Triomäßiges OrgelspielDas triomäßige Orgelspiel ist eine Spielweise, bei der mehrere Klangfarben der Orgel gleichzeitig genutzt werden, d. h. zwei Manuale (Klaviatur) und das Pedal. Dadurch entsteht die Möglichkeit, eine Stimme, in aller Regel eine Melodiestimme, besonders hervorzuheben. Diese Spielweise ist daher besonders bei Choralbegleitung, choralgebundener Literatur sowie Cantus-firmus-geprägten Improvisationen[1] möglich bzw. vorgegeben. BegriffsklärungDer Begriff „trio-…“ ist etwas irreführend und unscharf, da er die faktische Benutzung von drei Teilwerken der Orgel beschreibt. Obgleich tatsächliche drei Teilwerke benutzt werden, haben das Pedalwerk (falls nicht Melodiestimme) und das begleitende der beiden Manualwerke vom Grundsatz her eine gleiche untergeordnete klangliche Bedeutung und sind in der Regel auch gleichermaßen zurückhaltend registriert.[2] Grundlage für diese Zählung ist aber die Tatsache, dass auch das Spiel auf einem Manual zusammen mit dem Pedalwerk immer schon „duo-mäßiges“ Orgelspiel ist. Das Spielen auf zwei Manualen und Pedal ist somit „triomäßig“. Ferner ist kein Rückschluss darauf zu ziehen, dass triomäßiges Orgelspiel automatisch auch nur Dreistimmigkeit bedeutet. Lediglich die klanglich hervorgehobene Melodiestimme sowie die auf dem Pedal gespielte Bassstimme sind in aller Regel einstimmig, auf dem „Begleitmanual“ hingegen wird meist mehrstimmig gespielt. Wird eine Melodiestimme z. B. im Sopran hervorgehoben, so werden auf dem Begleitmanual bei einem vierstimmigen Choralsatz folglich die Alt- und Tenorstimme gespielt. Da somit nur die gleichzeitige Benutzung von drei Teilwerken der Orgel, nicht aber eine zwangsläufige Dreistimmigkeit umschrieben wird, ist eigentlich nur der Begriff „triomäßiges Orgelspiel“ vollkommen korrekt, wohingegen der synonym verwendete Begriff „Triospiel“ fälschlich eine Dreistimmigkeit suggeriert. Synonym werden außerdem „obligates Orgelspiel“ und „triomäßiges Orgelspiel“ benutzt, meist um zu beschreiben, dass bei einer Choralbegleitung die Melodiestimme hervorgehoben ist. Eine andere begriffliche Ungenauigkeit ergibt sich somit dann, wenn die Melodiestimme, die theoretisch in allen Stimmen liegen kann und darf, in der Bassstimme liegt. Alle anderen Begleitstimmen müssen dann nicht mehr zwangsläufig auf mehreren Manualen gespielt werden. (Ein entsprechendes Beispiel für diese Stimmverteilung aus der Literatur ist die Choralbearbeitung „Vom Himmel hoch“ von Johann Pachelbel: Die beiden Oberstimmen können und sollten auf zwei Manualen gespielt werden, müssen es aber nicht.) Eine Choralbegleitung mit im Bass hervorgehobener Melodiestimme ist in jedem Fall „obligates Orgelspiel“, es ist im engsten Sinne aber nicht mehr triomäßiges Orgelspiel, wenn die Oberstimmen nur auf einem Manual gespielt werden. Eine ähnliche Grauzone ergibt sich, wenn z. B. bei einer Choralbegleitung die Melodiestimme im Tenor liegt: In aller Regel wird diese dann auf einem extra Manual hervorgehoben. Bei bestimmten Registrierungen tritt sie aber auch gut hervor, wenn nur auf einem Manual gespielt wird. Den Stimmsatz und den Fingersatz betreffend spielt man in diesem Fall quasi triomäßig, faktisch aber nicht, da nur zwei Teilwerke, nämlich ein Manualwerk und das Pedalwerk benutzt werden. Der Begriff „triomäßiges Spiel“ bzw. „Triospiel“ wird vor allem als Begrifflichkeit bzw. Anweisung dafür benutzt, wenn die gottesdienstliche (zudem meist frei gespielte) Choralbegleitung auf genau diese Art ausgeführt wird. Faktisch bzw. satztechnisch unterscheiden sich komponierte Choralbearbeitungen nicht davon, dennoch spricht man hier weniger von „triomäßiger“ Choralbearbeitung. Es sind dann eher Vorgaben wie „2 Clav & Ped.“ oder „hervorgehoben“ abgedruckt.[3] Das triomäßige Orgelspiel ist nicht mit dem Spiel von Orgeltrios, z. B. Triosonaten von Johann Sebastian Bach, zu verwechseln und unterscheidet sich davon grundlegend. Diese Stücke bestehen aus grundsätzlich nur genau drei Stimmen, die eine mehr oder weniger gleichberechtigte Bedeutung haben. Dementsprechend muss auch grundlegend anders registriert werden, da sich die Stimmen zwar unterscheiden müssen, dennoch keine der Stimme besonders hervorgehoben sein darf.[4] Stimmenverteilung und RegistrierungChoralgebundene Orgelwerke, die eine „triomäßige“ Verteilung der Stimmen verlangen, sind in großem Ausmaß zur Barockzeit geschrieben wurden.[5] In dieser Epoche war es außer in Frankreich nicht üblich, Registrierungsangaben zu machen, die zudem wegen der Unterschiedlichkeit der Orgeln immer nur beispielhaft sein konnten. Eine sinnvolle Registrierung muss daraus abgeleitet werden, in welcher Stimme sich die Melodie befindet, und daraus, welchen Charakter das Stück hat.[6] Letztlich nicht anders verhält es sich bei triomäßigen Choralbegleitungen im Gottesdienst. Melodiestimme
BegleitstimmenDie Registrierung der Begleitstimmen hängt neben der zu erzielenden Klangvorstellung auch davon ab, in welcher Stimme sich die Melodie befindet:
Aber auch die cantus-firmus-Registrierung ist ausschlaggebend für die Registerwahl der Begleitstimmen. Wird die Melodie zum Beispiel nur mit Labial- oder Zungenregister in 8′-Lage gespielt, so klingt alleine schon die 8′-Lage der Begleitstimmen in Alt und Sopran höher als die Melodiestimme. Mit jedem zusätzlichen höheren Register in der Melodiestimme können sich (real klingend) aber Stimmkreuzungen ergeben, sofern die Begleitstimmen nicht auch mindestens in gleichem Maß höher registriert werden. Inwieweit die Stimmkreuzungen als solche wahrgenommen werden, hängt davon ab, wie weit die Register für die Melodiestimme zu einem Gesamtklang verschmelzen. Lediglich bei der Melodie im Tenor bietet es sich an, ein „echtes“ Trio zu spielen, die rechte Hand spielt nur noch einstimmig auf einem zweiten Manual. Eine solch bewegte, figurierte Oberstimme kann und muss in ihrer klanglichen Präsenz fast der Melodiestimme nahekommen (z. B. Melodiestimme mit Trompete 8′, die Oberstimme wird z. B. mit einem Aliquotregister registriert oder mit einer engen, leiseren Zungenstimme gespielt). Satztechnische BesonderheitenEin großer Unterschied ergibt sich bezüglich der Frage, ob die Melodie im Sopran oder in einer anderen Stimme liegt. Nur bei Melodielage im Sopran handelt es sich – wenngleich auch triomäßig gespielt – um einen „normalen“ Choralsatz. Liegt die Melodie in einer anderen Stimme, ist alleine dieses schon einmal ein grundlegender satztechnischer Unterschied. Für die restlichen Begleitstimmen (und gegebenenfalls die Bassstimme) gelten dann die üblichen Stimmführungsregeln (Verbot von Oktav- und Quintparallelen, keine Durterz-Verdopplung etc.). Eine Besonderheit ist bei der Melodielage im Bass zu beachten: Beginnt die Melodie oder eine spätere Choralzeile nicht mit dem Grundton (z. B. beim Choral „Gott ist gegenwärtig“ mit der Terz, beim Choral „Lobt Gott, den Herrn, ihr Heiden all“ mit der Quinte) würden sich bei der Harmonisation mit der Tonika ein Sextakkord oder sogar ein Quartsextakkord ergeben. Der Sextakkord klingt etwas ungewöhnlich, kann aber gewählt werden. Als Alternative würde sich zumal (auf einen Dur-Choral bezogen) als Anfangsakkord in Grundlage der Parallelakkord der Dominante ergeben, also z. B. bei einem F-Dur-Choral a-moll. Vermieden werden sollte hingegen der Quartsextakkord. Dieser ist jedoch auch leichter zu umgehen, da sich als Anfangsakkord in Grundstellung einfach die Dominante anbietet. Die erste Harmonie z. B. in einem F-Dur-Choral mit Melodiestimme im Bass wäre also C-Dur. Interpretatorische BesonderheitenDas triomäßige Spiel wird oft als besonders feierliche Spielweise empfunden, da es zwar im Vergleich zu einer Plenum-Registrierung relativ transparent und durchsichtig ist, dennoch aber durch die Soloregistrierung, die den Cantus firmus unterstreicht, besonders betont wirkt.[9] Das ergibt sich musikalisch daraus, dass die verschiedenen Stimmen gänzlich unterschiedlich interpretiert werden können und diese Unterschiedlichkeit besonders beim triomäßigen Spiel gut zur Geltung kommt: Während die Melodie besonders gebunden, kantabel und (analog der menschlichen Atmung) agogisch ausgeführt werden kann, können die Begleitstimmen z. B. eher non legato und rhythmisch prägnant geführt werden.[10] Siehe auchLiteratur
Einzelnachweise
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