Vogelberingungkennzeichnet einen Vogel durch mindestens einen Metall- oder Plastikring mit darauf ablesbarer individueller Buchstaben-, Ziffern- und/oder Farbkodierung, indem dieser an Füßen oder Flügeln angebracht wird.
Eine Beringung hilft, wildlebende Vögel zu untersuchen. Durch das Beringen kann das Verhalten von einzelnen Vögeln über einen großen Zeitraum verfolgt werden, da wieder eingefangene oder tot aufgefundene Vögel identifiziert werden können. Untersucht werden unter anderem Vogelzug, Lebensdauer, Sterblichkeit, Ernährung und Fortpflanzung.
Ziel und Verfahren der Beringung
Vögel werden beringt entweder im Nest beziehungsweise durch kurzfristige Entnahme aus dem Nest (z. B. Habicht)[1] oder, nachdem sie mittels Japannetz, Reusen (insbesondere der Heligoland trap, englisch für „Helgoland-Falle“), Lockvögeln oder ähnlichem gefangen wurden. Die fachkundige Beringung muss erlernt werden und erfordert bei großen und kleinen Vogelarten viel Fingerspitzengefühl.
Ein von der Größe passender Ring mit individueller Nummer und Kontaktadresse wird angebracht. Zudem werden die Vögel in der Regel vermessen, gewogen und auf Parasiten untersucht (die dann entfernt werden können). Soweit möglich (z. B. anhand von Mausergrenzen) wird auch das Alter der beringten Vögel bestimmt und dokumentiert. Die Altersbestimmung ist beispielsweise ein wesentlicher Bestandteil des Integrierten Monitorings von Singvogelpopulationen, einem bundesweit standardisierten Fang- und Beringungsprogramm. Anhand der Altersstrukturdaten der Vogelpopulationen kann z. B. festgestellt werden, ob genügend Individuen in fortpflanzungsfähigem Alter vorhanden sind.
Die Ringe sind extrem leicht und schaden dem beringten Vogel in der Regel nicht. Der einzelne Vogel kann somit identifiziert werden, wenn er erneut gefangen oder tot aufgefunden wird. Neben Aluminiumringen, die seit dem Beginn der Beringung Verwendung finden, werden heute auch farbige Zelluloidringe verwendet. Diese unterstützen eine genauere Beobachtung kleinerer Populationen in bestimmten Gebieten. Mit unterschiedlichen farbigen Ringen kann beispielsweise bei Vogelarten mit nur gering ausgeprägtem Geschlechtsdimorphismus das Geschlecht so markiert werden, dass es auch auf größere Entfernung mit Hilfe eines Feldstechers identifizierbar ist. Auch das Geburtsjahr, das über farbige Ringe erkennbar ist, kann bei Vögeln mit einer längeren Lebenserwartung wie beispielsweise bei Falken Aufschluss über Bruterfolg und Sozialverhalten zunehmend älter werdender Vögel liefern. Werden, meist zusätzlich, Ringe mit großen Zahlen verwendet, etwa bei Enten, Gänsen, Greifvögeln oder Störchen, können diese mit einem Feldstecher oder Spektiv abgelesen werden.
Personen, die einen beringten Vogel finden, sollten die Funddaten (Ring-Nr., Fundort und -datum, Fundumstände) unbedingt einer Beringungszentrale mitteilen und erfahren dank der Ringnummer, wo der Vogel beringt wurde und vorher schon einmal aufgefunden wurde. Das Gleiche gilt für Ringablesungen.
Anhand der Funde und Fänge können die Wissenschaftler das Muster des Vogelzuges für große Vogelpopulationen bestimmen. Besonders hilfreich ist dies für Vogelarten, die ein sehr komplexes und je nach Brutareal variierendes Zugverhalten haben, wie dies beispielsweise beim Säbelschnäbler und beim Turmfalken der Fall ist.
In Deutschland existieren drei Beringungszentralen, die eigene Vogelringe ausgeben: Helgoland (für Nordwestdeutschland), Hiddensee (für Ostdeutschland), Radolfzell (für Süddeutschland und Berlin).
Geschichtliche Entwicklung
Die Auseinandersetzung der Ornithologen mit dem Vogelzug nahm um die Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert stark zu. Man versuchte zuerst durch Feldbeobachtungen die Muster in den Zugbewegungen der Vögel zu entschlüsseln. Dies erwies sich jedoch sehr schnell als ein völlig ungeeignetes Verfahren.
Der Däne Hans Christian Cornelius Mortensen war der Erste, der in größerem Umfang die wissenschaftliche Vogelberingung 1899 durchführte. Dieses Verfahren bestand aufgrund von Rückmeldungen sehr schnell seine Bewährungsprobe und wurde rasch europaweit adaptiert. Als Erster begann Prof. Johannes Thienemann in der Vogelwarte Rossitten auf der Kurischen Nehrung im Jahre 1901 mit der Beringung von Vögeln im großen Stil. Dies erbrachte sehr bald so detaillierte Erkenntnisse, dass sich eine große Zahl freiwilliger Helfer fand, die diese Untersuchung durch Beringung von Altvögeln und Nestlingen unterstützten. Verwendet wurden Aluminiumringe unterschiedlichster Größe, die eine fortlaufende Nummer und den Namen der jeweiligen Vogelwarte enthielten.
Die Bundesrepublik ist dabei regional unter den drei Beringungszentralen aufgeteilt. Eine Beringung von Freilandvögeln ohne die Genehmigung durch die Beringungszentralen und die zuständigen regionalen Behörden ist nicht erlaubt. Genehmigungen zur Beringung sind an Auflagen gebunden und meist zeitlich und regional beschränkt.
In der Vogelhaltung
In Gefangenschaft gezüchtete Vögel werden vielfach beringt. Z. T. ist dies vorgeschrieben. Einige Vogelzüchter beringen ihre Vögel auch, um sie z. B. zur Vermeidung von Inzucht voneinander unterscheiden zu können. Auskünfte über Züchterringnummern können die Beringungszentralen nicht geben, da sie ihre Datenbanken nur über die Ringe führen, die zu wissenschaftlichen Zwecken ausgegeben wurden.
Seuchenschutz
Alle Papageien (auch Sittiche) mussten aufgrund der Psittacoseverordnung beringt werden, um die Herkunft der auch auf Menschen übertragbaren Krankheit auf daran erkrankten Vögeln zurückverfolgen zu können. 2012 wurde die PsittakoseVO abgeschafft.
Artenschutz
Exemplare geschützter Arten müssen regelmäßig durch einen Ring individuell gekennzeichnet werden. Das dient der sicheren Zuordnung des Nachweises, nicht illegal aus der Natur entnommen bzw. importiert worden zu sein, zu diesem bestimmten Körper und einer dafür möglicherweise erteilten Einfuhrbescheinigung oder Kauf- oder Besitzgenehmigung. Nachgezüchtete Jungvögel werden üblicherweise mit geschlossenen Ringen beringt (was nur im Nestlingsalter möglich ist). Die in der wissenschaftlichen Beringung verwendeten offenen Ringe können hingegen auch später angelegt und gewechselt werden, was einen Herkunftsnachweis wertlos machen und damit diese Funktion der gefährden kann.
Für die Europäische Union gibt die Verordnung (EG) Nr. 865/2006 der Kommission vom 4. Mai 2006 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 338/97 des Rates über den Schutz von Exemplaren wild lebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels für diese Zwecke die Kennzeichnung gezüchteter oder in Gefangenschaft oder sonstiger kontrollierter Umgebung geborener Vögel geschützter Arten durch geschlossene Ringe vor.[2]
In Deutschland regelt seit 2001 die Verordnung zum Schutz wild lebender Tier- und Pflanzenarten (Bundesartenschutzverordnung – BArtSchV) näher, welche Arten auf welche Weise zu beringen sind. Exemplare der betroffenen Arten sind vom Halter, also etwa einem Zoo oder Falkner unverzüglich und dabei gezüchtete Tiere vorrangig mit geschlossenem, ansonsten mit einmalig verwendbarem offenen Ring oder mit Transponder zu kennzeichnen; nur ausnahmsweise reicht eine gesondert geregelte Dokumentation.[3] Die Ringe müssen tierschutzgerecht, dauerhaft lesbar und vom Tier unzerstörbar sein; geschlossene Ringe dürfen vom ausgewachsenen Bein nicht ohne Zerstörung des Rings oder Verletzung des Tieres lösbar sein. Diese Ringe darf nur der Bundesverband für fachgerechten Natur- und Artenschutz e. V. (BNA) und der Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe Deutschlands e. V. (ZZF) ausgeben.[4] Die Ringnummern des BNA beginnen mit „B“, die des ZZF mit „Z“, ergänzt um ein „O“ für einen offenen und „G“ für einen geschlossenen Ring; es folgen Kennungen zum Ausgabejahr, zur Ringgröße und eine fortlaufende Nummer und oft eine zum Züchter.[5]Greifvogelhybride sind durch einen blauen Ring und den Zusatz „HY“ erkennbar. Im Falle seiner Präparation bleibt der Ring am Vogel,[6] um die Zuordnung etwa einer Genehmigung zur kommerziellen Ausstellung abzusichern und nichtberingte Trophäen vom Markt auszuschließen.
Nachteile der Vogelberingung
Auch wenn die Vogelberingung in den letzten Jahrzehnten durchaus zum Vogelschutz beigetragen hat, darf nicht der Schaden an der Vogelwelt ignoriert werden. Auch wenn die Beringung meist von ausgebildetem Personal durchgeführt wird, kommt es immer wieder zu Verletzungen bei den Tieren bis hin zum Tod, der psychische Schaden wurde bisher noch nie untersucht.
All diese Methoden beeinflussen die Vögel gar nicht und bieten besonders bei einem flächendeckenden Einsatz, welcher bei NocMig durch die Software BirdNet-Analyzer[9] von Cornell Lab of Ornithology und der Technischen Universität Chemnitz technisch kein Problem mehr darstellt, einen größeren Nutzen für die Wissenschaft als die bisherige Vogelberingung.
Literatur
Hans Bub, Werner Schloss: Vogelfang und Vogelberingung. 5 Bände, Nachdruck. Neue Brehm-Bücherei, Ziemsen, Wittenberg Lutherstadt.