Theologisch war Visser ’t Hooft stark von Karl Barth beeinflusst. Zentrum seiner ökumenischen Arbeit war der Dialog der Kirchen, der sich je vor der gesellschaftlichen Situation neu verantworten muss. Mit Barth verstand er die Aufgabe der Theologie als kritische Selbstreflexion der Kirche.
In der Zeit des Nationalsozialismus unterstützte er die Bekennende Kirche in Deutschland. Im Frühjahr 1944 trafen sich in Genf, im Hause des Willem Adolf Visser ’t Hooft, mehrmals die Vertreter von Widerstandsgruppen aus neun europäischen Ländern, um ein föderatives geeintes Europa als einziges logisches Modell nach der Zeit vom Nationalsozialismus zu bewerkstelligen.
Er war auch der Leiter einer ökumenischen Delegation, die im Oktober 1945 das Stuttgarter Schuldbekenntnis der neu gegründeten EKD in Empfang nahm. Er hatte diese Erklärung im Vorfeld mit angeregt. In seiner Autobiographie erinnerte er sich an das Zustandekommen:
„Wie sollten wir die Wiederaufnahme voller ökumenischer Beziehungen erreichen? Die Hindernisse für eine neue Gemeinschaft ließen sich nur beseitigen, wenn die deutsche Seite ein klares Wort fand. Pierre Maury riet uns schließlich, den Deutschen zu sagen: ‚Wir sind gekommen, um Euch zu bitten, daß Ihr uns helft, Euch zu helfen.‘ Als wir in dem großenteils zerstörten Stuttgart ankamen, hörten wir, daß am Abend in der Markuskirche ein besonderer Gottesdienst stattfinden würde, bei dem Bischof Wurm, Pastor Niemöller und Bischof Dibelius sprechen sollten. Niemöller predigte über Jeremia 14, 7–11: ,Ach Herr, unsere Missetaten haben es ja verdient; aber hilf doch um deines Namens willen!‘ Es war eine machtvolle Predigt. Niemöller sagte, es genüge nicht, den Nazis die Schuld zu geben, auch die Kirche müsse ihre Schuld bekennen.“