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Es handelt sich hier offenbar um einen Begriff, der in der Wissenschaft nicht universell gebräuchlich ist, sondern seinen Geburtsort in seinem sehr speziellen theoretischen Kontext hat. (Anderenfalls gäbe es hier vielleicht auch das eine oder andere Interwiki, und das Wort könnte in andere Sprachen übersetzt werden, was möglicherweise nicht der Fall ist). Wer hat den Begriff geprägt, auf welchem wissenschaftstheoretischen, erkenntnistheoretischen oder sonstigen philosophischen Konzept ist er gewachsen und wie groß ist die Community, die ihn benutzt?
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Weltwissen beschreibt das einem Individuum verfügbare allgemeine Wissen, Kenntnisse und Erfahrungen über Umwelt und Gesellschaft. Es bezeichnet die in jedem lebenden Organismus gespeicherten Informationen über die Welt, in der er lebt und ohne die dieser Organismus nicht überleben könnte. Das Weltwissen ermöglicht es, neue Tatsachen einzuordnen und entsprechend zu handeln, auch wenn detaillierte Informationen fehlen. Zum Weltwissen gehören zum Beispiel Hintergrundwissen und enzyklopädisches Wissen.
Auch in der Robotik spielt Weltwissen in diesem weitgefassten Sinn eine Rolle, da Computer trotz ihrer Überlegenheit in der Informationsverarbeitung viele Aufgaben deshalb nicht lösen können, weil sie nicht selbst über Weltwissen verfügen.
Phänomenbeschreibung
Schon die allereinfachsten Organismen enthalten (implizit, nicht als Bewusstsein) Weltwissen im weitesten Sinne, das ihre Reaktionen bestimmt, z. B. das „Wissen“ um die Existenz von Zeit, von Richtungen, um den Zusammenhang von Ursache und Wirkung, um die Bekömmlichkeit eines bestimmten Temperaturbereichs oder chemischen Milieus für das eigene Überleben usw. Diese elementarsten Formen des Weltwissen wurden bereits von Aristoteles und Immanuel Kant als a priori beschrieben.
Die lebenden Organismen erwerben (lernen) ihr Weltwissen auf der Grundlage des Prinzips von „Versuch und Irrtum“ („trial and error“) und sie verfügen über die Möglichkeit, dieses Weltwissen zu speichern und zu vererben (z. B. durch Gene, Meme, Tradition). Das Prinzip von Versuch und Irrtum schließt auch die Theoriebildung ein, die vor allem bei höheren Organismen, insbesondere beim Menschen eine Rolle spielt. Diese ist nicht unbedingt an das Bewusstsein gebunden, sondern kann auch in anderen Strukturen vonstattengehen.
Der größte und für das Überleben wichtigste Teil des Weltwissens ist bei Pflanzen und Tieren in der DNS gespeichert (Genom) und wird biologisch vererbt (Instinkt)[1]. Einige hoch entwickelte Lebewesen, vor allem der Mensch, verfügen außerdem auch noch über die Möglichkeit der psychologischen Vererbung (Kultur)[1] von Informationen, die an die verschiedenen Formen der Kommunikation gebunden ist.
In Anlehnung an den Begriff der Gene bei der biologischen Vererbung wurde für die Elemente in der kulturellen Vererbung der Begriff der Meme als theoretisches Konstrukt eingeführt.[2] Man versteht darunter elementare Informationseinheiten (-bausteine), die ausschließlich in den Informationsspeichern des Zentralnervensystems der Individuen, insbesondere im Gehirn, gespeichert sind. Das memetisch tradierte Weltwissen ist nur zu einem geringen Teil direkt dem Bewusstsein zugänglich. Solche kulturell weitergegebenen Informationen lassen sich auch schon bei Tieren feststellen.
Zum Weltwissen des Menschen gehört auch ein Teil seines über das Bewusstsein und mittels bewusster Lerntätigkeit erworbenen Wissens, jedoch nicht temporär gespeicherte, aktuelle Informationen, das spezielle Fachwissen (z. B. der beruflichen oder wissenschaftlichen Bildung, Expertenwissen usw.), enzyklopädisches Renommierwissen und auch nicht das in Schriftform oder digital in Bibliotheken gespeicherte Wissen (Wissen der Welt).
Hintergrundwissen
Hintergrundwissen ist allgemeines Wissen und Kenntnis über die Welt und über die Gesellschaft. In einer bestimmten Umgebung, zum Beispiel bei Diskussionen, kann man es als bekannt voraussetzen. Wenn ich sage: „Der Hund des Nachbarn ließ mich heute Nacht nicht schlafen!“, dann kann ich annehmen, dass das Wissen geteilt wird, dass das am Bellen liegt.
Enzyklopädisches Wissen
Enzyklopädisches Wissen ist Wissen, das aufs Ganze der Welt geht. Es ist das Wissen, das in Enzyklopädien zusammengetragen wird. Natürlich ist es zeitgebunden wie zum Beispiel das Wissen in Johann Heinrich Zedlers „Großes vollständiges Universallexikon aller Wissenschaften und Künste“ aus dem Jahre 1754.
Weltwissen einer bestimmten Altersklasse
Ein sehr aktuelles spezielles Forschungsthema der Pädagogik und der Entwicklungspsychologie stellt das Weltwissen von Kindern in Relation zu ihrer Allgemeinentwicklung (z. B. das Weltwissen des Klein- und des Vorschulkindes, der Siebenjährigen usw.) und im Kontext zu ihrer jeweiligen kulturellen Umgebung dar. Dabei geht es bisher fast ausschließlich um Wissen im herkömmlichen Verständnis, d. h. um Wissen, das in den dem Bewusstsein zugänglichen Speicherbereichen des Gehirns repräsentiert ist.
Weltwissen als Problem für Computerlinguisten
Man kann sich leicht ausmalen, dass Suchmaschinen effektiver arbeiten könnten, wenn sie auf Bestände von kodiertem Weltwissen zugreifen könnten. Die systematische Kodierung von Weltwissen im Computer könnte außerdem im Prinzip auch neue Wege für die Maschinelle Übersetzung bieten.
Weltwissen in der Maschinellen Übersetzung
Wer einen Text übersetzen will, der muss eine Menge Wissen über die Welt an den Text herantragen. Beispielsweise sollte jemand, der einen Text übersetzen will, in dem es um Fahrkartenautomaten geht, darüber informiert sein, wie der Bus- und der Schienenverkehr organisiert ist. Bei der Übersetzung von Sätzen tauchen nun immer viele Übersetzungsmöglichkeiten auf. Ein menschlicher Übersetzer wird aufgrund seines Weltwissens viele der theoretisch möglichen Übersetzungen ausschließen können. Er wird sich sagen: „Diese Übersetzung kann nicht richtig sein, weil ja bekannt ist, dass der Busfahrer keinen Fahrschein lösen muss.“ Das Computersystem wird jedoch nicht über dieses Wissen verfügen. Alle Versuche, Weltwissen so aufzubereiten, dass es von Computern genutzt werden kann, haben zu Regelwerken geführt, die sehr schnell unüberschaubar umfangreich geworden sind.
Weiterhin: Man kann den fünften Satz eines Textes oft nur verstehen, wenn man die vorhergehenden Sätze gelesen und verstanden hat. Es ist immer möglich, dass die ersten Sätze Hinweise geliefert haben, ohne die die Informationen der nachfolgenden Sätze nicht richtig eingeordnet werden können. Ein System für die automatische Übersetzung von Texten müsste daher imstande sein, den Informationsgehalt von eingelesenen Sätzen herauszufiltern und intern abzulegen. Auch in diesem Fall gilt jedoch: Versuche, die Informationen aus eingelesenen Texten in einem Computersystem abzulegen, führen zu unüberschaubar großen und komplexen Modellen.
Selbst wenn es möglich wäre, Weltwissen in computerverwertbarer Form in Modellen abzulegen und wenn es möglich wäre, Computerprogramme zu schreiben, die aus Texten die wichtigsten Informationen herausziehen und abspeichern – es wäre immer noch vollkommen ungeklärt, wie man ein Computersystem so programmiert, dass es beim Übersetzungsprozess „die richtigen Fragen stellt“, den eigenen Datenbestand auf sinnvolle Weise durchsucht und zu übersetzungsrelevanten Fakten findet.
Literatur
- Denise Bossert: Wikipedia als Zukunftsträger des Weltwissens – Digitale Weltdatenspeicherung – ihre Risiken und Nebenwirkungen. München 2012.
- Donata Elschenbroich: Weltwissen der Siebenjährigen. Wie die Kinder die Welt entdecken können. Nachdruck. Kunstmann, München 2001, ISBN 3-88897-265-5.
- Lilian Fried, Gerhard Büttner (Hrsg.): Weltwissen von Kindern. Zum Forschungsstand über die Aneignung sozialen Wissens bei Krippen- und Kindergartenkindern. Juventa-Verlag, Weinheim u. a. 2004, ISBN 3-7799-1602-9.
- Hans Dieter Hellige: Weltbibliothek, Universalenzyklopädie, Worldbrain: Zur Säkulardebatte über die Organisation des Weltwissens. In: Technikgeschichte. Band 67, 2000, Heft 4, S. 303–329.
- Richard Kralik: Weltweisheit. Versuch eines Systems der Philosophie in drei Büchern. Band 1: Weltwissenschaft. Ein metaphysischer Versuch. Konegen, Wien 1896.
- Christa Maar, Hans-Ulrich Obrist, Ernst Pöppel (Hrsg.): Weltwissen – Wissenswelt. DuMont, Köln 2000, ISBN 3-7701-5307-3.
- Peter H. Matthews: The Concise Oxford Dictionary of Linguistics. Oxford University Press, Oxford u. a. 1997, ISBN 0-19-280008-6.
- Rupert Riedl: Die Ordnung des Lebendigen. Systembedingungen der Evolution (= Piper. 1018). Neuausgabe. Piper, München u. a. 1990, ISBN 3-492-11018-5.
- Norbert M. Seel: Weltwissen und mentale Modelle. Hogrefe – Verlag für Psychologie, Göttingen u. a. 1991, ISBN 3-8017-0489-0 (Zugleich: Saarbrücken, Universität, Habilitations-Schrift, 1989).
- Franz-Josef Stachowiak: Haben Wortbedeutungen eine gesonderte mentale Repräsentation gegenüber dem Weltwissen? Neurolinguistische Ueberlegungen. In: Linguistische Berichte. H. 79, 1982, ISSN 0024-3930, S. 12–29.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b Lucien Malson, Jean Itard, Octave Mannoni: Die wilden Kinder (= Suhrkamp-Taschenbuch. 55). 5. Auflage. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1981, ISBN 3-518-36555-X, S. 9–13.
- ↑ Richard Dawkins: Meme, die neuen Replikatoren. In: Richard Dawkins: Das egoistische Gen. Jubiläumsausgabe. Elsevier – Spektrum Akademischer Verlag, München 2007, ISBN 978-3-8274-1839-5, S. 316–334.