Die Tour der südafrikanischen Rugby-Union-Nationalmannschaft nach Europa 1906/07 umfasste eine Reihe von Freundschaftsspielen der Springboks, der Nationalmannschaft Südafrikas in der Sportart Rugby Union. Dazu gehörten vier Test Matches gegen die Nationalmannschaften der vier britischen Home Nations sowie weitere Begegnungen mit britischen und irischen Vereinsmannschaften und Auswahlteams. Die Tour begann im September 1906 und dauerte bis Januar 1907.
Für die südafrikanische Auswahl handelte es sich um die erste Tour nach Übersee. Während dieser Serie von Spielen erhielt das Team den bis heute gebräuchlichen Spitznamen Springboks. Die Tour erwies sich für die Südafrikaner als äußerst erfolgreich: Sie erwarben sich großen Respekt in der nördlichen Hemisphäre und konnten sich als eine der weltweit führenden Teams etablieren. In den vier Test Matches siegten sie gegen Irland und Wales, während sie gegen England unentschieden spielten und gegen Schottland eine Niederlage hinnehmen mussten. Von den insgesamt 29 ausgetragenen Spielen gewannen die Springboks 26. Die Tour endete in Paris mit einer Partie gegen eine inoffizielle französische Auswahl.
Südafrika war in den Jahren 1891, 1896 und 1903 jeweils Gastgeber des Auswahlteams British Lions gewesen und hatte dabei zunehmend bessere Leistungen gezeigt. Nachdem die Tour von 1905 der neuseeländischen All Blacks ein großer Erfolg gewesen war, reiste ein Jahr später auf Einladung der britischen Rugbyverbände auch die Auswahl Südafrikas nach Europa. Sie war mit dem Dampfschiff The Gascon unterwegs und traf am 19. September 1906 in Southampton ein.[1] Vier Jahre nach dem Ende des Burenkriegs war die 28 Spieler umfassende Mannschaft bestrebt, gegen die Briten einen möglichst guten Eindruck zu hinterlassen. Auf diese Weise sollte eine gemeinsame Identität von britischstämmigen Kolonialisten und Buren geschaffen werden.[2] Ihre Basis hatte die Mannschaft in Richmond südwestlich von London. Noch bevor sich britische Zeitungen einen Spitznamen für das relativ unbekannte Team einfallen lassen konnten, bestätigte Kapitän Paul Roos, die Mannschaft heiße De Springbokken bzw. von Afrikaans ins Englische übertragen Springboks. Er hatte sich den Namen zusammen mit Vizekapitän Paddy Carolin und Tourmanager Cecil Carden ausgedacht, in Anlehnung an das Emblem auf den Trikots.[3]
Das erste Spiel der Tour fand am 26. September in Northampton gegen die Auswahl der East Midlands statt und endete mit einem klaren 37:0-Sieg der Springboks. Die weiteren Spiele fanden in einem Abstand von drei oder vier Tagen statt, also üblicherweise jeweils an einem Mittwoch oder Samstag. In ihren ersten 15 Begegnungen mit Vereins- und Auswahlmannschaften gingen die Springboks jeweils als Sieger vom Platz. Das erste Aufeinandertreffen mit der schottischen Nationalmannschaft und zugleich das erste Test Match der Springboks in Europa ging am 17. November in Glasgow über die Bühne. Bei strömendem Regen gewannen die Schotten mit 6:0 und fügten damit den Springboks die erste Niederlage während dieser Tour zu. Eine Woche später trafen sie in Belfast auf die irische Nationalmannschaft und setzten sich knapp mit 15:12 durch.[2]
Das Test Match am 1. Dezember gegen die walisische Nationalmannschaft in Swansea wurde im Vorfeld von der Presse als Höhepunkt der Tour bezeichnet, denn die Waliser galten damals als stärkstes Team der Britischen Inseln und hatten ein Jahr zuvor Neuseeland geschlagen. Zur Überraschung vieler siegten die Südafrikaner jedoch relativ mühelos mit 11:0. Mannschaftskapitän Paul Roos meinte dazu: „Wir hatten nie auf einen solchen Sieg gehofft. Wir gingen auf das Feld, ohne zu wissen, wie das Ergebnis aussehen würde, aber entschlossen, das Beste zu geben, was in uns steckte und die Ergebnisse den Göttern zu überlassen.“ (We had never hoped for such a win, We went on the field not knowing what the result would be, but determined to put up the best that was in us and leave the results to the gods.)[2]
Am 8. Dezember endete das Test Match gegen die englische Nationalmannschaft in London 3:3 unentschieden. Wieder fiel heftiger Regen und der Boden war äußerst weich und rutschig, sodass sich kaum ein flüssiges Spiel entwickelte. Ähnlich waren die Bedingungen am Neujahrstag 1907 in Cardiff, als die Springboks auf den Cardiff RFC trafen. Sie unterlagen überaus deutlich mit 0:17, gleichbedeutend mit der einzigen Niederlage außerhalb der Test Matches.[2] Ein kurzer Abstecher führte die Springboks nach Paris, wo am 3. Januar die letzte Partie der Tour stattfand. Die französische Team bestand ausschließlich aus Spielern der Pariser Vereine Stade Français und Racing Club de France, da die besten Spieler zu einer Begegnung gegen England unterwegs waren. Aus diesem Grund wird dieses Spiel nicht als Test Match anerkannt.[2]
Nach einigen Tagen Erholung reisten die Springboks nach Southampton, wo sie am 12. Januar mit dem Dampfer The Norman ablegten. Sie kamen am 2. Februar in Kapstadt an und hatten beim britischen Publikum einen äußerst positiven Eindruck von der Qualität ihres Rugbyspiels hinterlassen.[1]
Spielplan
Hintergrundfarbe grün = Sieg
Hintergrundfarbe gelb = Unentschieden
Hintergrundfarbe rot = Niederlage
(Test Matches sind grau unterlegt; Ergebnisse aus der Sicht Südafrikas)
Anmerkung: Die Fédération française de rugby erkennt dem Spiel zwischen Frankreich und Südafrika am 3. Januar 1907 nicht den vollen Status als Test Match zu.