktion zu „kleinbürgerlich“ und „reformistisch“ erschien. Unter den Angehörigen des Sozialistischen Frauenbunds Westberlin fanden sich hingegen etwa die Hälfte der an der Aktion teilnehmenden Frauen. Die weiteren Teilnehmerinnen fanden sich über Mundpropaganda.[5] Zuletzt musste Schwarzer den Stern-Chefredakteur Henri Nannen davon abbringen, entgegen der Absprache plötzlich nur Romy Schneider auf dem Titelbild zu zeigen, was die Aktion zu einer entpolitisierten Romy-Story verflacht hätte.[6]
Jahre, nachdem die Kampagne im Stern veröffentlicht wurde, räumten einige der beteiligten Frauen ein, dass sie persönlich in Wahrheit gar keinen Schwangerschaftsabbruch durchgeführt hatten – darunter auch Alice Schwarzer selbst: „Aber das spielte keine Rolle. Wir hätten es getan, wenn wir ungewollt schwanger gewesen wären.“[7][8]
Am vierzigsten Jahrestag zeigte Arte den Film Wir haben abgetrieben – Das Ende des Schweigens, der in Zusammenarbeit mit dem NDR entstanden war.[9]